Nach der erfolgreichen Miniserie «Ghoul» zeigt der Brite Patrick Graham mit dem Zombie-Schocker «Vetala» erneut, dass auch in Indien das Böse überall lauert.
Wie sich in den letzten Jahren herauskristallisiert hat, ist Netflix immer wieder für eine kleine Serienüberraschung abseits des Mainstream-Marktes gut. Man denke nur an die aus Brasilien stammende dystopische Zukunftsvision «3%» von Pedro Aguilera oder die schwedische Produktion «The Rain». Dass auch der weitläufige asiatische Raum abseits von Japan in der Lage ist unterhaltsamen Stoff für einen kleinen Serienmarathon zu liefern, zeigt aktuell wieder der Brite Patrick Graham mit seiner Horror-Miniserie «Vetala».
Die beiden großen indischen Traumata sind noch lange nicht überwunden und haben sich fest in die Seelen der Menschen des Landes eingebrannt. Nun könnte man «Vetala» vorwerfen, viel zu wenig in die Tiefe zu gehen. Sowohl die brutale Unterdrückungsherrschaft der Briten, als auch die naxalitischen Gewaltausbrüche und die damit verbundenen illegalen Racheaktionen der indischen Armee werden nur am Rande gestreift. Beides dient letztendlich lediglich als Aufhänger für einen schlichten, vierteiligen Horrorfilm. Allerdings ist eine derartige Vorgehensweise gerade im Horror-Genre nicht unüblich und es wäre unfair, hier mit zweierlei Maß zu messen. Denn in erster Linie will «Vetala» unterhalten und das gelingt über weite Strecken recht gut. Graham bevorzugt eine klassische Kameraführung, schnelle Schnitte und typische Elemente wie flackernde Lichter, Nebel und Dunkelheit, um seine Zombies in Szene zu setzen. Auch der Score reiht sich nahtlos in die Geschichte hunderter Horror-Movies ein und passt hervorragend. Das alles ist grundsolide produziert und unterhaltsam umgesetzt. Man merkt einfach, dass das Produktionsteam seine Hausaufgaben gemacht hat. Ein paar Abstriche muss man allerdings dennoch hinnehmen. Der Gore-Faktor ist zwar hoch und es wird gesplattert, was die Reißzähne hergeben. Explizite Gewaltdarstellungen bekommt man aber dennoch nicht wirklich zu sehen. Das muntere Zerfetzen, Zerhacken und Verbrennen von Toten und Untoten lässt sich in den allermeisten Fällen nur erahnen. Es mag sein, dass dieser Stil auf indische Zuschauerbedürfnisse zugeschnitten ist, für westliche Fans könnte eine derartige Zurückhaltung in Zeiten von «The Walking Dead» und Co allerdings etwas zu wenig sein.
Ein ähnliches Resümee lässt sich über das Makeup Departement zieht. In mancher Hinsicht leisten Chief Makeup Artist Kiran Kamble und seine Prosthetic Designer gute Arbeit, doch ausgerechnet den Zombies sieht man das geringe Serienbudget zu sehr an. Davon abgesehen, dass die lebenden Leichen sowieso etwas zu oft damit beschäftigt sind, an Toren und Gittern zu rütteln, trübt diese Tatsache zusätzlich ein wenig den wohligen Gänsehautgenuss, der zu einem gelungenen Gruselabend beiträgt. Eine Folge weniger hätte der Miniserie an dieser Stelle sichtlich gutgetan, zumal der Horror auf diese Weise manchmal repetitiv wirkt und sein Ziel verfehlt. Dies ist zwar ein wenig schade, soll aber bitte niemanden abhalten, selbst einen Blick zu riskieren.