#JKLive: Die seltsamen Männerwelten sind 'bitter und für manche kaum zu glauben'

Thema: Geballte Kommentar-Dummheit. Anonyme Hass-Posts, sexuelle Belästigung im Web. Um darauf aufmerksam zu machen, überließen Joko und Klaas die komplette gewonnene Sendezeit weiblichen Kolleginnen. Die Bilder hinterließen und hinterlassen einen bleibenden Eindruck.

Für Sendung Nummer fünf von «JK Live» hatten Joachim Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf nicht mit Superlativen gespart. Via Twitter verbreiteten die beiden am Mittwochabend – gut eine halbe Stunde vor dem Start der durch einen weiteren Sieg in «Joko und Klaas gegen ProSieben» erspielten 15 Minuten Sendezeit zur freien Verfügung: „Das werden heute wohl die speziellsten 15 Minuten, die wir je gesendet haben. Nichts für schwache Nerven. Joko und mir fällt heute Abend eine besondere Rolle zu & ich bin mir außerdem nicht sicher, wie 20.15-Uhr-tauglich das alles ist“, schrieb Klaas auf seinem Account. Ein bisschen Klappern musste zweifelsfrei sein. Die Quoten ließen zuletzt nach; aus 19,7 und 20,4 Prozent bei den ersten beiden 15 Minuten waren sie zurückliegende Woche, als Joko und Klaas eine RTL-Sondersendung zu den Corona-Lockerungen abfilmten, auf 11,3 Prozent gesunken.

Am Mittwoch nun also bekamen die beiden Entertainer zum fünften Mal Sendezeit ihres Kanals eingeräumt. Zum fünften Mal ersetzte ProSieben sein Corner-Logo durch das Emblem von Joko&Klaas und zum fünften Mal distanzierte sich der Münchner Fernsehsender vor der Ausstrahlung vorsichtshalber von dem Inhalt. Die Show startete mit einer Überraschung: Sophie Passmann, bekannt unter anderem von 1Live, führte durch die Sendung. Sie erklärte, es gehe um eine besonders gruselige Ausstellung. «Saw 3» werde dagegen wie «Lilo & Stitch» wirken. „Es wird hart, es wird bitter und für manche kaum zu glauben.“ Willkommen zu „Männerwelten“, hieß es. Die komplette Sendung wurde von weiblichen TV-Stars/Künstlern präsentiert. Joko und Klaas selbst tauchten nicht auf, sie überließen die Zeit den Frauen.

Schnell wird klar – es geht um den unverblümt geposteten Hass im weltweiten Internet – speziell gegen Frauen und dass dieser sich oftmals auf sexueller Ebene verbreitet. Zudem zeigte die Sendung eindringlich, wie leicht und oft sich Frauen auch im normalen Alltag sexueller Gewalt ausgesetzt sehen. Das erste Exponant von Palina Rojinski: ein Penisbild. Zur Verfügung gestellt von „einem Künstler selbst.“ Und es sollte nicht bei einem bleiben. Danach folgten ganz viele dieser unaufgefordert geschickten Pics. „Ich kann ein Foto von meinen Turnschuhen posten und ich bekomme ungefragt so etwas. Das grenzt an virtuellen Missbrauch“, sagte Rojinski. Jeannine Michalsen führte dann durch den zweiten Teil der Ausstellung – und las einige Kommentare aus dem Internet vor, die über sie geschrieben wurden. „Sie sieht aus wie eine Bitch, aber von der unerfolgreichen Sorte“ war da noch einer der freundlichen Posts, die verlesen wurden. Model Stefanie Giesinger (zitierte Kommentare wie: „Meine Güte, das ist ein Klappergestell“) setzte die Ausstellung fort. 16 von 100 Kommentaren seien bei weiblichen Influencern sexistisch, erklärte Passmann.

Aus Chatverläufen, gesammelt von AntiFlirting2, machten die Produzenten dieser Sendung eine weitere Ausstellung. Collien Ulmen-Fernandes präsentierte mit Katrin Bauerfeind weitere unglaubliche Anmachen aus den Untiefen des World Wide Web, deren Inhalt an dieser Stelle besser nicht wiedergegeben werden sollen. Auch weitere Kolleginnen und/oder Freundinnen der Macher berichteten anschließend von diversen Situationen, in denen sie sich von Männern belästigt fühlten.



'Männerwelten' sei eine Dauerausstellung, die auch nach dieser Sendung weitergehen werde. Man werde noch eine ganze Weile ertragen müssen, dass "diese Scheiße stattfindet", erklärte Sophie Passmann am Ende des Formats. Sie prangerte auch an, dass eine der am häufigsten gestellten Fragen nach Vergewaltigungen noch immer sei: "Was hattest du an?" Für echte Gänsehaut sorgte dann der letzte Ausstellungsraum, in dem die Zuschauer dann quasi alleine, ohne Moderatorin, geführt wurden. Thema: "Was hattest du an, als du vergewaltigt wurdest." Zu sehen: Ganz normale Alltagsklamotten. Die letzten Sendesekunden dürften und sollten noch viele Monate und Jahre im Gedächtnis bleiben. "Was hatte ich an, als ich vergewaltigt wurde", sagte eine Stimme. "Ich hatte einen Pyjama an. Ich hatte einen Pyjama an, als ich neun, zehn, 13 Jahre alt war. Auch mit 17 hatte ich einen Pyjama an. Die Dunkelheit ist heute meine größte Angst."
13.05.2020 20:33 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/118319