Das Jüngste Quoten-Gericht: Wohin geht die Reise von «Experte für alles}»?

Montags blickt Quotenmeter auf aktuelle Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops und ordnet diese ein. Diesmal geht es um die Frage, ob ProSiebens neues „Verbrauchermagazin“ schon verbraucht ist.

98 Tage dauerte es, bis ProSieben nach der vorläufig letzten «Late Night Berlin»-Folge im Dezember die Katze aus dem Sack ließ und die offiziell letzte «LNB»-Sendung mit Klaas Heufer-Umlauf sendete. Mit der 13-minütigen Aufzeichnung endete nicht nur eine siebenjährige Ära, sondern Klaas bereitete gleich ein ganzes Genre auf den Fernsehfriedhof vor. Late Night als überholtes TV-Format.

Sicherlich dürfte das Aus von «Late Night Berlin» aber nicht nur an Klaas‘ beschriebenen Gefühl, das Format sei auserzählt, er wiederhole sich, gelegen haben, sondern auch an einem gewissen Quotendruck. Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt hatten im März ihren Exklusiv-Vertrag bei ihrem Sender ProSieben um fünf Jahre verlängert, ganz auf der Stelle sollte der Output der beiden aber bekanntlich nicht. Als erstes innovatives Ausrufezeichen stand damals der Samstagabend-Neustart «Ein sehr gutes Quiz (mit hoher Gewinnsumme)» in den Startlöchern. Aus Quotensicht war das Format, das während des 24-Stunden-Sendetages von Joko und Klaas Premiere feierte, zwar ein Erfolg, allerdings ließ es zu anderen Joko&Klaas-Sendungen Luft nach oben – sowohl inhaltlich als auch quotentechnisch.

«LNB» wiederum war in den vergangenen Jahren stets von den Protagonisten selbst abhängig. War Klaas Heufer-Umlauf mit «Joko & Klaas gegen ProSieben» sein eigener Vorlauf, konnte seine eigene Show überzeugen. Liefen Formate anderer Couleur davor, sackten die Quoten stellenweise ins Bodenlose. Im vergangenen Herbst schalteten lediglich 0,24 Millionen Zuschauer ab drei Jahren die 14 Episoden am Dienstagabend ein. Mit einem Marktanteil von 2,2 Prozent im Gesamtmarkt lag man weit unter dem Senderschnitt von ProSieben. Im Schnitt stammten 0,15 Millionen Zuschauer aus der klassischen Zielgruppe, womit die Sendung einen hohen Anteil junger Zuschauer von 62,5 Prozent hatte. Der Marktanteil belief sich dennoch nur auf 6,4 Prozent. Auch die Nachgewichtung brachte kaum Verbesserung. Am stärksten stieg die Zielgruppen-Quote auf 6,8 Prozent, während die Sehbeteiligung minimalst um 0,01 Millionen nach oben ging.

Mit «Experte für alles» kündigte ProSieben am 1. April ein neues Verbrauchermagazin mit Klaas Heufer-Umlauf an. Die Sendung ist eine Persiflage auf jenes TV-Genre und darf sich immer dienstags nach «TV total» beweisen. Das Doppel aus Sebastian Pufpaff und Klaas Heufer-Umlauf garantiert Vertrautheit und Regelmäßigkeit, die «LNB» stets fehlte. Auch die Sendezeit um 21:25 Uhr ist deutlich zuschauerfreundlicher als das ständige Ratespiel zwischen 22:35 und 23:47 Uhr im vergangenen Herbst.

Während Sebastian Pufpaff den Sendeplatz-Wechsel von Mittwoch auf Dienstag gut verkraftet hat und seit dem 18. Februar im Durchschnitt auf 1,01 Millionen Zuschauer kam, war auch die Neugierde für die «Experte für alles»-Premiere am 22. April groß. Im Vorlauf waren 0,82 Millionen Zuschauer dabei, die neue Klaas-Show sahen 0,78 Millionen Menschen. Bei der Nachgewichtung kamen weitere 0,09 Millionen Menschen dazu. Der Marktanteil in der Zielgruppe wurde zunächst auf 10,9 Prozent beziffert, nach sieben Tagen standen endgültig gewichtete 11,8 Prozent zu Buche. Doch das Niveau flachte bereits in Woche zwei merklich ab. Zwar arbeitete die Redaktion von Florida Entertainment inhaltlich und sorgte für wesentlich mehr Tempo in Moderation und Ablauf, doch es blieben nur 0,59 Millionen Zuschauer (endgültig gewichtet: 0,64 Mio.) dran. In der Zielgruppe fiel der Marktanteil auf 9,8 Prozent (endgültig gewichtet: 10,5%).



