Benedikt Frey: ‚Wir verfügen über 1.600 Channels‘

Der Manager des deutschsprachigen Raumes sieht sich mit seinen FAST-Channels perfekt aufgestellt. Ein paar neue Kanäle kann man sich noch vorstellen.

Hallo Herr Frey. Wir haben uns zuletzt vor einem halben Jahr über Ihr Angebot unterhalten. Wie ist Samsung TV Plus in den vergangenen sechs Monaten gewachsen?
Ich würde sagen, dass in den vergangenen sechs Monaten bei Samsung TV Plus sogar sehr viel passiert ist.

Im Sommer haben wir mit ZDF-Studios den Sender der Dokureihen «Terra X» gelauncht. Nur wenige Monate später, am 9. November, ging unser neuer Comedy Mix-Sender an den Start. Darauf können die TV Nutzer*innen von Samsung TV Plus Inhalte sehen, die es normalerweise nur hinter der Paywall gibt. Auf dem Comedy Mix-Kanal laufen NBCU-Sendungen wie «The Office», «30 Rock», «Unbreakable Kimmy Schmidt» oder «The Mindy Project». Mein persönliches Highlight ist das US-Remake von Ricky Gervais’ Workplace-Mockumentary «The Office».

Kurz vor Ende des Jahres 2022, genauer gesagt am 15. Dezember, brachten wir gemeinsam mit DAZN, der weltweit führenden Sport-Streaming-Plattform, den Sportkanal DAZN FAST+ auf den Weg. Dadurch ermöglichen wir den Nutzer*innen von Samsung TV Plus in Deutschland und Österreich ab sofort kostenlosen Zugang zu Live-Sportinhalten aus den europäischen Top-Fußball-Ligen sowie zu exklusiv produzierten Sendungen der UEFA Champions League. Wir zeigen auf DAZN FAST+ Live- Spiele aus der spanischen La Liga, italienischen Serie A und französischen Ligue 1. Gleichzeitig übertragen wir exklusive DAZN Originals und Dokumentation. Wir bieten also Unterhaltung für alle. Alle UEFA Champions League Wochen werden mit exklusiven Preview- und Highlight-Shows - mit allen Toren im Free TV - nur auf Samsung TV Plus und mit den besten Hosts von DAZN begleitet. Los ging es am 13. Februar um 18 Uhr!

Derzeit sind die sogenannten FAST-Kanäle, also Internetsender mit oder ohne Werbung, auf dem Vormarsch. Wird diese Möglichkeit noch unterschätzt?
Das Wort „unterschätzt“ würde ich in diesem Fall nicht benutzen. FAST ist in Europa noch ein recht neues Konzept, das nur von einer Handvoll Plattformen angeboten wird, wie bei Samsung TV Plus. Schaut man hingegen in Richtung USA, können wir davon ausgehen, dass wir auch in Europa ein ähnlich schnelles Wachstum erwarten dürfen. Bei Samsung TV Plus haben FAST-Channels allerdings die oberste Priorität. Wir positionieren uns als Premium-FAST-Anbieter. Dies zeigen wir mit den bereits erwähnten Kanälen sehr deutlich. Wir sind Vorreiter im deutschen FAST-Markt und europaweit bereits Marktführer. Laut aktuellen Studien suchen die Konsument*innen im Streaming- Angebot teilweise um die 30 Minuten, bis sie das gefunden haben, was sie sich ansehen wollen. Wenn man das auf die Woche hochrechnet, kommt einiges an Zeit zusammen, in der man sich bereits zurücklehnen und den TV-Content hätte genießen können. Bei dieser Suche landen die meisten Konsument*innen ohnehin wieder beim bevorzugten Genre.

Daher haben wir bei Samsung TV Plus sogenannte Owned-and-Operated Channels. Unsere Highlights sind der Doku-Kanal „Wilder Planet“, „Crime Mix“, „Entertainment Mix“, „Cine Mix“ mit sieben Free-TV-Premieren im vergangenen Jahr und Terra X, wofür wir den Content sowie die Namensrechte vom ZDF erhalten haben. Mit der Namensgebung wird deutlich, dass wir die Kanäle sehr inhaltsspezifisch auslegen, sodass den Konsument*innen sofort klar ist, welchen Content sie auf welchem Kanal erwarten. Und seit November 2022 ist eben noch der „Comedy Mix“ hinzugekommen – mit Inhalten von NBC Universal wie zum Beispiel «The Office» oder «30 Rock». Dieser Content war bislang nur auf Pay- Services zu sehen.

Joyn beendete seinen Sender PRIMETIME. Danach folgte endlich die Ankündigung, auch FAST-Channels zu betreiben.
In einer Sparte, die sich so schnell entwickelt wie der Streaming-Markt, wundert es mich nicht, dass Anbieter verschiedene Ansätze ausprobieren und ihre Strategie zwischendurch immer wieder überdenken und entsprechend anpassen. Einer der Gründe, weshalb Konsument*innen Streaming-Angebote so schätzen, ist deren breites und regelmäßig erneuertes Contentangebot. Dies hat den Vorteil, dass immer aktuelle Programme zur Verfügung stehen, aber im Umkehrschluss auch, dass die Verfügbarkeit oft nur zeitlich begrenzt ist. Für die Konsument*innen bringt das kaum bis gar keine Nachteile, sie haben glücklicherweise genug Auswahl an hochwertigen Streaming-Inhalten. Dafür sorgen nicht zuletzt wir mit Samsung TV Plus.

