«Game of Thrones»: Welche Schatten wirft die Serie ein Jahr nach dem Finale?

Warum die Rewatchability nach dem Finale stark in Mitleidenschaft geraten ist und wie es mit dem «GoT»-Universum im TV weitergeht: Die populärste Serie der Welt ein Jahr nach dem Finale im Blick.

Genau vor einem Jahr fand das größte Fantasy-Serien-Epos nach achtjähriger Reise ein Ende. In der Nacht vom 20. Mai 2019 bekamen Fans über Sky hierzulande die finale Episode von «Game of Thrones» zu sehen. Was sich bereits über die vorangegangenen Folgen der achten Staffel angedeutet hatte, bestätigte sich im großen Serienfinale. Im Netz brach ein Lauffeuer der Empörung aus, die Fans waren - und sind auch jetzt noch - alles andere als zufrieden mit dem Ausgang ihrer Lieblingsserie. Zwar war von vornherein klar, dass man die hohen Erwartungen nach sieben Staffeln wohl kaum vollends erfüllen konnte. Alle Storystränge rund und organisch zusammenbringen, Charakterentwicklungen logisch abschließen, ein nachvollziehbares, unterhaltendes Ende mit spektakulären Bildern liefern - ein kaum zu bewerkstelligendes Mammutprojekt für die beiden Showrunner David Benioff und D. B. Weiss. Doch, dass sie die finale Staffel in den Augen der meisten Zuschauer so verhauen würden, damit hatte wohl keiner gerechnet - gerade nach ihrer langjährigen exzellenten Arbeit an der erfolgreichsten Serie der Welt.

Wie groß der Unmut und die Unzufriedenheit mit dem Abschluss der Serie auch ein Jahr nach dem Ende noch ist, spiegelt sich vor allem in den berüchtigten IMDb-User-Wertungen zur Show wieder. Dort gibt die achte Staffel immer noch keine gute Figur ab. Während nahezu alle Episoden der ersten sieben Staffeln über sagenhafte neun von zehn möglichen Sternen bekamen, vier davon sogar mit einem Rating von 9,9 Prozent geadelt wurden, kam keine einzige Folge der achten Staffel nur ansatzweise an den normalen, hohen Maßstab der Serie heran. Das große Finale wurde gar mit 4,1 Sternen abgestraft. Die Fans sind nicht zufrieden mit dem Ende und würden das Finale am liebsten neu schreiben lassen.

Die Probleme der Fans mit der finalen Staffel


Während die finalen sechs Folgen mal wieder mit spektakulären Bildern auftrumpften, visuell neue Messlatten im Serienbereich setzten und sich mit jeder Hollywood-Produktion problemlos messen konnten, blieb leider das Drehbuch komplett auf der Strecke liegen. Logiklücken vielen teilweise so gravierend auf, dass man schon blind sein musste, diese nicht zu bemerken. Nicht nur Nerds der Serie, die sich mit dem Universum inzwischen wohl selbst besser auskennen als die beiden Showrunner und schon seit Staffel fünf immer wieder Alarm schlugen, ließen ihrem Missmut freien Lauf.

In der Retrospektive ist klar, seit die Handlung der Serie sich (notwendigerweise) von den Büchern George R.R. Martins entfernt hatte und eigene Ideen entwickelt werden mussten, machten sich immer mehr Ungereimtheiten breit. Zudem fehlte die Zeit, die Serie vernünftig zu Ende zu führen. Viele Entwicklungen in den finalen Folgen wirken gehetzt und zu konstruiert. Warum «Game of Thrones» so schnell zu einem Abschluss kommen musste und die beiden letzten Staffeln nicht mal mehr zehn Episoden zählten, können wohl nur Benioff und Weiss selbst verraten. Seitens HBO wären weitere Staffeln ihres größten Serienhits kein Problem gewesen. Schöpfer George R.R. Martin sagte einmal, dass die Geschichte von Eis und Feuer Stoff für mindestens zwölf Staffeln biete. Am Ende wurden es acht, mit zwei verkürzten Staffeln und einem umstrittenen Finale.

