Corona-Impfungen belasten Fußball-Europameisterschaft

Die Euro 2020 ist auch in diesem Jahr gefragt, aber nach sieben Monaten Lockdown möchte ein Teil der Gesellschaft kein Fußball anschauen. Die Werte sind deutlich niedriger als in den Vorjahren.

Am vergangenen Dienstag debütierte die deutsche Mannschaft unter der Leitung von Jogi Löw bei der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft. Vor 22,5 Millionen Fernsehzuschauern musste man sich dem französischen Team geschlagen geben. Damit fuhr „die Mannschaft“ die niedrigste Reichweite bei einem europäischen Wettbewerb seit 9. Juni 2012 ein. Damals wollten nur 22,33 Millionen Menschen die Partie gegen Portugal sehen. Apropos Portugal: Gegen dieses Team muss die deutsche Elf am Samstag ran. Droht deshalb ein neues Tief?

Wie kommt es zu dem ungewohnt „niedrigen“ Sehverhalten? Die Zeiten haben sich geändert: Noch in den Wintermonaten litten die Deutschen unter dem Lockdown und verharrten vor den Fernsehschirmen. Das Erste und das ZDF fuhren mit ihren Krimis und «Der Bergdoktor» stetig Höchstwerte ein. Doch durch den Fortschritt der Corona-Impfungen und den Schnelltest kehrte in den vergangenen Wochen das ursprüngliche Leben zurück. Es gelten zum Teil noch Kontakt-Beschränkungen, große Fußball-Partys sind weiterhin untersagt. Vor der Europameisterschaft wurde deshalb gerätselt, ob die Reichweiten auf ein neues Hoch steigen oder die Menschen lieber ihre Freiheiten genießen.

Das Eröffnungsspiel der Euro 2020 am vergangenen Freitag zwischen Türkei und Italien verfolgten 9,8 Millionen Menschen, fünf Jahre zuvor wollten 15,5 Millionen Menschen den Auftakt zwischen Frankreich und Rumänien sehen. Kein Grund zur Panik, denn die ersten zwei Begegnungen im Jahr 2012 verbuchten um 18.00 und 20.45 Uhr 10,0 und 10,8 Millionen Zuschauer. Einen ähnlichen Wert holten die ersten beiden Partien am 7. Juni 2008 mit 10,2 und 10,5 Millionen Zuschauer.

Man könnte annehmen, die Fußball-Europameisterschaft läuft wie immer. Doch in den vergangenen Tagen erreichten die 21.00-Uhr-Partien bei Das Erste und im ZDF – ohne deutsche Beteiligung – lediglich 8,9, 8,2 und 8,4 Millionen Zuschauer. Bei der UEFA Euro 2016 wurden 13,3, 12,3 und 12,4 Millionen Zuschauer ermittelt. Bei dem Turnier in Polen und Ukraine fuhr man 11,6, 13,6 und 11,2 Millionen Zuschauer ein, 2008 sorgte man für 14,9, 11,8 und 14,4 Millionen Zuschauer. Das Fußball-Fieber hat also doch deutlich nachgelassen.

Die 18.00-Uhr-Spiele erreichten in dieser Woche 5,0, 6,4, 4,9 und 5,9 Millionen Fernsehzuschauer. Bei dem großen Turnier in Frankreich kam man in der Arbeitswoche auf 8,6, 8,6, 7,6 und 8,1 Millionen Zuschauer ab drei Jahren, im Jahr 2012 fuhr man 11,2, 9,0, 10,9 und 8,3 Millionen Zuschauer ein. Bei der Fußball-Europameisterschaft in Österreich und Schweiz erreichten die Partien um 18.00 Uhr 8,8, 8,2 und 10,2 Millionen Fernsehzuschauer. Auch hier ist ersichtlich: Das Interesse ist spürbar und stark rückläufig.

Am Donnerstag um 15.00 Uhr strahlte das ZDF die Partie Ukraine gegen Nordmazedonien aus, die nur auf 2,7 Millionen Fernsehzuschauer ab drei Jahren kam. Erst seit der Fußball-Europameisterschaft 2016 sind auch 15.00 Uhr-Partien terminiert. Am Montag, den 13. Juni 2016, verbuchte Spanien gegen Tschechien 5,2 Millionen Zuschauer, zwei Tage später erzielte Russland gegen die Slowakei 4,7 Millionen Zuschauer. England – Wales erzielte am damaligen Donnerstag 5,9 Millionen Zuschauer.

Fazit: König Fußball ist zwar nicht vom Thron gerutscht, aber die Euphorie in Deutschland ist überschaubar. „Talk of the Town“ sind nicht etwa die Partien im Fernsehen, sondern welche Biergärten und Eisdielen aufgesucht werden. Nach sieben Monaten Lockdown erfreuen sich Millionen von Menschen an der Möglichkeit von Schnelltests und mit den Impfungen ist ein Sommer mit Familie möglich.
18.06.2021 11:00 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/127534