«Too Much» und eben doch nicht genug

Lena Dunhams neue Netflix-Serie ist tatsächlich ein bisschen zu viel: nur eben leider nicht genug für ihr Publikum.

Es gibt Serien, die durch Überfluss glänzen, und solche, die daran ersticken. «Too Much», die neue Netflix-Produktion von Lena Dunham, gehört zweifellos zur letzteren Kategorie. Der Titel mag ironisch gemeint sein, doch trifft er das Wesen der Serie auf so entlarvende Weise, dass man sich fragen muss, ob hier nicht unbewusst ein ungewolltes Eingeständnis formuliert wurde.

In «Too Much» folgt man der Figur Jessica, einer Amerikanerin in der Londoner Fremde, die sich, innerlich erschöpft vom Leben, auf eine transatlantische Liebesgeschichte mit einem jüngeren Musiker einlässt. Was zunächst als kosmopolitische Millennial-Romanze beginnt, entfaltet sich rasch zur narzisstischen Nabelschau – ein emotionales Tagebuch, das mehr Selbstmitleid als Selbsterkenntnis offenbart. Die Serie taumelt zwischen romantischem Eskapismus und schamfreier Selbstreferenz, stets bemüht, die eigene Mittelmäßigkeit durch ironische Brechung zu maskieren.

Dunham, die bereits mit «Girls» eine Vorreiterin des postfeministischen Selbstentblößungsfernsehens war, gibt sich hier gereifter, abgeklärter – doch was als Reflexion über das Altern, die Liebe und das kreative Scheitern intendiert scheint, bleibt letztlich eine Kette aus platten Sentenzen, ästhetisch hübsch drapiert, aber ohne intellektuelle Tiefe. Die Dialoge wirken oft wie Instagram-Captions mit akademischem Anspruch; man spürt die Sehnsucht nach Bedeutung, doch die große Geste bleibt leblos, weil ihr das Fundament fehlt.

London, die zweite Hauptfigur der Serie, wird in pittoresken Tableaus eingefangen – stets ein wenig unscharf, wie durch den Schleier eines sentimentalen Rückblicks. Es ist ein London für den internationalen Streaming-Markt: charmant, divers, unverbindlich. Die Kamera streichelt die Stadt, aber nie durchdringt sie sie. Man fühlt sich erinnert an Werbefilme für teure Sprachreisen – nicht an ein ernsthaftes Porträt urbaner Wirklichkeit.

Auch die Figuren um Jessica herum – Musiker, Künstlerinnen, kluge Freundinnen – sind kaum mehr als Projektionsflächen. Sie sprechen in wohlgesetzten Zitaten, wirken jedoch selten wie Menschen aus Fleisch und Blut. Man vermisst das Unvorhersehbare, das Widerständige, das Leben. Stattdessen dominiert das Gefühl eines kunstvoll choreografierten Stillstands. Alles ist hübsch – und erschreckend egal.

Dabei gäbe es durchaus Ansätze, die eine relevante Serie hätten ergeben können: die Melancholie der spätkapitalistischen Kreativklasse, die fragile Balance zwischen individueller Freiheit und emotionaler Verbindlichkeit, die Unwirtlichkeit moderner Städte für Menschen jenseits der Dreißig. Doch «Too Much» erschöpft sich im Pathos der Selbstbetrachtung. Der Schmerz ist da, aber er bleibt formatiert.

Am Ende bleibt ein visuell ansprechendes, inhaltlich jedoch blutleeres Serienexperiment, das seine Ambitionen im Glanz der eigenen Oberfläche erstickt. «Too Much» will viel – und sagt dabei wenig. Vielleicht ist das das größte Problem: Dass eine Serie, die so lautstark ihre Sensibilität zur Schau stellt, in Wahrheit wenig zu fühlen gibt.

Die Serie «Too Much» ist im Streaming-Angebot von Netflix verfügbar.
10.07.2025 11:20 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/162739