Zwischen Nostalgie und Stillstand: «Das Kanu des Manitu»

24 Jahre nach dem Riesenerfolg von «Der Schuh des Manitu» kehrt Michael Bully Herbig mit einer Fortsetzung ins Kino zurück. Doch «Das Kanu des Manitu» erweist sich als nostalgisches, aber ideenarmes Wiedersehen: Handwerkliche Patzer, flache Figuren und ein Drehbuch ohne frischen Ansatz lassen den Western-Spaß alt aussehen.

Mit über 11,7 Millionen Kinobesuchern und rund 65 Millionen Euro Einspielergebnis war «Der Schuh des Manitu» im Jahr 2001 der erfolgreichste deutsche Spielfilm nach dem Zweiten Weltkrieg. Michael „Bully“ Herbig, der zuvor bereits in der «Bullyparade» mit Rick Kavanian und Christian Tramitz die Figuren parodierte, schuf damals einen Kinohit, der die Lachmuskeln einer ganzen Nation strapazierte. Mit diesem Megaerfolg im Rücken schien eine Fortsetzung nur eine Frage der Zeit – und doch ließ sie ganze 24 Jahre auf sich warten.

Zunächst drehte Herbig andere Projekte: Die Zuschauer der «Bullyparade» entschieden in einer Whal, dass «(T)Raumschiff Surprise – Periode 1» folgen sollte. Dieser wurde mit 9,1 Millionen Besuchern ebenfalls ein Blockbuster. Es folgten der Animationsfilm «Lissi und der wilde Kaiser» sowie «Bullyparade – Der Film», der trotz mäßiger Kritiken 1,9 Millionen Zuschauer ins Kino lockte. Nach dem gefeierten Drama «Ballon» schien Herbig ernsteren Stoffen zugewandt, ehe er mit «Tausend Zeilen» wieder in satirisches Fahrwasser zurückkehrte. Nun läuft seit dem 14. August 2025 «Das Kanu des Manitu» in den deutschen Kinos – ein Comeback, auf das viele Fans lange gewartet haben.

Im Zentrum stehen wieder Abahachi (Michael Bully Herbig), der Häuptling der Apachen, und sein Blutsbruder Ranger (Christian Tramitz). Die beiden werden von einer Bande in einen Hinterhalt gelockt: Die glorreichen Sieben begehen Überfälle und verkleiden sich dabei ausgerechnet wie die beiden Helden. Sheriff Kane (Friedrich Mücke) und Deputy Ratford (Rick Kavanian) heften sich an ihre Fersen. Bereits in einer der ersten Szenen treffen Ranger und Abahachi aufeinander – und die „Olympischen Spiele des Slapsticks“ beginnen.

Doch ausgerechnet hier leistet sich der Film handwerkliche Schnitzer: Eine Flucht in den Fluss wirkt billig inszeniert, ein wackelnder Felsen im Hintergrund nimmt jeder Spannung die Glaubwürdigkeit. Bei einer Wiederbelebungsszene ist deutlich ein Schlauch hinter Tramitz zu sehen. Solche Patzer gleich zu Beginn schmälern den Gesamteindruck, zumal der Film später durchaus solide Spezialeffekte zu bieten hat.

Natürlich darf Dimitri (ebenfalls Rick Kavanian) nicht fehlen, der inzwischen ein zweites Restaurant eröffnet. Dort heuert Mary (Jasmin Schwiers) als Kellnerin an – später stellt sich heraus, dass sie Rangers Tochter ist. Bei einer geplanten Hinrichtung werden Abahachi und Ranger befreit, nur um direkt in die Hände der neuen Bande zu geraten. Angeführt wird diese von „Der Boss“ (Jessica Schwarz), deren Figur nicht einmal einen richtigen Namen erhält. Ihre sechs Untergebenen bleiben ebenfalls blass. Little Rock (Daniel Zillmann) spielt seine Rolle zwar überzeugend, orientiert sich jedoch stark an einer Figur aus der ZDFneo-Serie «Ich dich auch». Neuzugang Wolfgang (Merlin Sandmeyer) wirkt wie ein Abziehbild von „Jonas“ aus «Die Discounter».

Hier und da gelingen nette Anspielungen auf Karl May oder Jim Knopf. Doch diese kreativen Momente sind rar. Das Drehbuch – verfasst von Herbig, Tramitz und Kavanian – setzt vor allem auf flache Gags und Wortwitze im Stil früherer Tage, die oft noch durch visuelle Übertreibung unterstrichen werden. Auch Gender-Themen werden eingestreut, schließlich möchte Abahachi nicht mehr „Indianer“ genannt werden. Der Grund für seine Entscheidung hat allerdings nichts mit der Political Correctness zu tun, sondern ist eine andere Sache.

In den vergangenen Jahren stand vor allem Abahachis Zwillingsbruder Winnetouch in der Kritik. Die effeminierte Darstellung galt manchen als nicht mehr zeitgemäß. Herbig reduziert dessen Auftritte drastisch: Winnetouch ist nur in etwa zehn Prozent der Laufzeit zu sehen, Interaktionen mit Abahachi und Ranger sind fast gar nicht vorhanden. Ob dies der dramaturgischen Schwäche des Drehbuchs geschuldet ist oder einem bewussten Rückzug von der Figur, bleibt offen.



Sky du Mont ist ebenfalls wieder dabei – ein weiterer Baustein in der engen Anbindung an das Original. Doch während erfolgreiche Fortsetzungen großer Klassiker oft eigene Wege gehen, bleibt «Das Kanu des Manitu» im Fahrwasser des Vorgängers. Der Film wirkt wie ein Add-on des ersten Teils, nicht wie ein eigenständiges Werk. Zwar gibt es neue Figuren, doch sie entwickeln keine eigene Dynamik, sondern existieren vor allem in Bezug auf das Original. So entsteht der Eindruck, dass Herbig die Apachen-Geschichte noch einmal monetarisieren wollte, ohne ihr eine neue inhaltliche oder visuelle Richtung zu geben. Wer den ersten Teil liebt, mag ein paar nostalgische Momente finden – doch wer frische Ideen erwartet, wird enttäuscht.

«Das Kanu des Manitu» leidet unter einem schwachen Drehbuch, handwerklichen Patzern im Auftakt und Figuren, die kaum Tiefe entwickeln. Die wenigen kreativen Einfälle können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film zu sehr im Schatten seines erfolgreichen Vorgängers steht. Statt einen eigenständigen Western-Spaß zu schaffen, liefert Herbig ein nostalgisches, aber blutleeres Nachspiel. Für eingefleischte Fans vielleicht ein nettes Wiedersehen – für alle anderen eher ein Kinobesuch, den man sich sparen kann.

«Das Kanu des Manitu» ist seit 14. August im Kino zu sehen.
15.08.2025 00:01 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/163780