Der Streaming-Markt: Disney+ macht weiter Boden gut

Seit dem Start von Disney+ ist die Entwicklung des Streamingdienstes durchgehend positiv. Bei Netflix und Amazon Prime Video sind die Marktanteile dagegen rückläufig. Für die deutschen Streamer sieht es dagegen weiter mau aus.

Der Streamingmarkt ist schon jetzt hart umkämpft, dabei fangen die US-Dienste wie Peacock oder Discovery+ hierzulande erst an Fuß zu starten. Die großen Streamer wie Netflix, Prime Video, Disney+ und AppleTV+ sind schon längst aktiv und erschweren den hiesigen Diensten wie TVNow oder Joyn das Geschäft. Eines aber haben alle gemein. Genaue Abrufzahlen werden nur ganz selten durchgestochen. Alle paar Monate erfährt man etwas über die Abonnenten-Zahlen, das war es dann aber auch schon. Der internationale Streaming-Guide „JustWatch“ hat sich nun aber daran gesetzt, den Markt etwas zu sondieren und hat die Entwicklung im ersten Halbjahr 2021 genauer beleuchtet.

Disney+ ging bekanntlich im März des vergangenen Jahres in West-Europa an den Start. Seitdem hat der Streamingdienst des Mickey-Maus-Konzerns einiges an Gewicht zugelegt. In Deutschland belegte man im zweiten Quartal 2021 17 Prozent des Streaming-Marktes. An der Spitze liegen mit jeweils knapp einem Drittel Netflix und Amazon Prime Video. Nachholbedarf besteht unterdessen bei RTL und ProSiebenSat.1. Deren Dienste TVNow und Joyn holten jeweils nur ein Prozent im zweiten Quartal. Sky, mit seinen Diensten Sky Ticket und Sky Go, erreichte mit acht Prozentpunkten doppelt so viel wie AppleTV+.

Zur Wahrheit über den Disney+-Erfolg gehört aber auch, dass die Wachstumskurve seit März 2021 abflacht. Die Monate April bis Juni lagen in etwa auf dem gleichen Niveau. Bei Netflix sind die Marktanteile gar leicht rückläufig, was auch für Prime Video gilt. Hier sticht allerdings der Juni positiv hervor, der dem Streamingdienst des Versandhändlers auftrieb verlieh. Das dürfte vor allem mit dem Kauf der MGM-Studios in Zusammenhang stehen, der Ende Mai bekannt geworden war. Auf der Stelle treten dagegen AppleTV+, TVNow und Joyn, deren Wachstum weiterhin stagniert.

JustWatch betrachtete aber nicht nur den Markt hierzulande, sondern ging auch der Frage nach, wie der Start von Disney+ den globalen Streamingmarkt beeinflusst hat (global bedeutet in diesem Fall in 47 Ländern, wo JustWatch verfügbar ist). In den USA ging Disney+ im November 2019 an den Start, AppleTV+ startete ebenfalls, dies hatte erheblichen Einfluss auf die beiden Marktführer Netflix und Prime Video, von dem sich beide noch nicht erholen konnten. Die Marktanteile von Netflix brachen von mehr als 40 Prozent auf etwas mehr als 30 Prozent ein. Prime Video sank von etwa 35 Prozent auf unter 30 Prozent – Tendenz fallend. Während AppleTV+ weiter ein eher kleines Licht geblieben ist, wächst Disney+ immer weiter und erschließt immer mehr Märkte. Teil der Strategie von Disney ist auch, lineare Sender wie in Deutschland den FOX-Channel zu schließen, um den Fokus noch stärker auf Disney+ zu legen. Das Wachstum dürfte somit zunächst voranschreiten.

Für eine leichte Delle bei Netflix und Prime sorgte auch der HBO-Max-Start im Mai 2020, die aber nach recht kurzer Zeit ausgebügelt werden konnte. Zwar rühmt sich WarnerMedia immer wieder mit hohen Abonnenten-Zahlen, doch in Wahrheit sind es nur etwa zehn Millionen zahlende Kunden, da der Dienst auch die Premium-Kunden von HBO beinhaltet (knapp 30 Millionen). Das Wachstum stagniert nach einem rasanten zweimonatigen Anstieg bei zirka fünf Prozent Marktanteil bei JustWatch.

Fazit: Netflix und Amazon Prime müssen sich in Zukunft strecken, wenn sie nicht von Disney+ eingeholte werden wollen. Dabei geht man durchaus schlüssige Wege und produziert viele lokale Filme und Serien und kauft wie im Fall von Amazon große Studios für – eigentlich wenig – Geld (Hello Sunshine kostet 900 Millionen). Ob das wiederum rentabel ist, steht auf einem anderen Blatt. Disney+ schläft allerdings auch nicht und setzt neben großen Franchises und der Abschaltung einzelner linearer Sender auch auf die Ausspielung vieler Filme parallel zum Kinostart. Es ist davon auszugehen, dass diese Strategie auch nach der Corona-Pandemie beibehalten wird. Spannend wird letztlich auch die Entwicklung von TVNow sein, das künftig in RTL+ umbenannt wird. Bernd Reichart, der CEO der Mediengruppe RTL Deutschland, verwies zuletzt auf die Konkurrenz von Amazon und Apple und orientiert sich an der Bündelung von Video und Audio auf einer Plattform. Das könnte dem Dienst endlich zu mehr Wachstum verhelfen.
04.08.2021 12:00 Uhr  •  Veit-Luca Roth Kurz-URL: qmde.de/128554