In Woche drei sorgte Nina Chuba zwar für einen amüsanten Einspieler, doch die Idee für ein Leben im ICE ist nicht neu. Sogar «Experte für alles»-Vorgänger «Late Night Berlin» griff die Idee schon selbst auf. Der Einspieler, der 364 Tage vor der «Experte für alles»-Folge auf YouTube gepostet wurde, zählt auf der Plattform über eine halbe Million Abrufe. Nina Chuba kam mit ihrem Beitrag in 13 Tagen auf rund 330.000 Views (Stand: 19. Mai 2025, 16:00 Uhr). Fans von Klaas Heufer-Umlaufs Sendungen dürften sich erinnert gefühlt haben, entsprechend sank die Quote in der Zielgruppe auch unter die 10-Prozent-Marke – auch endgültig gewichtet (9,7%).

Ganz schwach lief es mit der bislang letzten Folge. Obwohl «TV total» im Vorlauf 1,04 Millionen Zuschauer, darunter 0,49 Millionen 14- bis 49-Jährige, holte und einen Marktanteil von 11,6 Prozent in der Zielgruppe generierte, kam «Experte für alles» nicht über 0,43 Millionen Zuschauer hinaus. In der Zielgruppe reichte es gerade einmal für 0,29 Millionen Seher und maue 6,9 Prozent. Es ist nicht davon auszugehen, dass «Experte für alles» auf diesem schwachen Niveau verbleiben wird. Denn ein Faktor für die schlechten Quoten war am vergangenen Dienstag sicherlich auch das Halbfinale des «Eurovision Song Contest», das dem Spartensender One zu fabelhaften 8,6 Prozent Marktanteil in der klassischen Zielgruppe verhalf. Diese Konkurrenz herrscht aber bekanntlich nur einmal im Jahr.

Spannend könnte aber werden, ob sich ProSieben im Herbst dazu entscheidet, die Zeit zurückzudrehen. Nachdem RTL das Ende von «Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab», das den Programmplan von ProSieben durcheinanderwirbelte, angekündigt hat, könnte «Joko & Klaas gegen ProSieben» wieder auf den Dienstag zurückwechseln. Ob «Experte für alles» dann dienstags beheimatet bleibt oder ebenfalls gemeinsam mit «TV total» auf den Mittwoch wandert, müsste dann entschieden werden. Allzu viel Grund das Grid zurückzusetzen gibt es allerdings nicht. «JKvsP7» zeigte sich in diesem Frühjahr in der Form des Herbstes. Die durchschnittliche Reichweite sank im Vergleich zu den vorangegangenen sechs Folgen um rund 40.000 Zuschauer, der Marktanteil bei den Umworbenen stieg jedoch von 12,7 auf 14,9 Prozent. Im Vergleich zum Frühjahr 2024 litt die Sendung. Damals verbuchte man noch 1,06 Millionen Seher und durchschnittlich 16,4 Prozent. In den vergangenen Wochen waren Joko und Klaas aber nicht nur wegen dieses Formats quasi omnipräsent auf ihrem Heimatsender. ProSieben zeigte seit dem 22. März, dem Sendestart von «Ein sehr gutes Quiz (mit hoher Gewinnsumme)», auf «Wer stiehlt mir die Show?», «Experte für alles» und «Joko & Klaas gegen ProSieben» sowie zweimal 15 Minuten von «Joko & Klaas Live» und zwei Wiederholungen von «Das Duell um die Welt» – die geballte Ladung Winterscheidt und Heufer-Umlauf. Mehr als jedes vierte Primetime-Format, das zwischen 20:15 und 22:00 Uhr gestartet wurde, fand mit Beteiligung von Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf statt. Auf fünf weitere Jahre!
19.05.2025 16:15 Uhr  •  Veit-Luca Roth Kurz-URL: qmde.de/161374