«In aller Freundschaft»: Besser als der Ruf

Die Serie aus Leipzig schlägt derzeit die private Konkurrenz. Nicht nur in Sachen Einschaltquoten, sondern auch bei der inhaltlichen Relevanz. Da ist man besonders beim MDR stolz.

Im kommenden Jahr feiert die Fernsehserie «In aller Freundschaft» ihre 1.000 Episode und im Jahr 2023 steht das 25-jährige Jubiläum an. Das Format ist seit Jahren fester Bestandteil des Dienstagabends im Ersten. Die 24. Staffel wird seit Ende September vergangenen Jahres produziert, seit Mitte März 2021 werden die neuen Abenteuer – wie immer – dienstags um 21.05 Uhr ausgestrahlt. Seit wenigen Wochen laufen die neuen Dreharbeiten, die die Folgen 964 bis 1005 umfassen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Formaten schlägt sich die Serie am Dienstagabend sehr wacker. Während viele fiktionale Formate im Privatfernsehen mit massiven Zuschauerrückgängen zu kämpften hatten, hielt die Produktion aus Sachsen ihre Werte. Im zweiten Quartal schalteten 4,84 Millionen Fernsehzuschauer ein, dies bedeutete einen Marktanteil von 15,9 Prozent. Bei den jungen Menschen saßen 0,53 Millionen vor dem Fernseher, der Marktanteil belief sich auf 6,5 Prozent. Auffällig hierbei ist, wie auch bei anderen Formaten, dass mit den Corona-Schnelltests und -Impfungen die Reichweiten zwischen 2019 und 2021 leicht sanken. Die Marktanteile schwankten allerdings nur um wenige Zehntel, weshalb die Marktbewegung nicht ausschlaggebend sei.

«In aller Freundschaft» ist eine der wenigen Serien abseits des Krimi-Spektrums, die wirklich gut funktioniert. Die Serie grenzt sich von dem Pandemie-Gewinner «Die Rosenheim-Cops» ab, die bayrische Tradition mit dem Behördenalltag verbindet. Während der Mord in der bayrischen Kulisse und um Rosenheim ein nettes Beiwerk ist, ist die Sachsenklinik ohne medizinische Notfälle unabdingbar.

Hier wäre beispielsweise Dr. Roland Heilmann (Thomas Rühmann) zu nennen, der sich zwar um seine Kollegen und Fälle kümmert, aber dadurch seine Verlobte Katja Brückner (Julia Jäger) ständig enttäuscht und dies schlussendlich zur Trennung führt. Mai Duong Kieu hat vietnamesische Wurzeln und verkörpert die Ärztin Dr. Lilly Phan, deren Kultur nachgesagt wird, viel und hart zu arbeiten. Als sie die Tochter eines Kollegen betreut, unterläuft ihr ein Fehler. Die Konsequenz: Das Aus ihres Flirts mit Kris (Jascha Kurst).

Und Udo Schenk? Der kümmerte sich in seiner Rolle des Dr. Rolf Kaminski um die ehemalige Ärztin Vera Bader, die an schwerer Demenz erkrankte. Sie litt nicht, Kaminski dagegen schon. Er hadert mit seiner Arbeit an der Sachsenklinik. Zuletzt wurde ein Patient eingeliefert, der an Übergewicht litt und deshalb Watte aß. Klar ist: «In aller Freundschaft» ist kein neues «Emergency Room», aber die Autoren fassen Probleme aus dem Leben auf – und das gefällt den Fernsehzuschauern. In den meisten Fällen gibt es auch noch ein Happy End, damit der Zuschauer in der kommenden Woche auch wieder einschaltet.

Apropos «Emergency Room»: Die Sachsenklinik nutzt ein Stilmittel der Serie, denn neben ein bis zwei Fällen pro Woche, werden private Probleme über zahlreiche Episoden gespannt. Diese Leistung der Autoren sorgt dafür, dass der Zuschauer wöchentlich gebunden wird und der große Cast führt dazu, dass die Laufzeit von 40 Minuten äußerst kurz erscheint.

Die Autoren von «In aller Freundschaft» haben zahlreiche Kunststückchen eingebaut, um die Fernsehzuschauer zu binden. Um neue Fans zu finden, nutzt man das beliebte Stilmittel der langlebigen Serien: Man baut einen Cast auf und wechselt diesen kontinuierlich durch. Im Corona-Jahr stießen Mai Duong Kieu als Neurochirurgin und Isabell Gerschke als Fachärztin der Gynäkologie und Pädiatrie hinzu, Pfleger Kris ist seit einigen Jahren als Auszubildender an Bord. Sein erfolgreicher Abschluss ist auch ein gutes Gefühl für die Fernsehzuschauer, die seinen steinigen Weg über Jahre begleitet haben.

Gleichzeitig verlassen auch einige Akteure die Klinik. Dr. Lea Peters übernimmt eine Chefarztstelle in München, Michael Trischan als Dr. Hans-Peter Brenner wird Praxisleiter auf Dr. Sylvia Jessels Demenzbauernhof. Hierdurch lassen sich die Macher aber auch wieder ein Hintertürchen offen. Denn: Gaststars funktionieren in Serien meist hervorragend.

Sollten die Macher der Sachsenklinik auch ihren derzeitigen Kurs weiterfahren, könnte «In aller Freundschaft» noch locker den 30. Geburtstag feiern. Die Serie widersetzt sich erfolgreich dem Trend zum Streaming und schafft mal wieder einen Achtungserfolg gegen die privaten Programme, die zur selben Zeit laufen.
16.11.2021 11:32 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/130679