Pro & Contra-Format für mehr Meinungsvielfalt

Seit einiger Zeit heißt der „Kommentar“ in den «Tagesthemen» „Meinung“. Damit wollte man bei der ARD transparenter werden, um nun auch die Meinung breit zu fächern, soll es ein Pro&Contra-Format geben.

Der Grundgedanken ist sicherlich wünschenswert. Schon bei der Namensänderung des „Kommentar“ in „Meinung“, gingen viele in der Branche mit den «Tagesthemen» und waren sich wohl einig, dass das für mehr Transparenz sorgen würde. Geändert wurde das damals, nach Aussage der «Tagesthemen», damit dem Zuschauer klar würde, dass das was er in einem Kommentar sehe, nicht die Meinung der ganzen Redaktion sei, sondern nur die Meinung des einzelnen Redakteurs, der sie vorträgt. Ob dies nun sinnvoll oder nicht ist, sei an dieser Stelle dahingestellt, jedoch bringt eine erste Änderung, wie es scheint, den berühmten Stein ins Rollen.

Seit dem gestrigen Montagabend ist in den Tagesthemen ein neues Pro&Contra-Format eingeführt worden. Dahinter stecken jeweils zwei ARD-Journalisten, die sich einen verbalen Schlagabtausch liefern und dabei logischerweise wohl unterschiedlicher Meinung über ein Thema sind. Für den ersten Versuch des neuen Formats ist bei aktueller Lage auch das ideale Einstiegsthema gefunden worden: die Schulöffnungen in Deutschland. Zur ersten Ausgabe sind Kristin Schwietzer vom MDR und Tom Schneider von hr zu Wort gekommen.

Grund für dieses Weiterdenken bei den «Tagesthemen» sei laut Helge Fuhst, Zweiter Chefredakteur ARD-aktuell, größtenteils aus den Rückmeldungen der Zuschauer abgeleitet. „Die Zuschauerinnen und Zuschauer teilen uns ungeschminkt mit, wie sie unsere Arbeit finden. Was wir zur Meinungsrubrik in den «Tagesthemen» oft hören, ist der Wunsch nach einer größeren Meinungsvielfalt“, so Fuhst in einem aktuellen WELT-Interview. Somit sei das Ziel der neuen Rubrik das Verständnis der «Tagesthemen» etwas zu korrigieren, man wolle mit der Nachrichtensendung nicht „missionieren“, sondern „Einschätzungen und Denkanstöße“ liefern und dabei müsse man verschiedenste Themen von unterschiedlichen Seiten beleuchten.

Wir dürfen nicht verlernen, unterschiedliche Meinungen anzuhören, zu respektieren und zu diskutieren.
Fuhst lässt in dem Interview bereits weitere mögliche strukturelle Änderungen anklingen, denn es gäbe noch ein weiteres Problem bei den Kommentatorinnen und Kommentatoren. Zwar sei man mittlerweile dabei angekommen, dass „etwa so viele Frauen wie Männer“ kommentieren, jedoch seien diese im Schnitt noch zu alt. Jüngere Gesichter mit einem anderen Blick auf die Wichtigkeit und Tragweite von Themen sollen in Zukunft das Spektrum der Kommentatorinnen und Kommentatoren diverser machen. Einen enorm wichtigen Punkt spricht Fuhst im Laufe des Interviews noch an: Auf die Frage, ob ein Pro & Contra das richtige Format sei, denn aus jüngster Vergangenheit würden Beispiele bekannt sein, in welchen ein solcher Vergleich dem veröffentlichendem Medium lediglich einen Shitstorm einbrachte, anstatt für Meinungsdiversität gesorgt zu haben, antwortet Fuhst sehr bedacht: „Wir dürfen nicht verlernen, unterschiedliche Meinungen anzuhören, zu respektieren und zu diskutieren.“
16.02.2021 10:15 Uhr  •  Felix Maier Kurz-URL: qmde.de/124881