Zahlreiche Wiederholungen wie «Nord bei Nordwest» holen am Mittwochabend Top-Werte. Jedoch sind das oft Wiederholungen. Im Quotengericht klärt Quotenmeter, ob der Sendeplatz vermehrt mit alten Produktionen ausgestattet wird.

Der ARD-Mittwoch um 20:15 Uhr steht seit vielen Jahren für den klassischen Fernsehfilm. In einer Zeit, in der Streamingdienste jederzeit neue Serien ausspielen, wirkt der lineare Filmabend fast wie ein Relikt. Doch die Zahlen zeigen, dass das Erste am Mittwochabend immer noch Millionen erreicht – egal ob mit Erstausstrahlungen oder Wiederholungen. Eine Auswertung der vergangenen drei Programmjahre von September 2022 bis September 2025 liefert ein differenziertes Bild, das die gängigen Vorurteile über den Mittwochsplatz zurechtrückt.
Die Verteilung ist klar: Etwa ein Drittel aller ausgestrahlten Filme waren in den vergangenen Jahren neu, zwei Drittel Wiederholungen. Damit bleibt der Anteil neuer Produktionen seit Jahren stabil. Im Programmjahr 2022/23 zählte die ARD 14 Erstausstrahlungen, 2023/24 waren es 12 plus zwei Free-TV-Premieren von Kinofilmen, und 2024/25 standen 13 Premieren im Plan. Es lässt sich also nicht bestätigen, dass die Zahl neuer Filme dramatisch zurückgegangen sei. Auffällig ist vielmehr, dass die Wiederholungen konsequent den größeren Teil des Programms stellen – und das nicht ohne Grund.
Denn die Wiederholungen liefern konstant starke Quoten. Der wohl eindrucksvollste Beleg ist
«Die Verteidigerin – Der Gesang des Raben» vom 23. April 2025: Obwohl es sich um eine Wiederholung handelte, schalteten mehr als 5,17 Millionen Zuschauer ein. Der Marktanteil lag bei 21,1 Prozent – ein Spitzenwert, den viele Erstausstrahlungen nicht erreichen. Auch andere Titel bestätigten diesen Trend:
«Faltenfrei» holte als Wiederholung im März 2024 über fünf Millionen Zuschauer,
«Steirerwut» im Dezember 2023 knapp fünf Millionen. Sogar
«Nord bei Nordwest – Ho Ho Ho!» konnte als Wiederholung im Dezember 2022 fast 4,8 Millionen Menschen erreichen. Diese Zahlen belegen, dass die ARD mit alten Filmen keineswegs nur Lücken füllt, sondern dass Wiederholungen ein zentraler Bestandteil der Erfolgsstrategie sind.
Die Erklärung liegt im Publikum. Der Mittwochabend ist fest in den Sehgewohnheiten des eher älteren ARD-Stammpublikums verankert. Wer mittwochs einschaltet, erwartet einen soliden Fernsehfilm – ob neu oder alt, ist zweitrangig. Viel wichtiger ist, dass der Stoff vertraut wirkt und die Qualität stimmt. Deshalb laufen Wiederholungen aus etablierten Reihen so stark. Selbst Filme, die zwei Jahre zuvor bereits zu sehen waren, erreichen immer noch Werte, die über dem Senderschnitt liegen.
Bei den Erstausstrahlungen zeigt sich ein anderes Bild. Sie haben das Potenzial zu großen Erfolgen, aber auch das Risiko von Enttäuschungen. Positivbeispiele gibt es viele:
«Mordnacht» am 1. Mai 2024 erreichte 5,31 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 21,5 Prozent.
«Engel mit beschränkter Haftung» im Dezember 2024 kam auf 5,11 Millionen,
«Wolfswinkel» im März 2023 ebenfalls gut fünf Millionen. Auch
«Die Verteidigerin – Der Gesang des Raben» lief schon bei seiner Premiere am 25. Januar 2023 stark, mit gut fünf Millionen Zuschauern. Solche Premieren beweisen, dass der ARD-Mittwoch durchaus in der Lage ist, neue Filme groß zu machen.

