Henrike Fehrs: ‚Als ich das Drehbuch zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich: Um Himmels willen‘
Die Schauspielerin übernimmt den weiblichen Part des ZDF-Films «Keine Scheidung ohne Leiche». Nachdem sich Fehrs mit ihr Alter Ego beschäftig, hat sie die Beweggründe verstanden.
Frau Fehrs, in der ZDF-Komödie «Keine Scheidung ohne Leiche» spielen Sie Nina Eichkamp, die sich in einer ausweglosen Ehe-Situation befindet. Was hat Sie an dieser Rolle gereizt?
Mich hat vor allem gereizt, dass Nina keine typische weibliche Hauptrolle ist. Sie ist nicht klassisch nett und liebenswert – sie hat etwas Zwanghaftes, Neurotisches.
Darum kämpft Nina nicht nur mit der ausweglosen Situation und ihrem
(Noch-)Ehemann, sondern auch mit sich selbst. Andererseits hat sie auch eine liebevolle und empathische Seite, die ab und zu durchblitzt. Das macht sie vielschichtig und überhaupt nicht langweilig. Fürs Spielen war das ein Geschenk.
Nina Eichkamp scheint eine sehr verzweifelte Frau zu sein – und dennoch bleibt sie sympathisch. Wie schafft man es als Schauspielerin, diese Balance zu halten?
Das war von Anfang an die größte Herausforderung. Als ich das Drehbuch zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich: Um Himmels willen – was ist das für eine anstrengende Person? Und wie redet die mit dem armen Mann?! Aber je mehr ich mich mit ihr beschäftigt habe, desto mehr habe ich ihre Beweggründe verstanden. Sie steht sich ja vor allem selbst im Weg. Ich glaube, wenn man als Schauspielerin die Figur wirklich versteht, wird sie automatisch sympathischer – selbst im Wahnsinn.
Die Idee, dass sich ein Ehepaar erst dann scheiden lassen kann, wenn vorher eine Leiche zusammen entsorgt wurde – das klingt ziemlich skurril. Was dachten Sie beim ersten Lesen des Drehbuchs?
Ich dachte: Das ist eine großartige Idee! Die Leiche steht ja – im übertragenen Sinne – für das, was von der Ehe übrig ist. Tom und Nina gehen mit dem toten Therapeuten genauso ruppig und unsensibel um wie mit ihrer Beziehung. Sie müssen lernen, damit anders umzugehen. Und vielleicht sogar gemeinsam etwas loszulassen. Eine schöne Metapher, verpackt in schwarzem Humor.
Was würden Sie sagen, macht die besondere Tonalität dieser Komödie aus? Sie pendelt ja zwischen schwarzem Humor und ernsthaften Beziehungsfragen.
Genau das finde ich so spannend: Der Film erlaubt sich eine wilde Mischung aus Klamauk, Slapstick, schwarzem Humor und echten emotionalen Momenten. „Keine Scheidung ohne Leiche“ ist genau so unmoralisch, wie der Titel verspricht. Ich finde das erfrischend. An manchen Stellen werden einige Leute vielleicht denken, dass kann man doch nicht machen, oder sagen. Aber genau das macht die Komödie besonders.
Wie war die Zusammenarbeit mit Ihrem Film-Ehemann Tom Beck und der restlichen Besetzung?
Die war toll. Tom hatte ich schon beim Casting kennengelernt, und da hat’s direkt gefunkt – arbeitstechnisch. Wir teilen denselben Humor und ein Gefühl für Timing, was gerade bei Komödie Gold wert ist. Auch mit den anderen Kolleginnen und Kollegen war die Chemie super. Unsere Regisseurin Friederike Heß und Casting- Direktorin Marion Haack haben ein sehr feines Gespür für Ensembles.
Die Regie führte Friederike Heß. Wie war die Arbeit unter ihrer Leitung?
Bei Friederike und mir war’s Liebe auf den ersten Blick – beziehungsweise auf das erste Telefonat. Sie hat mich das erste Mal angerufen, als ich gerade auf dem Pferd saß, und wir haben erstmal eine halbe Stunde nur übers Reiten gequatscht. Bei der Arbeit haben wir dann genauso gut harmoniert. Wir mussten uns manchmal eher bremsen, weil wir so viele Ideen hatten, dass sie gar nicht alle in einen Film passten. Dann sagten wir immer: „Das heben wir uns für den nächsten auf.“
Glauben Sie, dass die Geschichte – bei aller Überspitzung – auch einen wahren Kern hat, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht?
Ja, ganz eindeutig. Die Leiche steht sinnbildlich für das, was unausgesprochen bleibt oder verdrängt wird. Wenn zwei Menschen in einer Beziehung nicht mehr miteinander sprechen oder einander zuhören, türmt sich eben etwas auf – manchmal im übertragenen Sinne, manchmal in Teppichform. Und irgendwann stinkt es.
Sie haben bereits viele verschiedene Rollen gespielt – vom Krimi bis zur romantischen Komödie. Wie ordnen Sie «Keine Scheidung ohne Leiche» in Ihre Filmografie ein?
Dieser Film ist definitiv ein bunter Ausreißer – im besten Sinne. Ich durfte hier mehr riskieren, auch im Spiel. Nina ist extrem, laut, immer viel zu schnell, verletzlich, unangenehm – und dabei doch irgendwie rührend. Für mich ist das eine Rolle, die Mut braucht. Und das liebe ich.
Gibt es beim Dreh solcher bitterbösen Stoffe auch mal Szenen, bei denen Sie sich kaum das Lachen verkneifen konnten?
Oh ja! Nina Vorbrodt und ich hatten eine Szene, in der wir uns ständig vor Lachen weggeschmissen haben – natürlich immer dann, wenn wir eigentlich todernst sein sollten. Auch mit Tom gab’s solche Momente, etwa in der Schrebergarten-Szene, als er einen Stromschlag bekommt und ich ihm danach eine Herzmassage gebe. Und für Friedrich Liechtenstein, der ja die Leiche spielt, waren solche Situationen natürlich die größte Herausforderung – weil: Tote lachen nicht!
Wird diese Geschichte Ihrer Meinung nach als Einzelstück stehen bleiben – oder könnte man sich eine Fortsetzung vorstellen?
Das Ende lässt auf jeden Fall Raum für Fantasie. Von daher wäre eine Fortsetzung definitiv denkbar. Ich will natürlich nichts spoilern – aber sagen wir so: ganz abgeschlossen ist es nicht. Trotzdem funktioniert der Film aber auch wunderbar als Einzelstück. Und manchmal ist es auch schön, wenn man als Zuschauer die Geschichte selbst ein bisschen weiterspinnt.
Und ganz zum Schluss: Wie würden Sie privat mit einer verfahrenen Ehe umgehen – vielleicht lieber zur Paartherapie als zur Leichenentsorgung?
Unbedingt zur Therapie! Ich würde jederzeit um meine Ehe kämpfen – aber wenn wirklich gar nichts mehr geht, ist es manchmal besser, eine Beziehung in Würde zu beenden, statt sich gegenseitig kaputtzumachen. Eine Beerdigung mit Blumen – statt mit Teppich und Schaufel.
Danke für Ihre Zeit!
«Keine Scheidung ohne Leiche» ist seit 22. Mai 2025 in der ZDFmediathek abrufbar. Die Free-TV-Premiere kommt am Donnerstag, den 29. Mai 2025, um 20.15 Uhr.