Mit Arminia Bielefeld steht erst zum vierten Mal in der Geschichte des Wettbewerbs ein Drittligist im Pokalfinale. Dort wartet mit dem VfB Stuttgart eine Mannschaft, die hohe Ziele hat. Aber das war dem Underdog schon die gesamte Saison egal.

Zum zweiten Mal in Folge steht ein unterklassiger Verein im Endspiel um den DFB-Pokal. Nach dem Zweitligisten Kaiserslautern, der gegen Überflieger Leverkusen trotz Überzahl letztlich chancenlos war, steht nun sogar ein Drittligist im Finale. Lange darf sich der DSC Arminia Bielefeld aber nicht mehr als Drittligist bezeichnen, denn die Rückkehr in die 2. Bundesliga ist nach zwei Jahren 3. Liga perfekt. Als Drittliga-Meister fahren die Fans der Arminia in die Hauptstadt, weswegen ‚11FREUNDE‘-Chefredakteur Philipp Köster voller Euphorie in der zuletzt erschienenen Titelgeschichte seines Heftes schrieb: „In der Gegenwart hat das Reiseziel Berlin die ganze Stadt in einen Zustand fiebriger Erwartung versetzt, garniert mit einem fast verstörenden Optimismus, der sonst nicht zwingend zum emotionalen Repertoire des Ostwestfalen gehört.“
Die Stimmungslage in Ostwestfalen ist also ausgezeichnet, wohl auch weil die Hoffnungen auf einen Pokalsieg nicht unbegründet sind. Im Halbfinale schaltete der DSC den damals amtierenden Double-Sieger und Ungeschlagen-Meister Bayer 04 Leverkusen aus – hochverdient wohlgemerkt. „Bielefeld fährt nach Berlin, um sich den Pokal zu holen, und nicht, um nach dem Schlusspfiff freundlich für den VfB Stuttgart Spalier zu stehen“, so Bielefeld-Fan Köster.

Der Gegner am Samstag, 24. Juni, um 20:00 Uhr heißt VfB Stuttgart. Der Vizemeister von 2024 hat eine durchwachsene Saison hinter sich, die er mit dem neunten Tabellenplatz in der Bundesliga beendete. In der Champions League vermochte es die Mannschaft um Nationalstürmer Deniz Undav nicht die neugeschaffene Ligaphase zu überstehen. Der schillernde Traditionsverein aus der baden-württembergischen Landeshauptstadt, der ebenfalls bewegte Jahre mit Auf- und Abstiegen sowie Relegations-Duellen hinter sich hat, ist erst mit der Anstellung von Trainer Sebastian Hoeneß in die Phalanx der deutschen Topklubs zurückgekehrt. Mit dem „Weltmarken-Bündnis“ aus Mercedes-Benz, der Porsche AG, MHP und seit 2024 auch Hugo Boss im Rücken sind die Bedingungen für Erfolg gegeben. Ein neunter Platz, der nicht für den europäischen Wettbewerb qualifiziert, scheint da deutlich zu wenig.
Mit einem Pokalsieg würde sich der VfB schlussendlich doch für die UEFA Europa League qualifizieren, was nach den teuren Sommerneuzugängen Ermedin Demirovic (23 Mio. €) und Deniz Undav (26,7 Mio. €) ein Muss ist – nicht nur um die Sponsoren zufrieden zu stellen. Die Ausgangslage vor dem Finale zwischen Bielefeld und Stuttgart könnten also kaum unterschiedlicher sein. Auf der einen Seite
die Fahrstuhlmannschaft des deutschen Fußballs, die mit einer überbordenden Euphorie im Gepäck nach Berlin anreist. Auf der anderen Seite ist nach einer eher verkorksten Saison mit viel zu vielen Gegentoren ordentlich Druck auf dem Kessel. Angesichts dreier Siege aus den letzten drei Bundesliga-Spielen könnte die Vorfreude auf das Pokalfinale ebenfalls groß sein – und das ist sie gewiss auch. Doch die Euphorie wird angesichts einiger Verletzungen etwas getrübt. Nationalspieler und Mittelfeld-Motor Angelo Stiller laboriert an einer Bänderverletzung. Sein Einsatz am Samstag ist zur Stunde ungewiss.

Es könnte auch das vorerst letzte Mal sein, dass die Mainzer das Finalspiel übertragen. Bislang wurde das Free-TV-Paket, das derzeit das ZDF hält, ab der übernächsten Saison nicht veräußert, im kommenden Jahr wird Das Erste die Siegbegegnung übertragen. Katrin Müller-Hohenstein begrüßt im ZDF ein Millionen-Publikum, Christoph Kramer und Per Mertesacker analysieren die Begegnung, bei der auch Verlängerung und Elfmeterschießen möglich ist. Auch Sky zeigt das Finale.
Favorit ist der VfB mit Überflieger Nick Woltemade (4 Tore im DFB-Pokal) gegen die zwei Klassen niedrigere Arminia allemal. Aber das war dem Team um Pokal-Topscorer Marius Wörl (3 Tore, 3 Assists) auch schon gegen Hannover 96, Union Berlin, SC Freiburg, Werder Bremen und Bayer Leverkusen egal. Denn: Bielefeld fährt nach Berlin, um sich den Pokal zu holen.