Selbst die hochgelobten ersten vier Staffeln wurden durch das Finale in Mitleidenschaft genommen. Wenn sich die Entwicklungen am Ende nicht auszahlen, wichtige Handlungsbögen letztlich nie abgeschlossen werden, geht auch hier ein Teil des Zaubers verloren. Man nehme als Beispiel den Storystrang der Weißen Wanderer. Von Folge eins an wurden sie als die große Bedrohung dargestellt. Die Serie ließ keinen Moment aus, zu betonen, dass die übernatürlichen Wesen aus dem Norden mit ihrer Armee von Untoten die eigentliche Gefahr sind und die Ränkeschmieden um den Eisernen Thron, für die die Serie so berühmt und beliebt geworden ist, letztlich nur Nebensache sind. Alle wollten wissen, was sich hinter dem Nachtkönig versteckt, was sein Plan und Motivation ist. Über sieben Staffeln wurde er als der Überbösewicht aufgebaut, der unbesiegbar schien. Am Ende ging dann alles ganz einfach - wer hätte das gedacht. Schon in Folge drei wurde man das Problem mit den Weißen Wanderern los, nicht einmal große Hauptcharaktere mussten sich dafür opfern. Alles nur, um letztlich doch zu sehen, dass die weltliche Macht anders als bisher erzählt letztlich doch am wichtigsten zu sein scheint, selbst für jemanden, der dieser schon längst entsagt hatte. Zu allem Überfluss bekamen wir dabei noch zu sehen, wie sich Daenerys Targaryen innerhalb kürzester Zeit von einer geliebten Sklavenbefreierin zu einer wahnsinnigen Massenmörderin entwickelt. Wer hat nicht diesen Ausgang nach all den Erzählungen der vorangegangenen Staffeln erwartet… und so fällt es nun auch im Re-Run der Serie schwer, eigentlich interessante Handlungen und Szenen, die letztlich aber doch im Nichts verlaufen, zu genießen.

Während man sich über Jahre die wildesten Theorien ausgemalt und mit Spannung auf den Ausgang und Erklärungen gewartet hat, konnte das Finale die hohen Erwartungen alles andere als erfüllen. Entweder wurden viele Dinge, die im Laufe der Handlung immer wieder auftauchten, gar nicht oder nur unzureichend aufgelöst. Schlicht zu simpel und oft zutiefst unlogisch, so wurde die Erzählweise der achten Staffel empfunden. Die finale Staffel von «Game of Thrones», auch nach einem Jahr noch ein großer Wermutstropfen auf einer sonst so überragenden und einzigartigen Fantasy-Serie.

So geht es mit dem «Game of Thrones»-Universum weiter


Bereits kurze Zeit nach dem Finale der achten Staffel von «Game of Thrones» wurde bekannt, dass bei HBO an fünf verschiedenen Konzepten für einen Nachfolger in der Welt von Eis und Feuer gearbeitet werde. Konkret wurde es letztlich nur bei zwei Anwärtern, während es um die anderen Ideen schnell still wurde. Zwei Monate nach dem Serienfinale machten die Arbeitstitel «Bloodmoon» und «The Long Night» für eines der Werke die Runde. Schnell wurde es heiß um die Produktion. Große Namen wie Naomi Watts («King Kong») oder Jamie Campbell Bower («Chroniken der Unterwelt») wurden für den Cast gewonnen. Regisseurin S.J. Clarkson («Jessica Jones») wurde für einen Piloten engagiert. Zusammen mit Jane Goldblum sollte Westeros-Schöpfer George R.R. Martin höchstpersönlich als Produzenten fungieren. Zeitlich sollte die Serie über 5000 Jahre vor den Geschehnissen in «Game of Thrones» stattfinden und insbesondere die wahre Herkunft der Weißen Wanderer in den Fokus stellen. Mit den bekannten Charakteren und Häusern hätte die Produktion damit recht wenig zu tun gehabt. Dafür hätte man die Möglichkeit gehabt, relativ frei im Fantasy-Universum zu agieren.