Doch nicht jede Premiere funktioniert. Während Krimis fast immer gute Werte holen, tun sich Dramen schwerer. Filme mit gesellschaftspolitischem Anspruch oder ungewohnter Erzählweise bleiben häufig bei Reichweiten um 3,5 bis 4,0 Millionen Zuschauer hängen und erreichen Marktanteile im Bereich von zwölf bis 14 Prozent – solide, aber nicht herausragend. Hier zeigt sich, dass das Publikum am Mittwochabend eine gewisse Erwartungshaltung hat. Krimis bedienen diese Erwartungen, Dramen eher weniger.
Die beiden Hitlisten verdeutlichen den Unterschied: Bei den Wiederholungen dominieren Titel wie «Steirerwut», «Faltenfrei» oder «Gift» mit Quoten zwischen 4,5 und fünf Millionen. Bei den Premieren finden sich ebenfalls große Erfolge wie «Mordnacht» oder «Engel mit beschränkter Haftung», aber daneben eben auch schwächere Neustarts, die in den Daten weiter unten rangieren. Der Unterschied ist also nicht die absolute Reichweite – die besten Premieren und besten Wiederholungen liegen nah beieinander –, sondern die Konstanz. Wiederholungen liefern fast immer solide Zahlen, Premieren schwanken stärker.
Ein Blick auf die schwächsten Premieren der vergangenen drei Jahre macht deutlich, wie schwer sich reine Dramen am Mittwochabend tun. Filme ohne klaren Krimibezug oder ohne bekannte Reihenmarke erreichen oft nur ein sehr begrenztes Publikum. So kam
«Heribert» am 17. Januar 2024 gerade einmal auf 1,3 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 4,8 Prozent – ein Wert, der für die Primetime im Ersten deutlich zu niedrig ist. Auch
«Blütenträume» im Juni 2023 blieb mit 1,75 Millionen Zuschauern und 7,7 Prozent Marktanteil weit unter dem Schnitt.
«Nichts, was uns passiert» (März 2023) lag bei 1,8 Millionen und knapp sieben Prozent,
«Gesicht der Erinnerung» (Februar 2023) bei gut zwei Millionen. Selbst ein vergleichsweise aktueller Titel wie
«Wir für immer» vom September 2024 erreichte nur 2,25 Millionen Zuschauer. Diese Beispiele zeigen, dass neue Dramen ohne Krimielement oder starke Markenbindung am Mittwochabend kaum Chancen auf große Reichweiten haben. Das Publikum honoriert zwar einzelne Premieren mit über fünf Millionen Zuschauern, doch gerade ernsthafte oder leise Stoffe laufen Gefahr, im Wettbewerb mit Streamingdiensten und leichterer Kost bei den Privaten unterzugehen.
Für die ARD bedeutet das eine klare strategische Konsequenz. Sie setzt den Mittwoch nicht ausschließlich als Innovationsslot ein, sondern als Mischung: Zwei Drittel sichere Bank durch Wiederholungen, ein Drittel frische Akzente durch Premieren. So bleibt das Risiko begrenzt, und dennoch können immer wieder neue Titel aufgebaut werden. Dass Krimis dabei besonders gut funktionieren, verwundert nicht. Schon in den Donnerstags- und Sonntagskrimis zeigt sich die Beliebtheit des Genres. Der Mittwoch ist sozusagen die experimentellere Variante, die aber ohne Krimi kaum auskommt.

Auffällig ist auch der Blick auf die Marktanteile. Besonders erfolgreiche Filme erreichen Werte über 20 Prozent – sowohl Premieren als auch Wiederholungen. «Mordnacht» mit 21,5 Prozent, «Engel mit beschränkter Haftung» mit 20,4 Prozent oder die Wiederholung von «Die Verteidigerin – Der Gesang des Raben» mit 21,1 Prozent zeigen, dass der ARD-Mittwoch in der Lage ist, ein Fünftel des Publikums an sich zu binden. Das sind Quoten, die man sonst eher von den Donnerstagskrimis kennt. Für einen regulären Fernsehfilm-Sendeplatz ist das bemerkenswert.
Die Bilanz aus drei Jahren fällt damit klar aus. Die Zahl der Erstausstrahlungen bleibt stabil bei einem Drittel. Wiederholungen bilden das Rückgrat des Programms und liefern verlässlich gute Werte. Premieren haben die Chance, zu echten Hits zu werden, laufen aber auch Gefahr, nur mittelmäßig zu performen – insbesondere dann, wenn es sich nicht um Krimis handelt. Dramen ohne klaren Spannungsbogen bleiben eher hinter den Erwartungen zurück.
Der ARD-Mittwoch ist damit kein Auslaufmodell, sondern ein kalkuliertes Erfolgsformat. Mit der Mischung aus alt und neu hält die ARD ihr Stammpublikum bei der Stange, ohne auf Innovation zu verzichten. Die Quoten beweisen: Wiederholungen sind nicht langweilig, sondern eine sichere Bank, während neue Filme immer wieder für Überraschungen sorgen können. Die These, am Mittwochabend gebe es kaum noch Neues, ist schlicht falsch. Richtig ist: Es gibt konstant ein Drittel Neuware – und sie wird flankiert von Wiederholungen, die so gut funktionieren, dass sie für das Erste unverzichtbar sind.