Filme und Fernsehserien folgen einem klaren Muster – und das seit Jahrzehnten. Dieses Mal: Der deutsche Drang zur Einfachheit.
Wenn sich die amerikanische Fiction in ambitionierter Manier mit der Sicherheitspolitik ihres Landes beschäftigt, dann weiß sie stets um ihre Ambivalenz. Trotzdem hat sich in den letzten zwanzig Jahren ein sich selbst erhaltendes Spiel zwischen elitären kontinentaleuropäischen Rezipienten und den angelsächsischen Machern dieser Formate entwickelt: Serien wie «Homeland» oder Filmen wie «Zero Dark Thirty» wirft man in Deutschland oder Frankreich gerne einen Hang zum Tendenziösen vor – die Terroristen würden entweder als infantil-naiv-unverständige junge Männer oder abgebrühte, psychopathische Peiniger geführt, dabei seien die ideologischen wie psychologischen Wurzeln in der Realität ja viel komplexer, verzweigter und uneindeutiger, während die amerikanischen Sicherheitsbeamten, ob Undercover-Agenten im Krisengebiet oder Schreibtischtäter in der Botschaft in Islamabad, als manchmal gebrochene, zerrissene oder überambitionierte, aber immer doch aufrichtige und oft naiv treuherzige Charaktere auftreten würden. Die amerikanischen Autoren, Regisseure und Produzenten dieser Formate reagieren daraufhin ihrerseits oft mit dem umgekehrten Vorwurf an ihre europäischen Zuschauer: dem der sicherheitspolitischen Naivität, die sich – eine Ecke weiter gedacht – auch gerade in der brachialen sicherheitspolitischen Untätigkeit der deutschen Regierung widerspiegelt. Keine Strategie für den Krieg gegen den Terror oder die ureigenen Sicherheitsinteressen, stattdessen Appelle an einen Multilateralismus, den es in der Terrorbekämpfung so nie gab, ein Verstecken vor den tatsächlichen Motiven feindlicher Mächte, „nie wieder Krieg“ statt „nie wieder Unterdrückung“ als Staatsräson, große Worte, aber niemals Taten.
Carrie Mathison ist als enorm intelligente und hochqualifizierte Beamtin im amerikanischen Terrorbekämpfungsapparat traumatisiert vom eigenen Versagen: Die Anschläge vom 11. September konnte sie genauso wenig vorhersehen und verhindern wie all ihre Kollegen. Das darf nie wieder passieren. Deshalb: äußerste Wachsamkeit. Gepaart mit ihrer manisch-depressiven Veranlagung nicht die gesundeste Voraussetzung für eine ausbalancierte Lebensführung oder (stellenweise) die volle berufliche Zurechnungsfähigkeit.
Die ständige Hinterfragung der eigenen Handlungen und Haltungen, die Auseinandersetzung mit vielschichtigen Sichtweisen und einem Grad an Komplexität, der kein absolutes Richtig und völliges Falsch mehr kennt, ist aus Sicht deutscher Fernsehmacher nichts für deutsche Zuschauer. Und statt ihnen – ohne erhobenen Zeigefinger, und stattdessen mit versatil entworfenen Figuren und sich ethisch in beide Richtungen unbefriedigend entwickelnden Handlungsgerüsten – die Komplexität des Tatsächlichen zu vermitteln und sie ihnen zu übersetzen, lautet die Zielsetzung: Entrüstung. Entrüstung über „die Amerikaner“ mit ihren Renditions und Black Sites wie in «Unterm Radar», über fehlgeschlagene Interventionen in Pulverfassländern wie in «Saat des Terrors» oder über politische Anreizsysteme wie in der unsäglich versimpelten, treudoofen ZDFneo-Serie «Die Lobbyistin».