Doch aus der Umsetzung dieses recht fortgeschrittenen Projekts wurde letztlich nichts. Die Pilotfolge scheiterte bei den Verantwortlichen und die Arbeit daran wurde komplett verworfen. Stattdessen geriet eine zweite Idee für ein anderes Prequel mehr und mehr in den Vordergrund, die letztlich auch das Go bekommen hat und definitiv mit zunächst zehn Episoden in Serie gehen soll. Hierfür orientiert man sich an den Wurzeln des Erfolgs von «Game of Thrones» - den Büchern von George R.R. Martin. Statt weiter frei in der Welt von Eis und Feuer selbst herumzuexperimentieren, was bekanntlich in den finalen Folgen der Serie nicht gerade für Jubelstürme bei den Fans gesorgt hatte, besinnt man sich auf die Stärken des Universum, die eindeutig bei der Erzählweise von Martin liegen. Fans können also beruhigt aufatmen.

Selbstverständlich sitzt der «GoT»-Schöpfer daher auch wieder mit im Boot. Er soll als Co-Creator fungieren, allerdings keine eigenen Drehbücher liefern, da er sich noch auf die Fertigstellung seiner Romanreihe konzentriert.. Statt 5000 Jahre in die Vergangenheit zu reisen, geht es nur 300 Jahre in die Geschichte von Westeros zurück. Zu dieser Zeit eroberte das Haus Targaryen durch Aegon und seine drei Drachen den Kontinent und vereinte die bekannten sieben Königslande unter sich. Dem berühmten Herrscherhaus mit seinen Drachen widmete Martin bereits ein ganzes Buch: «Fire and Blood». Das geplante Prequel «House of the Dragon» soll sich an dieser Geschichte orientieren. Laut Entertainment Weekly soll die Serie auf ein berüchtigtes Ereignis hinarbeiten: Den «Tanz der Drachen», der Bürgerkrieg der Targaryens. Dieser begann als Erbrechtsstreit nach dem Tod von Viserys I. Der hatte nämlich gleich zwei Erben: Rhaenyra, das letzte lebende Kind aus erster Ehe und Aegon II., der jüngere Sohn aus zweiter Ehe. Es war der einzige Krieg in Westeros, in dem auf beiden Seiten Drachen kämpften. Letztlich war dieses Ereignis der Anfang vom Ende der Drachen, die erst durch ein Wunder unter Daenerys Targaryen wieder zum Vorschein kommen sollten. Da «House of the Dragon» nicht so weit in die Vergangenheit reist, dürfen Fans alle bekannten Adelshäuser mit den Vorfahren ihrer geliebten Charaktere zurückerwarten.

Während über die Produktion zum Piloten von «Bloodmoon» schnell viel bekannt war, sieht es bei «House of the Dragon» ganz anders aus. Über den Cast für die bereits bestellte Serie hält HBO großes Schweigen. Durch die beiden Hauptverantwortlichen Serie lässt sich allerdings etwas abschätzen, wohin die Reise gehen und worauf der Fokus wohl liegen wird. Showrunner der Produktion sind Ryan Condal, Drehbuchautor von «Rampage» und «Hercules», und «Game of Thrones»-Veteran Miguel Sapochnik. Beide sind vor allem für geballte Action bekannt, passend zum Setting des Prequels, in dem mit kämpfenden Drachen sicher atemberaubende Bilder geschaffen werden können. Dass Miguel Sapochnik solche Inszenierungen in der Welt von Westeros drauf hat, hat er als Regisseur von Folgen wie «Battle of the Bastards» oder «Winds of Winter» bereits eindrucksvoll bewiesen. Für «House of the Dragons» wird er im Regiestuhl sitzen, während Condal für das Drehbuch verantwortlich ist.

Wann genau mit neuem Material aus der Welt von Eis und Feuer im TV zu rechnen ist, steht noch nicht fest. Lediglich ein grober Zeitrahmen für das Targaryen-Prequel steht. So verriet HBO-Programmchef Casey Bloys dem Fachblatt Variety im Januar: „Wir sind gerade in dieser Stufe und erzählen die Geschichte (...) Meine Vermutung ist, dass wir sie 2022 auf Sendung sehen werden.” Ob und wie sich dieser Zeitplan eventuell durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie verändert haben, ist noch nicht bekannt. «Game of Thrones»-Fans müssen also noch einige Zeit warten und können diese nutzen, um mit dem schwierigen Finale der Serie rein zu werden.
20.05.2020 15:00 Uhr  •  Niklas Spitz Kurz-URL: qmde.de/118460