Weltweit sind neben Ihnen auch Roku und Pluto TV sehr stark. Inwieweit grenzen Sie sich von den Mitbewerbern ab?
Samsung ist international der führende Hersteller von Smart-TVs. Das ist ein einzigartiger Status, der uns gleichzeitig eine hervorragende Ausgangsposition bietet. Der Schritt in die Fernsehunterhaltung war also naheliegend. Wir haben den Vorteil, Entwicklungen in der Fernsehnutzung unmittelbar zu erkennen und können diese für die einzelnen Länder in Europa sowie global auswerten. Den Kanal Samsung TV Plus gibt es seit 2016. Wir verfügen mittlerweile über 1.600 Channels in 24 Ländern. In Deutschland sind es inzwischen über 100. Wir streben einen Wert von 120 bis 130 Kanälen an. Die Positionierung unseres FAST-Angebotes ist aufgrund unserer bestehenden Reichweite daher weniger vom Marktgeschehen beeinflusst als von dem Bemühen, unseren Nutzer*innen einen Mehrwert zu liefern.

Aktuell haben in Deutschland um die 10 Millionen Nutzer*innen einen Samsung Smart-TV und damit Zugriff auf das vorinstallierte Programm von Samsung TV Plus. Knapp 3,5 Millionen Zuschauer*innen nutzen diese App wie wir wissen auch regelmäßig. Bei Samsung TV Plus werden FAST, lineare und VOD-Erlebnisse vereint. Ganz allgemein werden FAST-Kanäle als einfach zu nutzend wahrgenommen. Sie ergänzen das bestehende Angebot an Streaming-Diensten, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen. In den vergangenen zwölf Monaten haben wir festgestellt, dass der Anteil von FAST in Deutschland um neun Prozent gestiegen ist. Die allgemeine monatliche Nutzungsdauer stieg sogar um knapp ein Viertel (19 %). Das liegt daran, dass Konsument*innen mittlerweile auch beim Entertainment aufs Budget achten, sich allerdings nicht mit schlechter Qualität zufriedengeben wollen.

Wir orientieren uns sehr stark bis ausschließlich am Nutzungsverhalten unserer Zuschauer*innen in den jeweiligen Ländern. Vor einigen Monaten haben wir die Studie „Die Entschlüsselung der Streaming Landschaft“ durchgeführt. Darin analysierten wir das Streamingverhalten der Samsung Smart-TV-Nuter*innen in den Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien. Unsere Erkenntnis ist, dass bereits im ersten Halbjahr 2022 nahezu drei Viertel (72 %) der Zuschauer*innen innerhalb des oben aufgeführten europäischen Samsung TV-Universums streamten. Dies entspricht einer Zunahme von 21 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021. 69 Prozent nutzen weiterhin lineares TV. Darüber hinaus wissen wir aus dieser Studie, dass Nutzer*innen durchschnittlich zwei Stunden pro Tag streamen. Bemerkenswert ist auch, dass auf unseren Smart-TVs der Anteil der AVOD (Advertising-Video-On-Demand)-Streamingdienste um fünf Prozentpunkte zunahm, während zeitgleich der Anteil der SVOD (Subscription-Video-On-Demand)- Dienste um die gleiche Zahl zurückging.

Abschließend kann man sagen, dass unsere Positionierungsstrategie auch auf einer regelmäßigen Kontrolle des Contents basiert. Wir unterziehen unsere Inhalte einer ständigen Überprüfung und führen kontinuierlich Check-ups durch. Es ist unser Ziel immer am Puls der Zeit zu sein. Für qualitativ hochwertige Programme entwickeln wir teilweise eigene Channels, wie die bereits erwähnten Owned-and Operated-Channels, die nach den Genres „Cine-Mix”, „Crime-Mix” und „Comedy-Mix”, geclustert werden. Ganz konkret sieht das so aus, dass wir Content erwerben, die Kanäle selbst kuratieren sowie die Programmplanung und das komplette Branding verantworten. Unser Ziel ist es, neue Inhalte anzubieten und uns nicht zu wiederholen. Deshalb kaufen wir auch keine kompletten Libraries, sondern betreiben gezieltes Cherry Picking. Wir nehmen uns einfach die Freiheit, nur das Beste auszusuchen. Mit „Cine Mix“ ist uns auf diese Weise ein echter Coup gelungen. Wir konnten in einem AVoD/FAST-Umfeld, das eigentlich für Non-Exklusivität steht, ganz gezielt Exklusivitäten schaffen.

