Die Kritiker: «Unter Freunden stirbt man nicht»

Ein Traumcast (u.a. Iris Berben, Heiner Lauterbach und Adele Neuhauser) macht eine Comedyserie, und dann zündet auch fast noch jede Idee.

Stab

Darsteller: Iris Berben, Adele Neuhauser, Heiner Lauterbach, Michael Wittenborn, Walter Sittler
Drehbuch: Claudius Pläging
Regie: Felix Stienz
Echte Freunde sind immer da, wenn’s brennt. Auch posthum. So wie die Clique um den prominenten Wirtschaftswissenschaftler Hermann (Walter Sittler), der sich schon in wenigen Tagen auf den Nobelpreis freuen darf. Das einzige Problem: Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe muss der angehende Preisträger noch am Leben sein – Hermanns Puls ist aber schon asymptotisch bei null angekommen, und auch seine Körpertemperatur beginnt bereits, allmählich zu sinken.

Gefunden hat ihn seine Mehr-oder-weniger-Lebensgefährtin Annette (Adele Neuhauser), die selber gerade eine handfeste Katastrophe überstanden hat, nachdem sie sich bei einer Lesung in ihrer Buchhandlung gegen einen greisen, tittengrapschenden Holocaustüberlebenden zur Wehr gesetzt hat, der gerade sein neues Meisterwerk vorstellen wollte. Eine Szene, die bald viral gehen und die anstehende Trauerarbeit beständig stören wird.

Zum Glück ergänzen Ella (Iris Berben), Joachim (Heiner Lauterbach) und Friedrich (Michael Wittenborn) die alte Clique zum zusammengeschweißten Fünfergespann, von dem jetzt einer fehlt – und schnell wird ein Plan geschmiedet, um dem alten Freund eine würdige letzte Ehre zu erweisen: den Nobelpreis. Man muss nur ein paar Tage geheim halten, dass der alte Kumpel schon tot ist. Wäre doch gelacht, wenn die alten Haudegen das nicht hinbekämen.

Und wäre doch gelacht, wenn einem gestandenen Comedyautor wie Claudius Pläging da nicht ein paar zündende Ideen einfielen, wie eine Truppe aus vier exzentrischen Buddys jeden Tag aufs Neue beinahe daran scheitern würde: Sei es weil die emotional gefasste, und in ihrer Freizeit offenbar sexuell sehr aktive Ella aus Versehen ein paar Räucherstäbchen brennen lässt und damit fast Hermanns Bonner Villa abfackelt (dabei weiß doch jeder, dass man Leichen kühl lagern muss, wenn nicht die Fruchtfliegen stören sollen!), oder Hermanns immer etwas heruntergekommen aussehender Professorenkollege Friedrich die Gunst der Stunde nutzen will, um seine eigenen obskuren Forschungsarbeiten prominenter herauszustellen.

Spaß macht diese makabre Serie also allein schon wegen des nie versiegenden Ideenreichtums ihrer Drehbücher. Gerade der namhafte Cast, der nicht nur durch seine Prominenz, sondern auch durch sein spielerisches Können positiv auffällt, verhilft «Unter Freunden stirbt man nicht» zu einem echten komödiantischen Nachklang und bestärkt dabei gleichzeitig die warme emotionale Note im Kern des Konzepts: Denn diese Geschichte ist weit mehr als eine Aneinanderreihung zündender Gags, sondern funktioniert vielmehr als herzliche Lebensrück- und -vorschauschau, die sich nicht zwischen dem Wiedererinnern an alte Highlights und der langsamen Verarbeitung alter Enttäuschungen entscheiden muss. Was anderswo beim Konzept „Vier in die Jahre gekommene Menschen ziehen Bilanz“ geblieben wäre, gerät hier nicht zur langatmigen Retrospektive, sondern wird ein heiterer Seitenwechsel in Figurenbiographien, für die auch an der Schwelle zur 70 noch lange nicht Schluss ist (okay, zumindest für die meisten). Darüber dürfen sich nun nicht mehr nur die Abonnenten von TV Now freuen, sondern ab morgen Abend auch die Zuschauer von VOX. Verdient haben sie’s sich.

VOX zeigt «Unter Freunden stirbt man nicht» am Mittwoch, den 17. März, und Mittwoch, den 24. März, jeweils ab 20.15 Uhr.
16.03.2021 10:00 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/125529