«Prey» - Der Predator zum 5. Mal auf Beutejagd

Der Disney-Konzern wollte das Prequel nicht in die Kinos schicken, weshalb es in den Vereinigten Staaten von Amerika nur bei Hulu startete. Ist der Disney+-Film nicht gut?

Arnold Schwarzenegger war der erste, der 1987 gegen den «Predator» antrat und ihn schließlich bezwingen konnte. Seitdem genießt der Headhunter aus dem All Kultstatus und kehrt alle Jahre wieder auf die Leinwand zurück. In «Predator 2» (1990) war es Danny Glover («Lethal Weapon»), der den Außerirdischen aus Los Angeles verjagen musste, in «Predators» (2010) wurde Adrien Brody («Der Pianist») auf einen fremden Planeten als Jagdbeute verschleppt, zuletzt nahm es in «Predator – Upgrade» wieder eine Militäreinheit mit dem Monster auf. Dass es zwischendurch noch zwei zweifelhafte «Predator vs. Alien»-Filme gab, wird mittlerweile von allen gern unter den Tisch gekehrt. Nun geht’s aber trotzdem weiter, allerdings ist die Story erstmals in der Vergangenheit angesiedelt, und mit «Prey» (Beute) gibt es sogar einen abweichenden Titel zu «Predator» (Raubtier). Die fatalste Neuerung ist jedoch, dass der 5. Teil nicht ins Kino kommt, sondern gleich auf der Streaming-Plattform Disney+ verramscht wird. Bedauerlich, handelt es sich doch bei «Prey» um den bisher originellsten Film der «Predator»-Serie.

Mit Pfeil und Bogen gegen hochtechnisierte Waffen
Im 17. Jahrhundert landet auf dem amerikanischen Kontinent ein Raumschiff mit einem ‚Predator’ an Bord. Diese Spezies hat es darauf abgesehen, Kreaturen auf anderen Planeten zu jagen und zu töten. Ein Spiel ums Kräftemessen, und der Kopf samt Wirbelsäule ist stets die verdiente Trophäe eines Predators. Bei den Ureinwohnern Amerikas wahrscheinlich ein leichtes Spiel, bedienen sie sich noch primitiver Waffen, während der Predator über ein hochtechnisiertes Equipment für die Jagd verfügt. Auch das Commanchen-Mädchen Naru (Amber Midthunder) nutzt das Beil gekonnt zur Verteidigung und für die Jagd auf Büffel. Die Herde wurde jedoch bestialisch abgeschlachtet - nicht vom Predator, sondern von europäischen Einoberer, die keinen Respekt vor der Natur haben. Naru und ihr Bruder Taabe (Dakota Beavers) haben es also plötzlich mit zwei Gegnern zu tun, und wer der schlimmere ist, stellt sich schnell heraus.

In der Reduktion liegt die Größe
Besonders der Schwarzenegger-«Predator» war noch ein echter Männerfilm mit übermäßiger Muskelmasse und kernigen Sprüchen. Mit dem letzten Teil «Predator – Upgrade» wollte man daran anknüpfen, was weniger gut ankam, weil das auch schon vor vier Jahren nicht mehr zeitgemäß war, sondern eher lächerlich wirkte. Regisseur Dan Trachtenberg («10 Cloverfield Lane») geht nun einen ganz anderen Weg und realisierte eine Art Prequel, zurück in eine Zeit, als selbst Europäer nur umständliche Feuerwaffen besaßen. Eine solche wird übrigens Danny Glover in «Predator 2» von einem der rasterlockigen Aliens überreicht, woran «Prey» nun ansetzt. Allein daraus ergibt sich diesmal ein erstaunlich spannender Plot, der stringent aufgebaut ist. Denn auf dem ersten Blick scheinen die noch rückständigen Menschen, der schon mit Laser- und Tarntechnik ausgestatteten Kampfmaschine aus einer anderen Galaxie hilflos ausgeliefert zu sein. Mit Einfallsreichtum und ausgeklügelter Kampfkunst ebnet sich der einfache Mensch jedoch Wege, zu entkommen und sich zu wehren. Das ist so viel genialer als alle Schießereien und Explosionen in den bisherigen „Predator“-Filmen zusammen. Allenfalls die einfältigen Einwanderer aus Europa lassen sich durch ihr Waffenarsenal mit einer Militäreinheit vergleichen, werden hier aber so widerlich dargestellt, dass man kaum Mitleid empfindet, wenn sie einer nach dem anderen vom Predator abgemurkst werden. Die Ureinwohner indes gehen als bedächtiges Naturvolk durch, was unsere Sympathie verdient und natürlich bedeutend zeitgemäßer ist als Kerle in Tarnanzüge wie zur Reagan-Ära mit Schwarzenegger als Aushängeschild.



Kein großes Kino, dafür kleine Glotze
Da «Prey» fast ausschließlich auf freier Wildbahn spielt, entfalten sich auf der Leinwand eindrucksvolle Landschaften, gedreht in der kanadischen Provinz Alberta. Allerdings nur, wenn «Prey» auch im Kino laufen würde, was aber nicht der Fall ist. Das ist extrem bedauerlich und eigentlich auch nicht nachvollziehbar, zumal es sich um die Fortführung eines der erfolgreichen Franchise geht, das jedoch einst von 20th Century Fox am Leben erhalten wurde. Seit das Studio 2019 jedoch von der Walt Disney Company einverleibt wurde, weiß der Micky-Maus-Konzern mit manchen übernommenen Filmmarken nichts anzufangen. «Predator» in Einem Atemzug mit Disney auszusprechen, fällt dabei besonders schwer. Ja, das beißt sich sogar, denn eine familiengerechte Version bekommen wir mit «Prey» garantiert nicht vorgesetzt. Wie in allen bisherigen Filmen geht es auch in «Prey» brutal zur Sache. Da fliegen Eingeweide, spritzt das Blut, und Gliedmaßen werden kontinuierlich abgehakt. Manchen sind diese brachialen Auswüchse gewiss zu viel, hartgesottene Horror-Fans indes haben genau solche Erwartungen - aber auch die lassen sich den Schrecken lieber im Kino einjagen als zu Hause an der Glotze.

Fazit: Der 5. Teil der «Predator»-Reihe überrascht mit stringenter Handlung, eindringlichem Spannungsaufbau und großartigen Naturkulissen. Großes Kino, nur leider hat sich Disney eine andere Auswertungsstrategie ausgedacht.

«Prey» ist bei Disney+ verfügbar.
10.08.2022 11:38 Uhr  •  Markus Tschiedert Kurz-URL: qmde.de/136156