In Rom wird eine deutsche Nonne ermordet: Und Diplomatin Natalia Wörner muss einschreiten. Wie ein Film an sich selbst scheitert.
Stab
Darsteller: Natalia Wörner, Alexander Beyer, Clelia Sarto, Susanne Wuest, Maria Matschke Engel, Samantha Scuto Hanses
Musik: Chris Bremus
Kamera: Max Knauer
Drehbuch: Rebecca Mahnkopf
Regie: Roland Suso RichterEs gibt Stoffe, die von selbst eine existenzielle Wucht entfalten: eine tote Nonne in Rom, ein schwerer Verdacht des Machtmissbrauchs im Schutzraum eines altehrwürdigen Ordens, der Blick hinter die Mauern einer Institution, die seit Jahrhunderten die Balance zwischen spirituellem Anspruch und weltlicher Verstrickung halten muss. Doch wie so oft im deutschen Fernsehfilm, und gerade im öffentlich-rechtlichen Krimiformat, droht das Potenzial dieser Konstellation an den Konventionen des Mediums zu ersticken. «Die Diplomatin – Tod einer Nonne», jüngster Beitrag der ARD-Reihe mit Natalia Wörner, ist ein Paradebeispiel dafür, wie große Themen klein erzählt werden können.
Regisseur Roland Suso Richter weiß durchaus, wie man Spannung in Szene setzt, und Kameramann Max Knauer gelingen immer wieder eindrucksvolle Bilder: der nächtliche Petersdom, das Schattenspiel in den Gängen des Klosters, die stumme Bedrohung in den Blicken der Oberin. Aber diese Oberflächenästhetik bleibt Kulisse. Dahinter fehlt es der Inszenierung an Mut, das, was sie andeutet, auch wirklich zu zeigen. Der Film tut so, als wolle er in den Abgrund der institutionellen Vertuschung blicken, riskiert jedoch nie den Schritt über die Schwelle.
Die Drehbuchautorin Rebecca Mahnkopf bemüht sich, die Spannungsdramaturgie eines Politthrillers mit der moralischen Gravität einer Missbrauchsgeschichte zu verbinden. Was jedoch bleibt, ist ein Hybrid, der sich selbst nicht traut: zu verklemmt für ein echtes Drama, zu schematisch für einen packenden Thriller. Immer wieder tauchen Figuren auf, die weniger Charaktere als Funktionsträger sind: die besorgte Botschafterin, die kompromisslose Ermittlerin, der aalglatte Kardinal. Man weiß von der ersten Szene an, wie sie sich verhalten werden, und ist dementsprechend nie überrascht.
Natalia Wörner spielt ihre Karla Lorenz mit der gewohnten Mischung aus kühler Eleganz und moralischem Furor. Doch diese Haltung wirkt inzwischen ritualisiert. Der innere Konflikt, den ihre Figur doch eigentlich haben müsste – zwischen diplomatischer Pflicht zur Zurückhaltung und persönlicher Empörung über das Unrecht – bleibt Behauptung. Stattdessen wird der Zuschauer mit bekannten Gesten abgespeist. All das wirkt eher wie Routine einer Serienfigur denn wie das Ringen einer Frau, die wirklich etwas zu verlieren hat.
Auch Clelia Sarto als italienische Ermittlerin darf kaum mehr sein als die sture Partnerin im Zweierteam. Was als kulturelles Spannungsverhältnis zwischen deutscher Diplomatin und italienischer Polizistin angelegt ist, erschöpft sich im austauschbaren Dialog. Die Kulisse Rom – immerhin eine Stadt, die vor Symbolen, Gegensätzen und Geschichten überquillt – wird hier nicht als mythischer Resonanzraum genutzt, sondern verkommt zum pittoresken Hintergrund. Man hat sie schon dutzendfach schöner, bedrohlicher, interessanter gesehen.
Besonders problematisch jedoch ist die moralische Dimension des Films. Die Handlung verspricht einen Blick auf die dunklen Mechanismen kirchlicher Macht, auf die Schweigemauern um Missbrauchsfälle. Doch was der Zuschauer am Ende erhält, ist ein kriminalistisches Puzzle, das diese Abgründe bloß streift. Das Ungeheuerliche wird zur Staffage eines Samstagabendkrimis. Die verschwundene Nonne, das Netz aus Erpressungen und Kabalen, das Einschreiten des Vatikans – alles folgt der Logik eines Drehbuchs, das lieber auf dramaturgische Kniffe setzt, als den Mut aufzubringen, den Schmerz, das Leiden und die Ambivalenz wirklich zu zeigen.

So bleibt ein Film, der vorgibt, mit großen Fragen zu ringen, tatsächlich aber kleine Antworten liefert. Wo man sich eine schmerzhafte Nähe zu den Opfern wünschte, herrscht Distanz. Wo Widersprüche spürbar sein sollen, wird glattgebügelt. Und wo eine moralische Wucht den Zuschauer aus der Bequemlichkeit reißen müsste, bleibt am Ende die stille Enttäuschung über ein weiteres, schön gefilmtes, aber letztlich folgenloses Fernsehprodukt.
Der Film «Die Diplomatin – Tod einer Nonne» wird am Samstag, den 23. August um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.