Die Kritiker: «Tatort - Lenas Tante»

Lenas Tante kommt zu Besuch nach Ludwigshafen - gerade als in einem Krematorium etwas Ungeheuerliches passiert.

Stab

Darsteller: Ulrike Folkerts, Lisa Bitter, Ursula Werner, Dieter Schaad, Rüdiger Vogler, Maja Zeco
Musik: Manouk Roussyalian
Kamera: Michael Merkel
Drehbuch: Stefan Dähnert
Regie: Tom Lass
Es ist wohl der Albtraum jedes Krematoriumbetreibers. Gerade, als der Sarg mit dem Verstorbenen in Flammen aufgehen soll, hebt sich der Deckel und die Hand eines alten Mannes kommt zum Vorschein und fuchtelt in der Luft herum. In Panik drückt der Mitarbeiter auf den roten Knopf. Doch für den zunächst Totgeglaubten kommt jede Hilfe zu spät.

Wer hat Schuld? Auf jeden Fall der junge überforderte Arzt, der den Totenschein ausgestellt und sich dabei offensichtlich nicht genug Mühe gegeben hat. Gegen den muss Johanna Stern (Lisa Bitter) jetzt ermitteln, auch wenn sie sich ihm im Privaten annähert.

Und wer noch? Irgendjemand hat dem alten Mann im Pflegeheim Substanzen gespritzt, die ihn um ein Haar wirklich getötet hätten. Aber wer räumt schon einen betagten Greis aus dem Weg? Ging es um Geld – oder doch eher um die verschwörungstheoretischen Ansichten, die das Mordopfer mit seinem rechtsradikalen Sohn teilte, und das, was an dieser Stelle dahintersteckt?

Zufällig ist gerade Lenas Tante Niki (Ursula Werner) zu Besuch in der Stadt und bringt ein wenig Feuer in die Ermittlungen – denn Niki war früher selbst Kommissarin, und ihre Verrentung ist eher ein Unruhestand als ein ruhiger Lebensabend. Lenas Kollegen sind jedenfalls hin und weg von Nikis Anekdoten aus ihrer Zeit als Nazi-Jägerin, die schon vor Jahrzehnten die Schuldigen vor Gericht bringen wollte. Nur selten hatte sie Erfolg, und mittlerweile sind die SS-Wachmannschaften so alt wie der Tote aus dem Krematorium – und Niki vielleicht nicht nur gerade in Ludwigshafen, um ihre Nichte zu besuchen. Gut, dass auch Lena und Johanna Stern nicht an Zufälle glauben.

„Lenas Tante“ macht ein wenig mehr aus diesem Stoff als die üblichen «Tatorte» und entscheidet sich dagegen, allzu viele moralische Fragen aufzuwerfen, und räumt stattdessen lieber einmal tüchtig auf mit allem, was faul ist an den alten Nazi-Verbrechern. Das reicht für einen spannenden Krimi, ist aber vermutlich nicht komplex genug, um der Idee hinter diesem Film vollends gerecht zu werden, auch wenn sich viele überzeugende Momente finden lassen. Das Zusammenspiel von Ursula Werner und Ulrike Folkerts fällt dabei besonders positiv auf, sodass man sich wünscht, Niki Odenthal würde am Ende des Films nicht auf Nimmerwiedersehen in den Zug in die Heimat steigen, sondern hin und wieder einen Abstecher nach Rheinland-Pfalz machen – und auch die nächsten Jahre den Ruhestand bloß nicht zu ruhig angehen lassen.

Der Film «Tatort – Lenas Tante» ist am Sonntag, den 22. Januar im Ersten zu sehen.
21.01.2023 11:20 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/139689