Der sonst so eingestaubte Bayerische Rundfunk hat ein neues Recherche-Format gestartet. Zum Auftakt knöpft man sich die Musikindustrie vor.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Die ARD und das ZDF haben sich von der Erzählstruktur stark an Netflix und Konsorten angepasst. Doch statt Dokumentationen mit heißer Luft aufzublasen, haben die Programmmacher auch Mut zur Abkürzung. Die Formate sind recht unterschiedlich: Ob «Panorama» im Ersten, das «ZDF Magazin Royale» im ZDF, «Atlas» bei funk oder eben «Dirty Little Secrets» in der ARD Mediathek: Informationen mit einer gehörigen Portion Ironie.
Entstanden ist bei «Dirty Little Secrets» ein rund 95-minütiger Dokumentarfilm, den man für junge Zuschauer bestens in die Parts „Der geheime Deal mit den Labels“, „Die Geistermusiker“ und „Die verschwundene Firma“ dritteln konnte. Im Mittelpunkt der ersten zwei Folgen steht das schwedische Unternehmen Spotify, das – das ist nichts Neues – seine Musiker schlecht bezahlt. Zahlreiche Musiker konnte das Team gewinnen, das sich in Berlin zum Thema Vergütung ausspricht. Nur mehrere hundert Euro können deutsche Musikschaffende damit verdienen. Einen Lebensunterhalt mit Streamingdiensten kann keiner unterhalten.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit Geistermusik, die auf zahlreichen Playlists erscheint. Kleine Labels produzieren für Spotify vor allem instrumentale Musik, die unter den üblichen Marktpreisen ausgezahlt wird. Dafür entstehen zahlreiche Fake-Profile, die Spotify sogar mit einem Echtheitszertifikat belohnt. Spotify-Germany-Sprecherin Conny Zhang (frisch gekürte Forbes 30 Under 30) teilte mit, dass der blaue Haken eigentlich nur aussage, dass die Musik nicht geklaut sei. Ging wohl auch nicht anders, beim Schummeln hat «Dirty Little Secrets» sie und ihr Unternehmen nämlich erwischt. Das ist schon alles sehr deprimierend, weshalb auch Erzählerin Jule das süffisant kommentiert.
«Dirty Little Secrets» ist eine aufschlussreiche Dokumentation und widmet sich vor allem an die jungen Fernsehzuschauer, die wohl kein Abonnement einer überregionalen Tageszeitung haben. Die Themen, die hier angesprochen werden, sind nicht unbedingt neu, aber das Zielpublikum hat sich mit solchen Themen wohl noch nicht auseinandergesetzt. Kurze Einspielfilme, beispielsweise was ein Label macht, runden das Werk ab. Man könnte durchaus kritisieren, warum der Bayerische Rundfunk diese Dokumentation herstellte, obwohl der Neuigkeitswert gering ist. Allerdings gibt es auch noch junge Frauen, die tatsächlich glauben, sie könnten mit «Germany’s Next Topmodel» eine Karriere als Model starten. Insofern hat die Dokumentationsreihe ihre Daseinsberechtigung und ist dementsprechend zu empfehlen.