Friedemann Fromm: ‚Alle Darsteller*innen haben sofort und mit Begeisterung zugesagt‘

Der Drehbuchautor, Regisseur und Dozent der Hamburg Media School spricht mit Quotenmeter über seine Miniserie «Tod von Freunden», die das ZDF in den kommenden Wochen zeigt.

Ab Sonntag, den 7. Februar, heißt es im ZDF «Tod von Freunden». Können Sie die Grundgeschichte unseren Lesern näher bringen?
Zwei Paare, ein deutsches und ein dänisches haben sich zusammen mit ihren vier Kindern auf einer kleinen Insel in der Grenzregion zwischen Deutschland und Dänemark ein Paradies geschaffen, das allerdings bedroht wird durch dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit. Als bei einem Segeltörn ein Kind aus der deutschen Familie nachts mitten auf der Ostsee über Bord geht und verschwindet, wird die tiefe Freundschaft zwischen den Familien auf eine extreme Zerreißprobe gestellt.

Die Frage was in der Unglücksnacht tatsächlich auf dem Boot passiert ist, der Umgang mit Geheimnissen und Lügen, der Umgang mit Verantwortung, Schuld und Verlust, aber auch mit Hoffnung und Liebe führen alle Beteiligten dieser Geschichte zum Kern ihrer eigenen Persönlichkeit.

«Tod von Freunden» ist eine außergewöhnliche Mischung aus Familiendrama, Thriller und Melodram, erzählt aus acht verschiedenen Perspektiven: vier Erwachsene, vier Jugendliche.

Das ZDF wagt damit ein ungewöhnliches Serienprojekt. Immerhin wird die Handlung nicht linear, sondern aus mehreren Blickwinkeln erzählt. Erwartet uns mit jeder Episode ein neues „Aha“-Erlebnis?
Ja, definitiv. Jede Folge lässt das Publikum mit einer neuen Erkenntnis und neuen Fragen zurück. Die Dramaturgie verstärkt die Spannung, da man mit jeder Folge tiefer in die Geheimnisse um den dramatischen Unfall und seine Folgen eintaucht.

«Tod von Freunden» hört sich nach großem Hollywood-Stoff an. Wie schwer war es, die Schauspieler wie Jan Josef Liefers oder Katharina Schüttler von dem Projekt zu überzeugen?
Alle Darsteller*innen haben nach der Lektüre der Drehbücher sofort und mit Begeisterung zugesagt, denn allen war klar, dass wir mit dieser Geschichte etwas Besonderes machen können.

Sie haben für «Tod von Freunden» nicht nur Regie geführt, sondern auch das Buch geschrieben. Seit wann arbeiten Sie an diesem Projekt und wie viel Zeit nahm dies immer in Anspruch?
Ich habe Michael Lehmann, Produzent und Geschäftsführer von Letterbox, 2016 zum ersten Mal von meiner Idee erzählt, und er war sofort Feuer und Flamme. 2017 und 2018 habe ich dann an den Büchern geschrieben, und ab Sommer 2019 wurde gedreht.

Sie haben sowohl schon Filme realisiert, die die selbst schrieben («Die Freibadclique»), die Sie zusammen mit ihrem Bruder verfassten («Polizeiruf 110: Der verlorene Sohn») und zahlreiche Werke, die ein anderer Autor übernahm («Hannas Entscheidung», Benedikt Röskau). Gibt es unterschiedliche Herangehensweisen? Was sind die Unterschiede?
Grundsätzlich macht es für meine Herangehensweise an einen Stoff keinen Unterschied, wer der Autor oder die Autorin ist. Für mich ist es immer entscheidend, dass ich eine Idee zu einer Geschichte bekomme, eine Vision, einen sehr persönlichen Punkt an dem ich andocken kann. Bei «Tod von Freunden», mit dieser sehr besonderen Dramaturgie, war es natürlich von Vorteil, dass ich auch die Bücher geschrieben hatte. Denn ich hatte mir schon beim Schreiben sehr genau überlegt, wie die Geschichte umgesetzt werden kann.

