Der philosophische Fragebogen an Isabell Polak

Die 41-Jährige Schauspielerin ist am Freitag im Ersten in «Mein Vater, der Esel und ich» zu sehen.

Welches Projekt würden Sie rückblickend nicht mehr drehen?
Ich würde bestimmte «Versteckte Kamera»-Nummern bei den «Bösen Mädchen» nicht mehr drehen, weil ich sie rückblickend als gemein und wirklich unlustig betrachte. Und die Art und Weise, wie wir auch in den Rollen miteinander umgesprungen sind, welche Schimpfwörter wir benutzt haben - wenn ich das heute sehe schäme ich mich dafür.

Warum bereuen Sie diesen Schritt, wenn es Ihnen damals als richtig erschien?
Das wäre der klassische Rückschau-Fehler, der hält nur auf. Ich muss etwas nicht bereuen nur weil ich später klüger war. Darauf arbeite ich ja hin - immer klüger werden durch zuhören, aufpassen, mich selbst reflektieren. Damals wusste ich es einfach nicht besser. Und ich war mir meiner Vorbildfunktion auch noch gar nicht bewusst. Bereuen kann man Absichtliches. Das war es aber ja nicht. Stattdessen schäme ich mich dafür. Und Scham ist ein gutes Gefühl, es bringt uns nämlich weiter.

Überzeugt Sie Ihre Selbstkritik?
Ich hoffe, ich verstehe die Frage richtig: glaube ich mir selber meine Eigenwahrnehmung? Meistens ja, weil ich schon sehr streng mit mir bin. Aber ich bin auch mit einem sehr stabilen sozialen Umfeld gesegnet, das mich bei Bedarf sehr gut einordnen kann, das hilft dabei nicht zu streng zu werden, aber auch nicht überzuschnappen.

Wofür sind Sie dankbar?
Ich bin dankbar für die Menschen um mich herum. Dass ich so sehr geliebt werde und so großartige Menschen lieben darf. Je älter ich werde, desto mehr spielt natürlich auch Gesundheit eine Rolle. Aber ich bin auch sehr dankbar, dass meine Kaffeemaschine eine Spitzenespresso brüht, obwohl sie gar nicht teuer war. Oder dass ich supergut einparken kann. Und ich bin für wirklich jeden klugen Gedanken dankbar, der mir begegnet.
Ich platze vor Dankbarkeit.

Beneiden Sie manchmal Tiere, wie die Fische, die ohne Hoffnung auskommen?
Nein, nicht mehr. Früher fand ich Hoffnung blöd, ich hatte den Eindruck, dass ich mit Hoffnung Zeit verschwende, die ich schon wieder anderweitig verwenden könnte statt noch weiter in der Situation zu verharren. Aber heute weiß ich, dass mein Beruf, oder diese ganze Filmindustrie ohne Hoffnung ja gar nicht existieren würden. Diese Hoffnung „dass es klappt“.
Deshalb - nein. Hoffnung ist einer der schöneren Aspekte am Mensch sein.

Gibt es Erwartungen, die Sie aufgegeben haben?
Na klar. Ich habe etwa gelernt, dass ich von Menschen nur das erwarten kann, was sie in der Vergangenheit bereits gezeigt haben. Und gerade erst kürzlich habe ich die Erwartung an mich selbst aufgegeben, meine Aufregung nicht immer mit Geplappere überspielen zu müssen, weil das in der Regel nach hinten losgeht. Es ist egal, wie sehr ich es mir vorher vornehme: mein Körper plappert bei Nervosität von ganz allein. Ist halt so.

Wie unterscheidet sich Witz und Humor?
Wer Witz hat, hat automatisch Humor. Aber nicht umgekehrt. Humor ist eine Sprache, eine Ebene der Kommunikation. Am Humor erkenne ich sofort meine Leute. Die müssen selbst gar nicht zwingend witzig sein, aber wenn sie über meine Witze lachen, dann gehören wir automatisch zum gleichen „Menschenschlag“, wie man so schön sagt. Und Witz ist die Echoortung mit der wir uns bewegen.

Hat sich unser Humor im Laufe der Jahre verbessert?
Unbedingt. Was mir am besten gefällt ist, dass so viele saukluge Leute gezeigt haben, dass Humor nicht nach unten treten muss um provokativ zu sein und bahnbrechend. Die Kunst liegt mittlerweile darin, das Publikum zum Lachen, zum Nachdenken und am besten noch zum Heulen zu bringen. Und das ist meine persönliche Lieblingskombination.

Bedarf Humor eine Bühne? Oder sind Sie auch alleine lustig?
Ich habe mich am vergangenen Wochenende gefragt, mit welchem Skill ich einen Raum von Teenagern binnen Sekunden beeindrucken könnte - mir ist absolut nichts eingefallen. Da habe ich zum ersten Mal bemerkt, dass ich zwar ganz viele Dinge kann, dafür alle nur so mittel. Dass ich so alt werden musste um das festzustellen - darüber habe ich mich den Rest des Tages immer wieder beömmelt. Richtig laut gelacht habe ich über meine eigene Dusseligkeit. Das liebe ich.

Welche Situation ertragen Sie nur mit Humor?
Beerdigungen. Wenn was so richtig schlimm weh tut. Der Humor versichert mir dann, dass es weitergeht. Irgendwann.

Hat sich Ihr Humor im Laufe der Jahre verändert?
Er hat sich verfeinert, ich mache weniger Witze aus Versehen und mehr mit Absicht. Und er ist radikaler geworden - er will nicht mehr allen gefallen. Das ist sehr befreiend.

Was machen Sie sich aus Geld?
Es gibt mir Sicherheit, wenn ich es habe und macht mich fertig, wenn ich es nicht habe. Ich gebe mir Mühe, Menschen nicht danach zu beurteilen. Je mehr sie jedoch davon haben desto schwerer fällt mir das.

Was würden Sie für Geld nicht machen?
Meine Seele verkaufen. Und das meine ich vollkommen ernst.

Was ist Ihnen aktuell eine gute Flasche Wein wert?
Eine sehr gute bei einem Anlass zum Feiern? 30€, höchstens. Aber normalerweise kaufe ich die Flasche für plusminus 10€ - ich bin Fränkin und will Geschmack und nicht angeben.

Sind Sie ein guter Freund?
Ich bin sogar eine verdammt gute Freundin.

Wie lange währt Ihre älteste Freundschaft?
Seit über 23 Jahren. Und sie ist immer noch einer meiner engsten Menschen.

Halten Sie ein Haustier als Freund?
Ja. Er heißt Karl und ist der beste Hund der Welt.

Basiert gute Freundschaft auf einem ähnlichen Humor?
Ich weiß nicht, wie es all die Menschen ohne Humor machen, aber in meinem Fall: JA!!! Und wie!

Vielen Dank für Ihre offenen Worte!
25.05.2023 12:47 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/142471