Cro, zah1de und die Schattenseiten eines vermeintlich coolen Comebacks

Der Rapper mit der Panda-Maske ist zurück. Mit diesem Versuch schnappt sich Cro eine neue Generation.

Er ist wieder da – mit Pandamaske, smoothem Sound und einem Gespür für Hype: Cro meldet sich zurück auf der großen Popbühne. Doch statt eines klassischen Solo-Comebacks überrascht der Musiker mit einer neuen Strategie: Cro präsentiert sich als Mentor einer gerade einmal 15-jährigen Künstlerin, die derzeit das Netz im Sturm erobert. zah1de heißt das Nachwuchstalent, das mit dem Song „Mädchen aus dem Internet“ nicht nur auf TikTok, sondern auch auf Spotify für Furore sorgt.

Die Zahlen sprechen für sich: Millionen Streams, virale Clips, ein Musikvideo in bester Pop-Ästhetik – produziert wie von Profis, weil es eben von Profis kommt. Und genau da beginnt die Diskussion, die sich nicht mit Euphorie zufriedengeben sollte. Denn so viel Talent und Charisma zah1de auch zweifellos mitbringt, bleibt doch ein ungutes Gefühl zurück: Wird hier ein Teenager für die neue Coolness eines alternden Popstars instrumentalisiert?



Es wäre naiv zu glauben, dass es sich bei zah1de um ein organisch gewachsenes Nachwuchsprojekt handelt. Ihr Instagram-Auftritt ist hochprofessionell, das Storytelling perfekt durchchoreografiert, das Debütvideo mehr Werbespot als Jugendkultur. Dass Cro als Pate dieser Produktion fungiert, bringt nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Kontrolle.

Dabei ist die Idee, sich als erfahrener Künstler in der Rolle des Entdeckers neu zu positionieren, keineswegs neu. Rapper wie Drake oder Kanye West haben ähnliche Strategien verfolgt. Doch Cro setzt auf ein Mädchen, das im Prinzip noch zur Schule geht. Ihre Lebensrealität hat wenig mit den Lebensentwürfen der Zielgruppe zu tun, die ihre Songs feiern. Und dennoch wird sie zur Projektionsfläche eines Pop-Märchens stilisiert, in dem Coolness, Melancholie und ein wenig Rebellion à la «GNTM»-Bubble zusammenfließen.

Das Musikvideo zu „Mädchen aus dem Internet“ ist ohne Zweifel gelungen. Hochwertig produziert, clever erzählt, zwischen Coming-of-Age und Social-Media-Romantik. zah1de hat Ausstrahlung, Charme, eine markante Stimme – kein Wunder, dass das Ganze funktioniert. Aber funktioniert es auch für sie, oder nur für das Team dahinter?

Denn je mehr man über das Projekt erfährt, desto deutlicher wird: Die junge Künstlerin steht nicht für eine neue Generation an selbstbestimmten Musikerinnen, sondern eher für ein gesteuertes Popprodukt mit gutem Timing. Cro, der sich in den letzten Jahren zunehmend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte und versuchte, sich neu zu erfinden, hat mit zah1de nun einen perfekten Türöffner gefunden, um wieder im Gespräch zu sein – jung, fresh, relevant.

Natürlich, das Popgeschäft war immer schon ein System, in dem Erfolg oft das Ergebnis von Strategie, Netzwerken und Kapital ist. Doch gerade wenn Kinder oder Jugendliche im Fokus stehen, ist besondere Sensibilität gefragt. Die Frage ist nicht, ob zah1de Talent hat – das hat sie. Die Frage ist, ob man einem Mädchen in dem Alter eine solche Öffentlichkeit zumuten sollte, mit all dem Druck, der Kritik, dem Hass und der Kommerzialisierung, die damit einhergeht.



Wer sich das Gesamtpaket ansieht – Management, Medienarbeit, visuelle Ästhetik – erkennt sofort: Hier zieht kein Teenie mit Gitarre in der Hand durch die Clubs, um sich eine Karriere zu erspielen. Hier wird ein Produkt lanciert, das in wenigen Wochen aufgebaut wurde, mit der Wucht eines Major-Labels, das auf TikTok-Algorithmen optimiert wurde. Und in der Mitte steht eine 14-Jährige, deren Selbstbestimmung zumindest hinterfragt werden muss.

Cros Comeback ist smart – keine Frage. Doch es kommt mit einem Beigeschmack, den man nicht ignorieren sollte. Es wirkt fast so, als hätte der Musiker erkannt, dass er allein nicht mehr den Puls der Zeit trifft, und stattdessen auf den nächsten Hype-Zug aufspringt – diesmal in der Rolle des Pop-Paters. Dabei ist nichts dagegen einzuwenden, junge Talente zu fördern. Aber es sollte unter transparenten Bedingungen passieren – mit Rücksicht auf das Alter, die Reife und das Maß an öffentlicher Projektionsfläche, das man jemandem zumutet.

In einer Branche, in der alles zur Marke wird – sogar die Unschuld der Jugend –, braucht es klare Grenzen. Und Journalisten, Kritiker, aber auch das Publikum, das bereit ist, Fragen zu stellen. Fragen nach Kontrolle, Verantwortung und Absicht. Denn am Ende darf der Applaus nicht lauter sein als die berechtigte Kritik.
09.06.2025 13:32 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/161930