Marie Leuenberger: ‚Hätte mir etwas mehr Schweizer Gelassenheit gewünscht‘

Die Schauspielerin und Regisseurin kommt aus der Schweiz und hat sich die Pandemie-Entwicklung angeschaut. Nach dem Lockdown entstanden neue Filme, die ab Donnerstag zu sehen sind.

Am 27. März fand die Oscar-Verleihung in Los Angeles statt. Haben Sie alle ‚Beste Film‘-Nominierungen gesehen? Welcher hat Ihnen am meisten gefallen?
Ich habe bisher erst «Don‘t Look up» und «The Power of the dog» gesehen. Letzterer hat mir mehr gefallen, er hat wunderschöne Bilder und sehr tolle Darsteller und ich bin der Geschichte sehr gerne gefolgt. «Belfast» würde ich mir gerne noch anschauen. Aber im Moment komme ich leider zu selten ins Kino, das wird sich demnächst ändern, ich liebe nämlich Kino!!!

Für «Hunkeler – Die Augen des Ödipus» gewannen Sie den Schweizer Fernsehfilmpreis, für «Die Standesbeamtin» und «Die göttliche Ordnung» erhielten Sie den Schweizer Filmpreis. Herzlichen Glückwunsch! Wo bewahren Sie diese Preise auf?
Mein letzter Preis, den ich 2020 für «Bis wir tot sind oder frei» bekommen habe in Tallinn am Black Nights Film Festival steht neben meinem Bett. Er bedeutet mir was, da ich den Film so schätze und so stolz bin auf uns alle. Die anderen Preise stehen tatsächlich im Gästeklo nebeneinander aufgereiht.

Für «Ein Krimi aus Passau» gab es bislang keinen Preis. Allerdings recht hohe Quoten. 5,6 Millionen Zuschauer verfolgten die Filme „Freund oder Feind“ und „Die Donau ist tief“. Sind Sie über die hohen Quoten glücklich?
Die hohen Quoten bedeuteten erst mal, dass es möglich war, dass wir Teil drei und vier drehen durften. Das war natürlich großartig! Und jetzt hoffen wir auf wieder gute Quoten bei den Ausstrahlungen am 31. März und 7. April im Ersten. Den 5. Teil Passau Krimi drehen wir ja gerade…

Ist es klug, dass Sie als in Passau lebende Berliner Polizistin wieder aktiv ermitteln? Worum geht es in den zwei neuen Fällen?
In Teil drei findet eine Versöhnung statt zwischen dem dubiosen Privatdetektiven Zankl und der Berliner Exkommissarin Frederike. Gemeinsam lösen Sie einen Mordfall mit und konventionellen Mitteln, unterhalb des Polizei Radars. In Teil vier holt sie die Vergangenheit wieder ein und sie müssen beide um ihr Leben fürchten…

Das Erste hat schon einen neue «Ein Krimi aus Passau»-Folge bestellt. Wie lange wird eine solche Folge gedreht?
Für einen 90-minütigen Fernsehfilm haben wir 21 Drehtage, die in und um München und in Passau stattfinden.

Sie gehören auch dem Ensemble der Reihe «Neben der Spur» an. Gibt es schon Pläne für die Fortführung der Reihe?

Die Reihe «Neben der Spur» ist nun leider zu Ende, da die Vorlagen dafür Thriller des Autors Michael Robothams sind, und die haben wir alle bereits verfilmt.

Sie spielten in zahlreichen Hauptrollen. Welche Film- oder Serie ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Großartig war die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Oliver Rihs, mit dem ich die Highend-Thriller Serie «Blackout» gemacht habe und davor den Film «Bis wir tot sind oder frei», der nun am 31. März in die deutschen Kinos kommt. Es ist nach einer wahren Geschichte aus den 80ern: Es geht um den Ausbrecherkönig Walter Stürm, der acht Mal aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, und um seine Anwältin Barbara Hug, die seine Popularität nutzt um auf die Ungerechtigkeiten des Schweizer Strafsystems hinzuweisen. Es ist eine hochexplosive emotionale Liebesgeschichte, wie man sie noch nie gesehen hat…

Da Sie sowohl die deutsche Staatsangehörigkeit als auch das schweizerische Bürgerrecht haben, sind Sie in beiden Ländern zu Hause. Haben Sie sich gewundert, dass in der Pandemie beide Länder völlig unterschiedlich auf die Pandemie reagierten?
Es war spannend zu beobachten, wie unterschiedlich die beiden Länder mit der Pandemie umgegangen sind. Ich hätte mir für Deutschland etwas mehr Schweizer Gelassenheit im Umgang mit den Maßnahmen gewünscht.

Sie haben zwei Kinder und diese waren entsprechend jung in der Corona-Zeit. Wie konnten Sie Beruf und Privatleben miteinander kombinieren.
Der erste Lockdown war eine wohltuende Vollbremsung. Ich habe die viele freie Zeit mit den Kindern sehr genossen. Und Ich war unendlich froh, dass die Filmbranche im Herbst 2020 weiter arbeiten konnte, im Gegensatz zu anderen Kulturbereichen. Natürlich war eine Zurückhaltung in der Projektumsetzung spürbar, aber ich habe versucht das Ganze als Atempause zu sehen. Wenn die Maschine wieder rollt, dann rollt sie, und dann sehnt man sich wieder nach Verschnaufpausen.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksysteme stehen derzeit unter immensen Druck…
Vor ein paar Jahren war ich noch nicht einverstanden, so „viel“ GEZ-Gebühren monatlich zahlen zu müssen. Erst durch die Abstimmung in der Schweiz 2018 über den Rundfunkbeitrag wurde mir bewusst, wofür ich GEZ-Gebühren bezahle und wie wichtig es ist eine unabhängige und breit gestreute Medienlandschaft genießen zu dürfen. Seither bezahle ich liebend gerne meinen Beitrag 😉. Und gerade in Zeiten wie diesen muss auch dem Hinterletzten klar sein, wie wichtig unabhängige, öffentlich-rechtliche Medienanstalten sind! Danke!

Vielen Dank für das Gespräch!

«Zu Jung zu sterben. Ein Krimi aus Passau» ist am 31. März um 20.15 Uhr und «Der Fluss ist sein Grab. Ein Krimi aus Passau» am 7. April um 20.15 Uhr jeweils im Ersten zu sehen.
29.03.2022 12:29 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/133309