Kabel Eins 2024/2025: Ein Juwel liegt begraben

Vor allem am Wochenende schöpft Kabel Eins sein Potenzial nicht aus. Mit seinen Spielfilmen Anfang der Woche werden meist sehr gute Zahlen geholt.

Im Oktober ist Felix von Menden seit zwei Jahren Chef des Fernsehsenders Kabel Eins. In der vergangenen Saison verlor der Sender 0,2 Prozentpunkte und landete bei 2,8 Prozent Marktanteil. Bei den 14- bis 49-Jährigen ging es sogar von 4,2 auf 3,9 Prozent zurück. Hauptgrund: Kabel Eins wird seit Jahrzehnten unter seinen Möglichkeiten geführt.

In den Köpfen vieler Zuschauer ist Kabel Eins nach wie vor ein Sender für alte Filme. Doch diese Schatzkisten werden kaum geöffnet. Stattdessen setzt man auf immer gleiche Blockbuster-Pakete der großen Hollywood-Studios Warner Bros., Paramount, Universal, Disney und Sony. Obwohl die meisten Filme längst im DVD-Regal verstauben, erzielt der Sender damit unter der Woche solide Quoten: Montags bis mittwochs reicht es bei den Werberelevanten oft zu guten Werten – teils vor der Konkurrenz. Beim Gesamtpublikum schlagen sich die Filme sogar besser oder zumindest gleichauf mit dem Factual-Entertainment von ProSieben und Sat.1.

Ganz anders am Wochenende: Freitagabend laufen meist drei oder vier Folgen von «Criminal Minds» und «Navy CIS» – die Quoten bleiben schwach. Der größte Erfolg im vergangenen Jahr war «Die rechte und die linke Hand des Teufels» an Karfreitag mit 1,03 Millionen Zuschauern. Auch True-Crime-Reihen wie «Deutschlands spektakulärste Kriminalfälle» oder «Das letzte Lebenszeichen» konnten weder inhaltlich noch quotentechnisch überzeugen.

Der Samstagabend wird seit Jahren mit Wiederholungen amerikanischer Serien gefüllt – zuletzt mit «FBI», «Navy CIS: Hawaii» und «9-1-1». Diese Formate laufen bereits bei Sat.1 und ProSieben, ein echter Einschaltgrund fehlt. Da Serien im linearen Fernsehen durch Streaming-Angebote an Relevanz verlieren, könnten Spielfilme die bessere Wahl sein. Horror-Fans wünschen sich seit Jahren ein eigenes Angebot – warum nicht am Samstagabend im Doppelpack, erst ein Klassiker, dann ein neuerer Titel? Auch der Freitagabend sollte stärker genutzt werden: Familienfilme für ein jüngeres Publikum könnten hier eine Lücke füllen, denn derzeit bedient kein anderer Sender dieses Segment – Sat.1 fährt mit ähnlicher Strategie am Samstag gute Ergebnisse ein.

Am Donnerstag punktet Kabel Eins mit «Achtung Abzocke!» und «Morlock Motors – Big Deals im Westerwald». «Rosins Restaurants» hingegen schwächelt. Das Problem: Die Umsetzung wirkt ausgelutscht. Die detaillierte Analyse von Restaurantbetrieben ist fast verschwunden, Finanzeinblicke gibt es nicht mehr. Stattdessen überlange Szenen vom ersten Testessen – das erwartungsgemäß im Desaster endet. Hinzu kommt, dass Rosin inzwischen zu viele Imbissbuden besucht, was wenig mit der echten Restaurantwelt zu tun hat.

Wenig erfolgreich sind auch die gesponserten Formate, auf die von Menden weiterhin setzt. Das demnächst startende «Strand in Sicht – das schauinsland reisen Quiz bei Kabel Eins» reiht sich ein in Flops wie «Asbach – Deutschlands bester Partykeller» oder «Putz! Blitz! Blank! Die große Henkel-Putzchallenge». Solche Produktionen schaden dem Senderimage und sollten aus dem Programm gestrichen werden.

In der Daytime ist die Auswahl an Krimi-Serien überschaubar: Neben «Navy CIS: L.A.», «Navy CIS: New Orleans», «Bull», «The Mentalist» und «Castle» passiert wenig Neues. Am Samstag laufen ebenfalls alte US-Serien, der Sonntag gehört seit Jahren «Mein Lokal, dein Lokal». Dabei stellt sich die Frage, warum Kabel Eins als selbst ernannter Klassik-Filmsender nicht verstärkt auf Filmgeschichte setzt. Wäre «Vom Winde verweht» wirklich schwächer als eine Wiederholung aus der Gaststätte Willrodt in Schacht-Audorf?

Unter der Woche laufen «Abenteuer Leben täglich», «Mein Lokal, dein Lokal» und «Achtung Kontrolle! Wir kümmern uns drum» solide, erreichen jedoch kaum noch ein Publikum zwischen 14 und 49 Jahren. Diese Zielgruppe schaut solche Inhalte, wenn überhaupt, im Stream. Beim Gesamtpublikum liegt Kabel Eins dennoch oft vor ProSieben. Akuter Handlungsbedarf besteht daher nicht – doch von Menden sollte genau beobachten, wo der Sender sein Potenzial noch liegen lässt.
24.08.2025 12:50 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/163793