Der schwere Weg von DC

«Batgirl» wurde zur Chefsache, aber genau solche Entscheidungen bereiten der Zukunft der Comic-Marke große Probleme. Man möchte gerne von Marvel lernen, ohne Führung aus der Hand zu geben.

Anfang August 2022 ließ der Warner-Bros.-Discovery-Vorstandsvorsitzende David Zaslav die Katze aus dem Sack: Der Spielfilm «Batgirl» wird nicht veröffentlicht, sondern wird für immer in den Wasserturm auf dem Studiogelände in Burbank eingeschlossen. Eine spätere Auswertung oder ein Verkauf ist nicht vorgesehen, teilte das Unternehmen mit. Die investierten Millionen an Budget werden als Steuerabschreibungen genutzt. Diese Maßnahmen seien zwar bei allen Unternehmen gängig, doch die Kreativen der Vereinigten Staaten von Amerika waren entsetzt.

Schließlich hatte der Chef des Unternehmens das Machtwort gesprochen und nicht etwa einer der vielen Verantwortlichen, die bei Warner Bros. Discovery Mitspracherecht haben. Da wäre zum Beispiel HBO- und HBO-Max-Chef Casey Bloys oder der Vorsitzende von Warner Bros. Television, Channing Dungey, die ebenfalls in «Batgirl» involviert waren. Einige Insider wissen: Der Spielfilm wurde nie für die große Bühne konzipiert, man merkt dem Streifen an, dass er ein geringes Budget hat. Die Testvorführungen fielen verhalten bis schlecht aus und eine deutliche Aufwertung würde viele Millionen Kosten. Mit Sicherheit erinnert man sich noch an den zweiten «Wonder Woman»-Spielfilm zurück, der eine missratene Geschichte hatte und Spezialeffekte, die an die 90er Jahre erinnerten.

Im Hause Warner Bros. versucht man die Wogen zu glätten und Hauptdarstellerin Leslie Grace in anderen DC-Spielfilmen auftreten lassen. Die bittere Nachricht ist allerdings, dass derzeit sämtliche Comic-Adaptionen auf Eis liegen. Nur der zweite «Joker»-Spielfilm, der ohnehin als Musical geplant ist, hat derzeit grünes Licht. Regisseur Todd Philipps und Hauptdarsteller Joaquin Phoenix werden eine Gage von jeweils 20 Millionen Euro erhalten, die neue Hauptdarstellerin Lady Gaga darf sich über die Hälfte freuen. Warner Bros. ist nur so spendabel, weil der Spielfilm im Jahr 2019 1,07 Milliarden US-Dollar einstrich und zum Überraschungserfolg wurde. Mit «Joker: Folie à Deux» rechnet man mit 150 Millionen US-Dollar an Kosten.

Aber die übrigen Produktionen sind noch nicht genehmigt. Zwar spielte «The Batman» 770 Millionen US-Dollar während der Corona-Pandemie ein, aber ein zweiter Film wartet noch auf positive Nachrichten vom Studio. Drehbuchautor und Regisseur Matt Reeves plant schon eine Fortsetzung mit Hauptdarsteller Robert Pattinson. Es würde also noch Jahre dauern, wenn die Verantwortlichen den Startschuss geben. Ähnlich verhält es sich mit weiteren Comic-Adaptionen wie «Wonder Woman 3», einem neuen «Superman», «Zatanna» und «Static Shock», die derzeit zumindest in Entwicklung sind.

Der frühere WarnerMedia-Chef Jason Kilar wollte HBO Max pushen, indem auch Superhelden direkt bei dem Warner-Streamingdienst laufen. Doch davon will der neue Chef David Zaslav nichts wissen. Vor allem weil Disney erneut ein Vorreiter ist: Obwohl Disney zahlreiche Spielfilme teilweise schon nach sechs Wochen auf seinem Streamingdienst kostenfrei zur Verfügung stellt, werden viele hunderte Millionen erwirtschaftet. Der Pixar-Spielfilm «Lightyear» spielte 224 Millionen US-Dollar ein, «Doctor Strange in the Multiverse of Madness» kam auf 950 Millionen US-Dollar Umsatz. Warner Bros. musste also lernen, dass man trotz kurzer Kinoauswertung ein Vermögen verdienen kann.

Die bereits erwähnten DC-Projekte werden noch lange Zeit auf Eis legen, denn Warner-Bros.-Discovery-Chef David Zaslav gab ja bekanntlich zu, dass man Disney noch an einer weiteren Stelle kopieren möchte. Das Unternehmen sucht aktuell ein DC-Mastermind, wie es Kevin Feige bei Marvel ist. Doch diesen Posten zu besetzen, ist durchaus knifflig. Ein Kandidat wäre Greg Berlanti, der bei The CW gerade am Beenden sämtlicher Arrowverse-Serien ist. Aktuell könnte man fast von Glück reden, dass ein kompletter Neustart im Film- und Serienbereich möglich wäre. Doch Berlanti brach laut Insidern nicht gerade in Freudensprünge aus, schließlich müsste er seine Produktionsfirma verlassen und zu Warner Bros. wechseln.

Das Marvel-Universum zu kopieren, wird ein schwieriges Unterfangen. Disney wurde vor drei Jahren kritisiert, dass man Marvel Television schloss und sämtliche Verantwortung in die Hände von Kevin Feige gab. Bei Disney hat Feige Narrenfreiheit und verantwortet jedes Detail in Sachen Kinofilme und Fernsehserien. Ob HBO-Chef Casey Bloys, Warner Bros. Television-Chef Channing Dungey und Warner-Bros.-Pictures-Verantwortliche Michael De Luca und Pamela Abdy sämtliche Verantwortung aus der Hand geben wollen? Auch DC-Chef Walter Hamada, seit 2018 im Amt, bekommt nicht die Rückdeckung von David Zaslav.

Selbst wenn Hamada dem Unternehmen erhalten bleibt, wird der Chef von Warner Bros. Discovery das Unternehmen massiv umbauen und ein eigenes DC-Universum bauen. Derzeit entwickelt HBO Max zahlreiche Serien wie einen «The Batman»-Spin-off als Colin Farrells Pinguin, die zweite Staffel von «Peacemaker». Greg Berlanti arbeitet derzeit noch an einer eigenen «Green Latern»-Serie – kann sich die Serie in dieses neue Universum einfügen? Doch wenn David Zaslav einen Kopf für die neue Comic-Sparte bei Warner findet, wird er sich selbst entmachten müssen. Keiner der Branche ist derzeit bereit, sich die kreativen Entscheidungen von Zaslav nehmen lassen. Dann müsste der WBD-Chef akzeptieren, dass man beispielsweise «Batgirl» bei HBO Max erscheinen lässt.
26.08.2022 11:53 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/136431