Die Kritiker: «Wolfsjagd»

Maria Simon macht als einsame Wildhüterin Brandenburg unsicher: Denn der Wolf ist zurück in Deutschland.

Stab

Darsteller: Maria Simon, Jacob Matschenz, Till Wonka, Jörg Schüttauf, Lucas Lentes, Anna-Lena Schwing
Musik: Roman Kariolou
Kamera: Benjamin Dernbecher
Drehbuch: Jakob Ziemnicki (auch Regie) und Thomas André Szabó
Eigentlich ist Wildhüterin Sara Jahnke (Maria Simon) nur auf einen kurzen Abstecher in Deutschland: Denn in der unendlichen, einsamen Wildnis von Kanada fühlt sie sich sichtlich wohler als in ihrer brandenburgischen Heimat, wo sie sich von ihrem Vater (Jörg Schüttauf) und ihrer Tochter (Anna-Lena Schwing) mittlerweile vollkommen entfremdet hat. Doch eine auffällige Wölfin treibt in der Region ihr Unwesen und Sara wird gebeten, sie aus dem Verkehr zu ziehen – niemand würde das so zuverlässig machen wie sie. Da Sara mit Tieren anscheinend wesentlich besser kann als mit Menschen, nimmt sie den Fall an.

Beim Durchstöbern des Forstes entdeckt Sara schließlich die Leiche einer zerbissenen rumänischen Saisonarbeiterin und gerät daraufhin rasch in einen mysteriösen Fall aus angeblich tödlichen Wolfangriffen. Gemeinsam mit dem Stadtkommissar Laue (Jacob Matschenz), der am Tatort nicht einmal richtiges Schuhwerk trägt, begibt sie sich auf die Suche nach dem Täter, nachdem der Wolf als Mörder ziemlich sicher ausscheidet, auch wenn andere Leute den Ort anderes glauben machen wollen. Dabei stoßen die Ermittler auf umso schockierendere Machenschaften in einer örtlichen Fleischfabrik, deren Zustände sich wohl bereits erahnen lassen.

Leider versäumt es der Film nun, sich klar auf eine Erzählung zu konzentrieren: Geht es nun um die Missstände in deutschen Großschlachtereien mit Hunderten ausländischen Billiglohnkräften, die unter erbärmlichen Bedingungen hausen müssen, oder die Rückkehr des friedlichen Wolfes, den viele Menschen unter populistischem Getöse für eine tickende Zeitbombe halten?

Das Hauptproblem von «Wolfsjagd» ist schließlich, dass der Film versucht, zu viele Handlungsstränge gleichzeitig zu verfolgen: die Wölfe, die mysteriösen Todesfälle, die angespannte, weil kaum mehr existente Beziehung zwischen Sara und ihrer Tochter Julia, Saras schwierige Rückkehr in ihre Heimat, die Ermittlungen von Kommissar Laue und die skrupellosen Machenschaften in der Fleischfabrik. Die Vielzahl der Untersuchungsfelder führt zwangsläufig dazu, dass keines davon ausreichend vertieft wird und die Charaktere nie genug Raum für eine interessante Entwicklung bekommen. Der Zuschauer bleibt oberflächlich informiert und kann somit keine wirkliche emotionale Verbindung aufbauen.

Die Figuren in «Wolfsjagd» leiden unter dieser Überladung von Handlungssträngen zusehends. Sara Jahnke als Wildhüterin könnte eine faszinierende Hauptfigur sein, die auch gleich den Grundstein für eine ganze Reihe legen könnte, aber ihre tieferliegenden Gefühle werden nur ansatzweise erkundet. Die Beziehung zu ihrer Tochter Julia hätte eine spannende emotionale Tiefe bieten können, wird aber ebenfalls nur oberflächlich behandelt, und der Konflikt, der zwischen ihnen offensichtlich herrscht, bleibt im Ungefähren. Kommissar Laue bleibt ebenfalls ein blasser Charakter, der auf seine Eigenschaft als unbedarfter Stadtmensch reduziert wird.

So können am Schluss auch die sehr gelungenen schauspielerischen Leistungen in «Wolfsjagd» die Schwächen des Drehbuchs nur noch bedingt ausgleichen. Vor allem Maria Simon als Sara Jahnke und Jörg Schüttauf als ihr Vater gefallen jedoch als sehenswertes Duo, das in einer erzählerisch ausgereifteren Fortsetzung nur noch deutlicher überzeugen könnte.

Der Film «Wolfsjagd» ist am Samstag, den 30. September um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
28.09.2023 11:20 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/145483