‚Der Film zeigt ein perfektes Bild der damaligen Zeit ohne zu viel zu wollen‘

Rapper und Schauspieler Luvre47 ist Teil des Blockbusters «Sonne und Beton». Wir sprachen mit dem Berliner über Gropiusstadt.

Hallo! Der Spielfilm «Sonne und Beton» hat in den vergangenen Wochen fast durchgängig gute Kritiken erhalten. Waren Sie von den wohlwollenden Rezensionen begeistert?
Definitiv! Es hat mich sehr gefreut wie der Film aufgefasst und auch bewertet wurde.

Schon am ersten Wochenende erreichte «Sonne und Beton» 190.000 zahlende Besucher. Waren Sie von dem starken Start überrascht?
Ich als quasi Quereinsteiger wusste zunächst gar nicht, wie diese Zahlen zu bewerten sind und hab natürlich immer nachfragen müssen, was denn nun die Zahlen überhaupt bedeuten, die täglich reingeflattert kommen und von allen so sehnlichst erwartet werden. Aber als man dann mitbekommen hat, wie viele Menschen und Kinos das tatsächlich sind und mit welchen größeren Filmproduktionen man sich gerade messen darf, war ich schon überrascht. Ohne sagen zu wollen, dass ich das dem Film nicht auch zugetraut hätte. Aber so eine Hoffnung dann Wirklichkeit werden zu sehen und die Begeisterung darüber im Team an sich war schon ein sehr schönes Erlebnis!

Der Film handelt von männlichen Jugendlichen Anfang der 2000er, die in Berlin-Gropiusstadt zwischen zwei Banden geraten. Sie kommen aus dem Stadtteil, war die Lage damals wirklich so übel?
Eine Frage, die auch auf der Kinotour öfters gestellt wurde und ich muss sagen es war noch wilder. Es fällt manchen Menschen vielleicht schwer sich in diese Welt hineinzuversetzen, aber es gab Straßen und Orte, die bewusst gemieden wurden, weil man wusste „gehe ich jetzt hier lang, komme ich am anderen Ende ohne Nikes und Nokia an“, nur um eines von unzähligen Beispielen zu nennen. Ich finde der Film zeigt ein perfektes Bild der damaligen Zeit ohne zu viel zu wollen. Es ist natürlich auch immer stark davon abhängig wie sehr man sich als Heranwachsender in diese Welt reinziehen lässt, aber einen perfekten Weg, um allem Unheil aus dem Weg zu gehen gibt es leider oftmals nicht, auch wenn man es gerne vermeiden würde. Ich finde genau das wird im Film wunderbar dargestellt.

Welche Rolle durften Sie in «Sonne und Beton» übernehmen?
Ich spiele „Marco“, den großen Bruder der Hauptrolle „Lukas“.

Gropiusstadt ist nicht gerade das Schmuckstück Berlins, was kann man vor Ort erleben?
Eine bunte Mischung aus allem. Von Rentnern, die vom Balkon aus musternde Blicke zuwerfen, bis zu Jugendbanden, die auf der Suche nach dem nächsten Erlebnis durch den Park streifen, ist alles dabei. Zwischen Familien, die in Armut leben und Luxuskarossen, die in der zweiten Reihe parken kommen hier die meisten gut miteinander aus. Gropiusstadt hat an sich viele schöne, aber eben auch dunkle Seiten. Je nachdem, wo und wie man sich bewegt, kann sich einem die Gegend auf verschiedenste Art und Weise zeigen.

Berlin ist eine spannende Metropole. Haben Sie irgendwann darüber nachgedacht, die Stadt zu verlassen?
Das ist tatsächlich ein Gedanke, der mich aktuell sehr beschäftigt. Dadurch, dass die Stadt sich im ständigen Wandel befindet, verschwinden oder verändern sich zwangsläufig auch die Orte und Plätze mit denen man seine Heimat und Jugend verbindet. Die zunehmende Hektik und Fülle der Stadt lassen mich in jüngster Vergangenheit definitiv in Erwägung ziehen hier eines Tages wegzuziehen. Allerdings nie ganz, ich würde versuchen meine Wohnung hier zu halten, um immer mal wieder nachhause zurückkehren zu können. Unerwähnt sollte auch nicht bleiben, dass falls das eines Tages der Fall sein sollte, ich Deutschland gänzlich verlassen würde. Ein Umzug innerhalb Deutschlands kann ich mir aktuell nicht vorstellen.

Im Spielfilm «Sonne und Beton» sind auch die Rapper Lucio101, Juju und Lexesh zu sehen. Vermitteln die Produzenten Fabian Gasmia und David Wnendt damit Authentizität?
Klar, was nicht heißt, dass andere Schauspieler das nicht auch authentisch hätten rüberbringen können. Man muss erwähnen, dass tatsächlich jeder aus dem Cast am klassischen Casting teilgenommen hat und niemand seine Rolle aufgrund von Reichweite oder Image bekam. Und wahrscheinlich ist es eben jene Authentizität, die dafür gesorgt hat, dass Lucio, Juju oder auch Olexesh sich gegen viele große Schauspielkonkurrenten durchsetzen konnten.

Die literarische Vorlage stammt vom erfolgreichen Komiker und Podcaster Felix Lobrecht. Inwiefern glauben Sie, hat er dieser Geschichte zum Erfolg verholfen?
In erster Linie, indem er sie aufgeschrieben und erzählt hat. Er hat eine Geschichte geschaffen, in der sich viele repräsentiert und verstanden fühlen, für die bisher eher seltener gesprochen wurde. Und auch wenn der Leser nicht aus dieser Welt kommt, so wurde sie ihm so zugänglich gemacht, dass ein neues Verständnis für Zu- und Umstände entwickelt werden kann.

Lobrecht war am Drehbuch beteiligt, haben Sie mit ihm viel Zeit am Set verbringen können?
Am Set leider nicht, da Felix nicht die komplette Drehzeit am Set war und sich unsere Drehtage nicht überschnitten haben. Aber wir haben uns über die Zeit der finalen Fertigstellung des Films und die Promotour besser kennen und schätzen gelernt.

Sie machen Musik, haben in «Sonne und Beton» mitgewirkt. Was sind die nächsten Ziele?
Selbstverständlich weiter Gas geben! Was Musik angeht, habe ich mir als Ziel gesetzt meine diesjährige Tour, welche im November stattfindet, auszuverkaufen und meine Hörer konstant mit neuer Musik zu beliefern. Schauspielerisch würde ich sehr gerne weiter Fuß fassen und hoffe, dass sich durch den Film weitere Chancen ergeben, um mein Können unter Beweis zu stellen.

«Sonne und Beton» ist im Kino zu sehen und bald auch digital erhältlich.
21.03.2023 12:19 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/140859