Mit «Little Man» wollten die Wayans-Brüder 2006 an frühere Erfolge anknüpfen – heraus kam jedoch eine der bizarrsten und schlechtesten Komödien der 2000er Jahre, die heute noch peinlicher wirkt als damals.

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«Little Man» im Sommer 2006 in die Kinos kam, schien alles angerichtet für den nächsten großen Hit der Wayans-Brüder. Nach dem Erfolg von «Scary Movie» und «White Chicks» hofften Marlon, Shawn und Keenen Ivory Wayans erneut, mit der Mischung aus Derbheiten, Maskerade und satirischer Überzeichnung das Publikum zum Lachen zu bringen. Heraus kam jedoch ein Film, der zwar an den Kinokassen kein Totalausfall war, aber von Kritikern zerrissen wurde und bis heute als einer der Tiefpunkte der Comedy der 2000er Jahre gilt.
Die Handlung basiert auf einer simplen, aber hanebüchenen Idee: Der kleinwüchsige Gangster Calvin „Babyface“ Simms, gespielt von Marlon Wayans, dessen Gesicht digital auf den Körper eines Kinderdarstellers montiert wurde, tarnt sich als Baby, um in die Familie Edwards einzuziehen und einen gestohlenen Diamanten zurückzuholen. Shawn Wayans verkörpert den arglosen Familienvater Darryl, der Calvin tatsächlich für ein Findelkind hält, während Kerry Washington als Ehefrau Vanessa ahnt, dass mit dem Neuzugang etwas nicht stimmt. Was als Mischung aus Familienkomödie und Gangsterparodie gedacht war, driftet schnell in geschmacklose Slapstick-Szenen ab. Immer wieder wird Calvin in Situationen gesteckt, die zwischen Fäkalhumor, sexuellen Anspielungen und der befremdlichen Vorstellung eines erwachsenen Mannes im Baby-Körper pendeln. Schon damals bezeichneten Kritiker die Grundidee als „Albtraum aus dem digitalen Baukasten“.
Kommerziell brachte es «Little Man» immerhin auf über 100 Millionen Dollar weltweit – bei einem Budget von rund 64 Millionen Dollar also kein Verlustgeschäft. Doch der Ruf des Films war von Beginn an ruiniert. Auf Rotten Tomatoes liegt die Bewertung bis heute bei katastrophalen zwölf Prozent, Metacritic verzeichnet „generell negative Kritiken“. Das Feuilleton warfen den Machern vor, auf billige Schockgags zu setzen, statt echte Pointen zu entwickeln. Die „BBC“ nannte den Film „vom Teufel besessen“, während die „New York Daily News“ lapidar urteilte: „Dialoge dumm, Handlung wirr, Humor gleich null.“ Dass der Film gleich mehrfach bei den berüchtigten Goldenen Himbeeren abräumte, darunter für das schlechteste Drehbuch und das schlechteste Leinwandpaar, unterstreicht seinen Status als Lachnummer auf Kosten der Macher.
Während manch missratene Komödie im Nachhinein Kultstatus erlangt, wirkt «Little Man» heute noch ungenießbarer. Grund dafür sind gleich mehrere Faktoren. Erstens: die digitalen Effekte. Die Technik, Marlon Wayans’ Gesicht auf den Körper des Kinderdarstellers Linden Porco zu montieren, wirkt aus heutiger Sicht grotesk und künstlich. Was 2006 schon unelegant aussah, ist im Streaming-Zeitalter kaum erträglich. Zweitens: die Geschmacklosigkeit. Viele Witze drehen sich um sexuelle Übergriffe, Fäkalhumor oder die bizarre Vorstellung, ein erwachsener Mann im Baby-Körper würde Frauen anflirten. Was damals schon fragwürdig war, erscheint heute schlicht unangenehm und unkomisch. Drittens: die veraltete Comedy-Formel. Der typische Wayans-Mix aus Parodie und derbem Humor hatte sich spätestens nach «White Chicks» überlebt. In einer Zeit, in der Comedy zunehmend auf gesellschaftliche Beobachtung und Subtilität setzte, wirkte «Little Man» altbacken und plump.
Doch was wurde aus den Machern? Keenen Ivory Wayans, der Regie führte, das Drehbuch mitschrieb und produzierte, zog sich nach «Little Man» weitgehend vom Regiefach zurück. Er arbeitete weiter als Produzent, trat aber seltener in der ersten Reihe auf. Marlon Wayans, Hauptdarsteller und Co-Autor, machte später Karriere auch in ernsteren Rollen wie in «Requiem for a Dream», blieb aber vor allem der Comedy treu. Auf Netflix war er in Filmen wie «Sextuplets» zu sehen, die ähnlich durchwachsene Kritiken erhielten. Shawn Wayans, ebenfalls Autor, Produzent und Hauptdarsteller, verschwand nach dem Misserfolg fast komplett aus dem Rampenlicht. Er konzentrierte sich auf Stand-up-Comedy und Familienprojekte, große Filmrollen blieben jedoch aus. Produzent Rick Alvarez blieb den Wayans treu und arbeitete später etwa an «A Haunted House».
Eine ganz andere Karriere nahm Kerry Washington. Sie war die wohl größte Gewinnerin des Casts. Nach «Little Man» startete sie mit der Serie «Scandal» international durch, wurde zur gefragten Schauspielerin in Hollywood und zur gesellschaftlich engagierten Aktivistin. John Witherspoon, der als Großvater Pops auftrat, blieb bis zu seinem Tod 2019 ein beliebter Comedian und TV-Darsteller. Tracy Morgan fand nach einem schweren Autounfall 2014 wieder zurück ins Rampenlicht, etwa mit der Serie «The Last O.G.». Chazz Palminteri, der den Gangsterboss Walken verkörperte, blieb dem Filmgeschäft treu und setzte auf charakterstarke Nebenrollen, auch am Broadway.
«Little Man» ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine waghalsige Grundidee durch plumpe Umsetzung und überstrapazierte Effekte scheitern kann. Während die Wayans-Brüder mit früheren Projekten noch Zeitgeist und Komik trafen, präsentierten sie hier einen Film, der schon bei Erscheinen antiquiert wirkte – und heute wie eine Karikatur schlechter Comedy aus den 2000ern erscheint.