Wo ist der Aufwecker, wenn man ihn braucht?

Müdemacher am Mittwochabend: «Die Show mit dem Sortieren» auf ProSieben.

Quotenmäßig war‘s ein ziemlicher Reinfall. Die Premiere von «Die Show mit dem Sortieren» zog am Mittwochabend bei ProSieben nur überaus mäßig. Weniger als eine Million Menschen wollte dort zuschauen. Woran lag´s? Es hatte zahlreiche Gründe...

Erstens: Der Name der Show. Der Marketing-Mann, der sich den ausgedacht hat, erwischte damals einen schlechten Tag. Wer will schon „was mit Sortieren" anschauen? Zweitens: Die blasse Moderatorin. Jeannine Michaelsen. Michelle Hunziker hatte abgesagt, Jörg Pilawa und Johannes B. Kerner sind beim falschen Sender.

Drittens und auch mit entscheidend: Die ratenden Gäste, B-Prominenz: Sängerin Sarah Lombardi, Comedian Özcan Cosar, Schauspieler Jan van Weyde und Drag Queen Olivia Jones... Und die sollen einen Zuschauer über zwei Stunden vor der Glotze halten? Boah, heißes Vorhaben!

Dann die Show an sich: Es geht darum, Rankings aufzustellen, also Fakten zu sortieren, meist unnützes Wissen. Was ist am schnellsten? Das Blut durch Gefäße, ein Faultier bei Gefahr, die (seit Monaten vermisste) La Ola-Welle im Fußballstadion? 4 km/h, 1,9 km/h und 40 km/h lauten hier die Antworten. Die Reihenfolge ergibt sich. Muss man das wissen? Macht das neugierig?

Natürlich fragt man sich vor dem TV-Gerät, was ein Uhrzeitverkäufer, ein Ameisler, ein Aufwecker und ein Kaffeeschnüffler früher gemacht haben. Aber zu erraten, in welcher Reihenfolge diese Berufe ausgestorben sind? Pillepalle und zum Gähnen langweilig! Wo ist so ein Aufwecker, wenn man ihn braucht?

Nach der dritten Werbepause und Ausflügen zum ZDF und dem spannenden «Aktenzeichen XY» fällt die Rückkehr zu ProSieben immer schwerer. Zapp und weg! Halt, eine Chance noch: Welcher Instagram-Post hat mehr Likes? 5,5 Millionen bekam einer von Barack Obama. Im Vergleich dazu: Billie Eilish, Kylie Jenner Bild ihres Kindes, ein Familien-Geburtstagsfoto von Cristiano Ronaldo oder ein großes Ei? Über 13 Millionen, über 18 Millionen, 14,3 Millionen und weit über 50 Millionen sind die Antworten. Immerhin macht das nun Lust auf ein großes Omelette vor dem zu Bette gehen.

Drei weitere Ausgaben von der «Show mit dem Sortieren» sind bei ProSieben geplant und mutmaßlich bereits aufgezeichnet. Falls nicht, so wäre es vielleicht vernünftig, nicht nur das Konzept nochmals zu überdenken... Das beinhaltet auch Meinungsforschung bei 1000 Leuten, verbunden mit geistreichen Fragen wie: Wovon hätten die meisten gerne 25 Prozent mehr? Geld? Gehirn? Oder Sex-Appeal? Die Antwort lautet: 100 Prozent weniger Sortier-Shows!
10.12.2020 12:05 Uhr  •  Michael Horling Kurz-URL: qmde.de/123439