Neben mehreren «Tatort»en, der Serie «Weissensee» waren sie auch am Sechsteiler «Die Stadt und die Macht» involviert. Hat sich die Produktionsarbeit in den vergangenen 25 Jahren merklich verändert?
Der Kostendruck hat sich erhöht, dadurch der Zeitdruck auf dem Set. Wenn man Zeit zum Inszenieren haben will, muss man die Arbeitsabläufe verschlanken, sich viel mit Drehlogistik und Organisation beschäftigen.

Alles ist schnelllebiger und im Umgang bis zu einem gewissen Grad auch unverbindlicher geworden als früher. Auf der anderen Seite haben sich neue Möglichkeiten des Erzählens ergeben, ist der Blick über den Horizont hinaus weiter geworden.

Sie haben zahlreiche Preise gewonnen – unter anderem den Deutschen Fernsehpreis, den Adolf-Grimme-Preis, den Bayerischen Fernsehpreis, den Internationalen Emmy – wo stehen Ihre Auszeichnungen?
Sie stehen in meinem Büro in einem Regal an der Rückwand, also hinter mir. Mein Blick geht nach vorne raus in meinen Garten.

Sie sind seit über 15 Jahren an der Hamburg Media School als Dozent tätig. War das Lehren von Film immer ein Traum für Sie?
Filme zu machen war immer mein Traum, und ich empfinde es als ein sehr großes Privileg, diesen Traum leben zu können. Es ist schön, an dieser Stelle etwas zurückgeben zu können, und anderen Filmemacher*innen auf dem Weg zu ihren Träumen zu helfen, soweit das möglich ist.

Sie haben mit zahlreichen jungen Menschen zu tun, die vorwiegend Netflix konsumieren. Wie können Sie die Menschen für Ihre Werke begeistern?
Seit «Weissensee» auf Netflix verfügbar ist, bekomme ich sehr viel begeisterte Rückmeldung von jungen Zuschauer*innen, ebenso wie für «Die Wölfe» oder «Stadt und Macht». «Silvia S.» und «Mörderische Stille» haben ebenfalls sehr viele junge Menschen ganz normal im TV gesehen, ebenso wie die «Freibadclique». Die Filme finden ihr Publikum.

Wie stehen Sie zur Drehbuch-Initiative Kontrakt 18, der von Drehbuchautoren gestartet wurde. Ist das als Regisseur manchmal mühsam, dass man mit dem Autor alle wichtigen Entscheidungen treffen muss oder haben Sie zahlreiche frische Impulse bekommen?
Grundsätzlich finde ich es gut, dass Autor*innen einen Weg gesucht haben, ihre Rechte besser zu schützen; ich bin ja selber auch Autor. Und auch als Regisseur kenne ich die Problematik, das Werk zu schützen – nur auf einer anderen Ebene. Was ich schade finde ist der bisweilen konfrontative Ton der Regie gegenüber, den für mich einzelne Paragraphen ausstrahlen. Denn am Ende des Tages sind aus meiner Sicht Autor*in und Regie der kreative Nukleus, aus dem alles entsteht. Gleichzeitig gibt es bei der Umsetzung eines Films einen Punkt, da braucht die Regie auch die Freiheit, Regie zu führen, eine Vision umzusetzen. Das lässt sich nicht alles in Regeln packen.

Abgesehen davon ist beim Drehen nicht alles im Vorfeld planbar, und es muss einen Raum geben für das Unvorhergesehene, sofern es den Film weiterbringt. Das Regelwerk unterschätzt die Dynamik des kreativen Prozesses und der Abläufe bei der Umsetzung eines Drehbuchs in einen Film. Die meisten Autor*innen, die ich kenne, schätzen den künstlerischen Diskurs und erkennen die Chance, die in einer kreativen Zusammenarbeit steckt. Ebenso ist ihnen bewusst, dass nicht sie auf dem Set stehen und ein Buch zum Leben erwecken müssen, sondern die Regie, und dass das ein eigener kreativer Prozess ist, der genauso Schutz verdient wie der des Schreibens.

Ich bin davon überzeugt, dass - wenn man auf Augenhöhe offen und mit Wertschätzung im Kontakt ist, immer eine Lösung für künstlerische Konflikte findet, auch ohne Vertrag.

Herzlichen Dank für das Gespräch!
04.02.2021 12:38 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/124474