Markus Söder und sein ‚Team Vorsicht‘

Die Zahl der an aktiv Corona erkrankten Menschen steigt an. 250.000 Menschen sind aktuell in Deutschland erkrankt. Was macht CSU-Chef Söder? Er schiebt die Schuld auf die Bevölkerung.

Bereits seit Monaten ist die derzeit geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel nicht mehr wirklich im Politikbetrieb tätig. Bei der Afghanistan-Krise Ende August war sie lieber auf einer Premiere eines Films anwesend, statt sich um Menschenleben zu kümmern. Im Wahlkampf hörte man die Kanzlerin kaum, die auch derzeit in der vierten Corona-Welle fast still ist. Markus Söder, Mitglied im „Team Vorsicht“, hat sich in den vergangenen Wochen neue Verbündete gesucht – und mit Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn gefunden.

Söder, der aus Wahlkampf-Gründen im September schon Lockerungen wie das Öffnen der Diskotheken in den Raum stellte, stattete seinem „Heimatsender“ Bayerischen Rundfunk am Mittwoch wieder einen Besuch ab. Rund sechs Minuten durfte der Bayerische Ministerpräsident seine Meinung in der «Rundschau» mitteilen. Der Nürnberger empfahl die Impfungen: „Dort, wo die Infektionen am höchsten sind, sind die Impfungen am niedrigsten.“ Moderator Stefan Scheider ging mit Söder allerdings wenig hart ins Gericht.

Scheider wollte wissen, warum man sich in einer Situation wie vor einem Jahr befände. Söder gibt allerdings nicht seiner verkorksten Corona-Politik die Schuld, sondern sucht die Schuld beim Bürger. „Es liegt an den Menschen, der Staat kann Corona nicht allein verhindern“, so der Ministerpräsident, der sich tatsächlich die Frage gefallen lassen muss, warum Bayern so hohe Corona-Fälle hat. Im Wahlkampf hat die CSU noch mit Öffnungen von Diskotheken geworben. Ob diese in vier Wochen noch offen sind, sehen selbst die Gastronomen skeptisch.

„Wir brauchen auch eine Kampagne für die Booster-Impfung“, stellte Söder klar. Doch in diversen Medien wird die Regierung Söder stark bemängelt, da Söders Team die Schließung der Impfzentren beschloss, obwohl die Impfung der zunächst Jugendlichen und nun Kinder vor der Tür stand. Mit seinem „Upgrade“, wie Söder es nennt, wird man zum Wochenende auch wieder zur FFP2-Maskenpflicht zurückkehren. Die Statistiken zeigten: Das Werkzeug der Corona-Bekämpfung war wirkungslos. Doch der Nürnberger darf erneut für seine harte Strategie werben. Nicht vergessen: Seine Ausgangssperre wurde von der Judikative als unverhältnismäßig deklariert. Direkter Widerspruch beim BR? Ausgeschlossen. Scheider sei ja auch kein Armin Wolf (ORF).

Die Zahlen der Pandemie sind erst so stark gefallen als kostenlose Schnelltests eingeführt wurden. Doch sowohl die kostenfreien Schnelltests wie auch die umfangreichern PCR-Tests übernimmt nicht mehr das Land respektive der Bund, da die Ministerpräsidenten eine Impfpflicht durch die Hintertür einführen wollten. Die Impf-Quote stieg nur spärlich, dafür sind aktuell 250.000 Menschen an Corona infiziert. Die Impf-Notlösungen in Städten sind hoffnungslos überfüllt, das zeigen die Berichte mehrere Lokalzeitungen.

Auf einen ähnlichen Kuschelkurs ging auch Caren Miosga in den «Tagesthemen». Den frisch gebackenen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen Hendrik Wüst (CDU) fragte sie nicht etwa, ob die Politik angesichts von Impf-Wirksamkeiten von 70 bis 95 Prozent naiv sei, Massenveranstaltungen zu erlauben, sondern ob nicht für einzelne Berufsgruppen eine Pflichtimpfung denkbar sei. Wüst selbst glaubt an eine Herdenimmunität durchs Impfen, die Forscher schon längst widerlegt haben.

Die deutsche Politik fährt immer noch auf Kurs – und die Medien spielen dieses Spiel sogar mit. Beim Bayerischen Rundfunk scheut man den Konflikt, in der Politik ist man schon seit Monaten jenseits der Realität entfernt. Die vierte Corona-Pandemie ist hausgemacht.
04.11.2021 11:00 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/130519