NBC hat zuletzt einen Streamingsender für seine «Chicago»-Serien gestartet. Ist ein solcher FAST-Kanal sinnvoll, wenn Sendungen durchgehende Handlungen haben?
Ganz allgemein kann man sagen, dass der FAST-Markt noch relativ jung ist und man aus dem Nutzungsverhalten erst nach und nach Trends und Gewohnheiten ablesen kann. Daher ist gerade in dieser Phase noch sehr viel Raum für Testläufe. Manchmal geht es nicht anders als immer wieder auszuprobieren, was gut ankommt und was eben nicht.

Unsere Strategie bei Samsung TV Plus zielt darauf ab, Kanäle nach Genres zusammenzustellen. Wir konzentrieren uns auf Inhalte, die in sich abgeschlossen sind. Nichtsdestotrotz kann ich mir vorstellen, dass wir auch sogenannte “Single-IP”-Kanäle an den Start bringen werden. Gerade für intensives Binge-Watching an verregneten oder grauen Sonntag Nachmittagen super geeignet.

Im Dezember hat Pluto TV einen Vertrag über sämtliche «TV total»-Episoden abgeschlossen. Hätten Sie so einen Dauerbrenner auch gerne im Programm? Womit wollen Sie das Publikum überzeugen?
Wir haben von Banijay Rights unter anderem den Kanal “Star in Gefahr” in unser Programm aufgenommen, welcher in eine sehr ähnliche Richtung geht. Damit sind wir sehr glücklich, aber wie es andere Häuser oder Wettbewerber handhaben können und wollen wir nicht kommentieren.

Comedy im Allgemeinen kommt auch bei den Samsung TV Plus User*innen sehr gut an. Wir haben unseren eigenen Comedy Mix Kanal. Darauf zeigen wir unter anderem „The Office”, diesen NBCU Content konnte man bisher nur hinter der Bezahlschranke in Deutschland sehen. Wir versuchen uns jedoch nicht nur auf ein Genre zu fokussieren, sondern unseren Zuschauer*innen eine ausgewogene Mischung an Themen und Genres zur Verfügung zu stellen. Damit meine ich ganz bewusst Programme aus Top Studios und Medienhäusern, idealerweise mit einem hohen Wiedererkennungswert.

Sie haben jetzt mit DAZN Geschäfte gemacht und starten einen linearen Fernsehsender mit Live-Spielen. Eigentlich sind Sie inzwischen ein normaler Fernsehsender wie ProSieben?

Samsung TV Plus ist ein FAST Service, also eine Plattform, über die verschiedene Inhalte kostenfrei gestreamt werden können. Wir haben derzeit über 100 verschiedene Kanäle. Mit dem linearen Fernsehen verbindet uns, dass wir ebenfalls Programme kuratieren und es unter anderem eine lineare UX gibt. Allerdings sind anders als bei ProSieben und ähnlichen Sendern unsere Kanäle eher nach Themen organisiert. Das heißt, wir zeigen nicht um 18 Uhr eine Nachrichtensendung und zur Prime-Time den Abendfilm. Stattdessen haben wir einen eigenen Kanal für Nachrichten im Programm und einen Kanal für Blockbuster. Dadurch können Nutzer*innen zu jeder Tageszeit die Art von Inhalten wählen, die ihnen genau in diesem Augenblick zusagt. Zusätzlich müssen sie sich nicht, wie das auf vielen SVOD-Services üblich ist, aus einer umfangreichen Liste, beinahe einem Überangebot, einen Film aussuchen. Bei Samsung TV Plus kann man in den “Lean-Back Modus” umschalten, sich zurücklehnen und das von uns kuratierte Programm ansehen.

Und wie kommen die Werbesports zu Ihnen? Geht das vollautomatisch oder haben Sie eine Sales-Abteilung, die noch regelmäßig mit Agenturen telefoniert?
Die Monetarisierung erfolgt über Ads, die von unserem In-house-Vermarkter Samsung Ads eingespielt werden. Die Ads können auf Samsung TV Plus geschaltet werden, als Stand-alone oder zum Aufbau inkrementeller Reichweiten bei klassisch-linearen Kampagnen oder im Marketing-Mix. Samsung Ads hat mittlerweile Niederlassungen in Düsseldorf und München und beschäftigt 11 Mitarbeiter*innen.

Spüren Sie seit ein paar Wochen Veränderungen im Markt, seitdem Disney+ und Netflix mit Werbung verfügbar sind?
Nein, wir haben noch keine große Veränderung festgestellt. Wir begrüßen aber generell die steigende Verbreitung von FAST-Kanälen und auch, dass viele Marktteilnehmer mit uns zusammenarbeiten möchten. Auch wenn das Nutzerverhalten sich mehr und mehr auf das Streaming verlagert, müssen wir bedenken, dass wir uns in einer Wirtschaftslage befinden, in der viele Haushalte überlegen müssen, wie und wodurch sie Kosten einsparen können. Daher gehe ich davon aus, dass viele Nutzer*innen eine größere Auswahl an kostenfreien Inhalten zu schätzen wissen. Das bestätigten uns auch Zahlen und Erkenntnisse aus der Marktforschung rund um Samsung TV Plus.

Vielen Dank für Ihre Zeit!
14.02.2023 13:10 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/140174