Die Kritiker: «Tod am Rennsteig - Auge um Auge»

Am Donnerstag startet im Ersten eine neue Krimi-Reihe aus Thüringen. Lohnt sich das Einschalten?

Stab

Darsteller: Bernhard Conrad, Kristin Suckow, Anne-Kathrin Gummich, Berit Künnecke, Jing Xiang, Emilia Packard
Musik: Martin Tingvall
Kamera: Volker Tittel
Drehbuch: Jens Köster
Regie: Maris Pfeiffer
Ein ungleiches Ermittlerteam – das kann für eine Fernsehreihe Fluch oder Segen bedeuten. Im neuen Format «Tod am Rennsteig» trifft Annett Schuster (Kristin Suckow), eine Kriminalpsychologin mit rasanten Karriereambitionen, die die letzten Jahre an einer renommierten Akademie in den USA verbracht hat, nachdem ihr Thüringen zu piefig geworden war, auf den Ur-Thüringer Fallanalytiker Jan Kawig (Bernhard Conrad), der sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen kann, dass das Leben auch außerhalb Mitteldeutschlands weitergeht. Die beiden kennen sich bereits – so viel steht nach der spannungsgeladenen Begegnung am Tatort schon fest – und hätten einander wohl nicht unbedingt als Kollegen ausgesucht. Doch gemeinsam müssen sie nun einen Serienmörder jagen, nachdem mitten im Wald ein toter Richter in einem Kühlschrank gefunden wurde, der in der ganzen Region für seine harten Urteile bekannt war.

Während Annett Schuster nun akribisch Beweise sammelt und Hypothesen auswertet, um sich Stück für Stück ein stimmiges Gesamtbild über den möglichen Täter und seine psychischen Probleme zu erarbeiten, kann Fallanalytiker Kawig mit dieser streng methodischen Herangehensweise wenig anfangen. Sein Ansatz: freies Assoziieren, ungezwungenes Daherreden und In-Sich-Gehen. Die Lösung kommt dann schon von allein. „Sie werfen einfach Puzzleteile in die Luft und hoffen, dass daraus am Boden durch Zufall das richtige Bild entsteht“, schüttelt Schuster darüber den Kopf. Aber Kawig ist von seiner „Methode“ vollkommen überzeugt.

Nun ist die Welt weder schwarz noch weiß, und kaum eine Profilerin wird in der Realität so nüchtern, akribisch, wertfrei und gleichzeitig besessen arbeiten wie Annett Schuster, während es ebenso kaum einen Fallanalytiker wie Jan Kawig geben dürfte, der mit einer derart zielfreien Herangehensweise auch nur in die Nähe des Ziels kommt. «Tod am Rennsteig» macht es sich mit der Gegenüberstellung dieser zwei Extreme also ziemlich einfach, wodurch dieses Format von Anfang an ein massives Glaubwürdigkeitsproblem entwickelt, das es nie zufriedenstellend überwinden kann. Genauso einfach fällt dann auch die Lösung dieses Gegensatzes auf: Die Wahrheit – und die effektivste Methode bei der Tätersuche – liegt wie so oft in der Mitte, und nur gemeinsam kommen Bauchmensch Kawig und Kopfmensch Schuster ans Ziel und fassen den Mörder. Das ungleiche Ermittlerteam – ein Segen also?

Nein, ein Fluch – weil alles von Anfang an völlig offensichtlich ist. Zwar nicht, was der Täter mit seinen religiösen Ritualmorden und den überdimensionierten Kühlschränken bezwecken will, in denen er die Leichen seiner Opfer drapiert, aber das ist auch gar nicht so wichtig. Vielmehr fliegt der Schmu, mit dem diese Reihe ihre Zuschauer anziehen will, ziemlich schnell auf. Die Dynamik zwischen den beiden Ermittlern, um die sich hier alles dreht, ist von Anfang an durchschaubar und vorhersehbar, es gibt keine Überraschungen, Wendungen oder spannende, unerwartete Facetten. Kopfmensch gegen Bauchmensch, und schon ist die ganze Geschichte erzählt. Für die nächste Folge sollte sich «Tod am Rennsteig» also dringend ein paar neue Kniffe bei seinen Hauptfiguren einfallen lassen.

Die erste Folge von «Tod am Rennsteig», «Auge um Auge», wird am Donnerstag, den 9. März um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
09.03.2023 11:20 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/140739