«Die Schlange»: Serienkiller auf Touristenjagd

Bereits im Januar ging die True Crime Serie «The Serpent» («Die Schlange») bei der BBC auf Sendung. Ein Vierteljahr später ist diese dank Netflix nun auch für den restlichen Teil der Welt abrufbar.

Die Geschichte um den Serienmörder Charles Sobhraj, der über viele Jahre hinweg Touristen unter Drogen setzte, ihre Habseligkeiten stahl und sie teilweise auch ermordete, um anschließend mit deren Ausweisen um die Welt zu reisen, mag zwar nicht denselben internationalen Bekanntheitsgrad wie etwa «The Assassination of Gianni Versace» oder jüngst «Tiger King» erreicht haben, bietet prinzipiell aber eine durchaus interessante Prämisse für eine filmische Umsetzung. Das generelle Problem, dem dieses Format letztlich mit einem äußerst unterhaltsamen Skript entgegenwirken muss, ist die Tatsache, dass sowohl Mörder als auch Ausgang der Geschichte, dem Großteil der Zuschauer schon mit Beginn der ersten Folge bekannt sein dürften. Bei «Die Schlange» wird dieses Ziel leider nur partiell erreicht.

Die Handlung beginnt in Bangkok Mitte der 1970er Jahre. Die Kameraarbeit, die visuell versucht das historische Bangkok stilecht einzufangen, bedient sich einiger Tricks wie zeittypischen close-up shots oder kurzzeitig verrauschten Bildern, was durchaus überzeugend funktioniert. Auch das Kostümbild sowohl der einheimischen Bewohner als auch der Touristen samt großen Sonnenbrillen und weiter Kleidung ist für die Zeit absolut stimmig. Problematisch ist hingegen das Skript, welches schon in der ersten Stunde der Serie den Eindruck hinterlässt, dass für die insgesamt achtstündige Serie nicht genügend Material vorhanden war. Anhand des heute gern genutzten Kniffs des anachronistischen Erzählens wurde versucht diesen Umstand so gut wie möglich zu kaschieren. Stattdessen entstehen allerdings zusätzlich zur langgezogenen Geschichte auch noch strukturelle erzählerische Probleme, die es teilweise schwer machen, dem Verlauf der Handlung aufgrund deren Inkonsistenz zu folgen.

Das schwache Skript schafft es daher trotz des hervorragend gecasteten Tahar Rahim, der seine Rolle als sympathisch-manipulativer Serienmörder überzeugend verkörpert, kaum den Zuschauer mit innovativen Kniffen in den Bann zu ziehen oder mit neuen Aspekten zum Soziopathen Charles Sobhraj zu versorgen, die nicht auch auf dessen Wikipedia Eintrag nachzulesen wären. Herman Knippenberg als holländischer Diplomat auf den Spuren des Killers ist zudem ein viel zu schwacher Gegenspieler und strahlt kaum Gefahr aus, den Mörder alsbald dingfest zu machen. Es entsteht ein Katz und Maus Spiel, bei dem die Maus stets ein ganzes Stück größer als die Katze zu sein scheint.



Die Bilder überzeugen, das Skript hingegen nicht. Zu vorhersehbar und ohne Überraschungen ziehen sich die acht Stunden Filmmaterial hin. Dank des ausgezeichneten Casts, smarter Kameraarbeit und eines ansprechenden Kostümbilds dürften sich Fans des True Crime Formats und der 70er Jahre trotz der auf acht Stunden gestreckten „slow-burn“-Erzählung samt inkonsistenter Zeitsprünge noch recht gut unterhalten fühlen.
10.04.2021 11:30 Uhr  •  Marc Schneider Kurz-URL: qmde.de/126089