«RTL Direkt»: Die Handbremse war’s

Ein ambitioniertes Nachrichtenprojekt endet kläglich: RTLs Versuch, mit «RTL Direkt» eine eigene Stimme im Nachrichtendschungel zu etablieren, scheitert.

Mit Jan Hofer und Pinar Atalay startete RTL am Montag, den 16. August 2021, das Himmelfahrtskommando «RTL Direkt», um eine Nachrichtensendung zwischen Primetime und Late-Prime zu etablieren. Da das Studio in Berlin und nicht etwa in Köln stand, hatten die Redakteure den Vorteil, Gesprächsgäste direkt vor Ort zu haben. Das Format startete Mitte August hinter «Bauer sucht Frau» und erreichte 1,87 Millionen Fernsehzuschauer, was einem Marktanteil von 9,1 Prozent entsprach. Bei den jungen Zuschauern wurden 0,49 Millionen gemessen – der Marktanteil lag bei unterdurchschnittlichen 10,1 Prozent.

In den darauffolgenden Tagen sanken die Reichweiten zunächst auf 1,10 und dann auf 0,92 Millionen Zuschauer. Die Donnerstagssendung sahen 1,07 Millionen, bei den Umworbenen wurden mit 0,47 Millionen nur 9,6 Prozent Marktanteil erzielt. Gerade in der Corona-Pandemie wollte RTL vom gestiegenen Informationsbedürfnis der Fernsehzuschauer profitieren – doch das Publikum lehnte das Angebot ab. Schließlich beginnt das ZDF bereits um 21.45 Uhr mit seinem ausführlichen «heute journal», ehe die «Tagesthemen» zwischen 22.15 und 22.50 Uhr ebenfalls umfassend informieren. Auch BR, HR, MDR, NDR, SWR und RBB bieten um 21.45 Uhr regionale Nachrichtensendungen in großer Zahl. RTL hingegen köchelte weiter auf Sparflamme und sendete «RTL Direkt» nicht täglich – ein Kardinalsfehler. Wer um 22.15 Uhr Nachrichten sehen wollte, wurde zwischen Freitag und Sonntag vom Ersten versorgt.

Ein großes Problem der Sendung war der inhaltliche Mix. Innerhalb von 20 Minuten versuchte RTL anfangs, Nachrichten, Talk und sogar Comedy unterzubringen. Kein Wunder, dass die Startreichweite erst am 1. November 2021 übertroffen wurde. Damals lief «Bauer sucht Frau» vor 4,03 Millionen Zuschauern, «RTL Direkt» sicherte sich im Anschluss 2,17 Millionen. Vermutlich war die Sendung deshalb erfolgreich, weil die Geschichten von den Bauernhöfen später im damals noch überschaubaren «Extra» um 22.35 Uhr fortgeführt wurden. Damals dauerte «Extra» nur 50 Minuten. Im Zuge weiterer Programmveränderungen wurde das Format auf 85 Minuten verlängert. Nach der Absetzung von «RTL Direkt» ist das Verbrauchermagazin sogar auf zwei Stunden angewachsen.

Schon Ende Mai verkündete RTL das Aus für «RTL Direkt». Die Sendung war nicht nur quotentechnisch ein Flop, sondern auch inhaltlich ein Totalausfall. Ein weiterer Versuch, die Nachrichten „RTLig“ zu gestalten, ist glücklicherweise gescheitert. Die eigentliche Nachrichtensendung endete oft schon nach sieben Minuten, danach folgten diverse Boulevardgeschichten. Ein solches Format kann sich gegen die «Tagesthemen» nicht behaupten.

Immer wieder holte «RTL Direkt» zwar ordentliche Reichweiten, doch die Bilanz ließ sich damit kaum schönen. Die Zuschauer beschwerten sich über Jahre, dass «Wer wird Millionär?» am Montagabend wegen einer 20-minütigen Nachrichtensendung unterbrochen wurde. Auch andere Eventformate wie «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» wurden bis zuletzt durch eine zehnminütige Ausgabe von «RTL Direkt» in zwei Teile gesplittet. Die letzte Ausgabe lief parallel zum Halbfinale der Frauen-Europameisterschaft. Dort schieden nicht nur die deutschen Nationalspielerinnen aus – auch Pinar Atalay verabschiedete sich. 0,34 Millionen Zuschauer sahen die finale Sendung, die zuletzt nur 1,3 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum und 1,2 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen erzielte.

RTL-Zuschauer müssen dennoch keine Angst haben, künftig auf aktuelle Nachrichten verzichten zu müssen. Das Team des «RTL Nachtjournals» wird bei dringenden Ereignissen wieder Kurzausgaben produzieren können.
01.08.2025 12:52 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/163241