«Warten auf’n Bus»: Zwei Kumpels unter sich

Mit «Warten auf’n Bus» hat der RBB einen echten Geheimtipp im Programm. Die achtteilige Serie kommt mit wenig Mitteln aus und besticht vor allem durch starke Hauptdarsteller und Dialoge.

Facts zu «Warten auf'n Bus»

  • Drehbücher: Oliver Bukowski
  • Regie: Dirk Kummer
  • Kamera: Falko Lachmund
  • Szenenbild: Agi Dawaachu
  • Schnitt: Simon Quack, Alina Drescher
  • Ton: Oliver Grafe
  • Produktion: Senator Film
Eine trostlose Gegend, eine heruntergekommene Bus-Haltestelle irgendwo im Nirgendwo in Brandenburg und zwei berlinernde Männer, die sich über Gott und die Welt unterhalten. Das ist das Setting der neuen RBB-Produktion «Warten auf’n Bus» - und dit is richtig unterhaltsam. Obwohl man das nur aufgrund der doch simplen Ausgangssituation der Serie vielleicht nicht direkt vermuten würde.

Die verlassene Bus-Haltestelle wird nämlich mit Leben gefüllt von Johannes "Hannes" Ackermann und Ralf "Ralle" Paschke, zwei End-Vierzigern, die schon bessere Zeiten gesehen haben. Ralle (Felix Kramer, «Dogs of Berlin»), einst ambitionierter Tagebau-Ingenieur gewesen, ist langzeitarbeitslos und ein Info-Junkie, der mehr Gefallen an Wikipedia-Infos als an Sinnessprüchen hat. Letztere gibt sein Kumpel Hannes (Ronald Zehrfeld, «Babylon Berlin») gerne von sich – seine Zitatgeber kommen dabei meist aus dem Film- und Fernsehbereich: „Guten Freunden gibt man ein Küsschen“, zitiert der invalide Hannes den Nuss-Pralinen-Hersteller Ferrero. Ralles Resümee: „Jeder macht seins. Du so, ick so. Zusammen sind wa dann eben Dichtung und Wahrheit. Ok?“ – „Ok.“

Hannes und Ralle sind abgehängt, befinden sich in einer Phase ihres Lebens, in der sie eigentlich nicht gerne sein wollen („Ick bin genauso geworden, wie ick nie sein wollte.“) Beide haben dementsprechend schon viel Negatives erlebt. Die grau-triste und oft verregnete Location passt sich demnach wunderbar der Grundstimmung der Charaktere an. Es geht bei «Warten auf’n Bus» nicht um den großen Witz, eher kann man zwischen den Zeilen über den ein oder anderen Dialog schmunzeln.

«Warten auf’n Bus» scheut sich nicht davor, ins fast schon Philosophische abzudriften – zum Beispiel, wenn Ralle und Hans sich fragen, ob Hunde ein Selbstbewusstsein haben können. Oder wie es in berlinerisch richtigerweise heißt: „Weeß der Hund, dit et ihn überhaupt jibt?“ Ob solche Themen auch im echten Leben irgendwo in Berlin (oder in Deutschland) an einer Bus-Haltestelle verhandelt werden, steht sicherlich auf einem anderen Blatt. Dabei zuzusehen macht aber trotzdem sehr viel Freude. Auch dass die Serie überwiegend nur an der besagten Bus-Haltestelle spielt, ist somit kein Nachteil.

Das liegt an den starken Dialogbüchern von Theater-/Hörspielautor Oliver Bukowski und daran, dass Kramer und Zehrfeld wunderbar miteinander harmonieren. Die langjährige Freundschaft, der unterm Strich doch immer liebevolle Umgang zwischen den beiden – das spürt man von Anfang an. Achja: Der Bus kommt dann wirklich gegen Ende der ersten Folge angerollt. Und mit ihm Busfahrerin Kathrin (Jördis Triebel, «Bad Banks»), das heimliche Objekt der Begierde von Ralle und Hans.

Sowohl Kramer als auch Zehrfeld kommen übrigens tatsächlich aus dem Osten. Das war für Regisseur Dirk Kummer beim Casting der Hauptdarsteller sogar eine Grundvoraussetzung. Der Ossi-Dialekt ist bei «Warten auf’n Bus» ähnlich wie bei «Hindafing» eben ein wichtiger Baustein in Sachen Authentizität. Mit wenig Mitteln starke Figuren starke Geschichten erzählen lassen, das muss man erstmal schaffen. «Warten auf’n Bus» gelingt das und könnte deswegen ein Geheimtipp wie «Der Tatortreiniger» werden. Die vorerst acht je 30-minütigen Folgen sind bereits in der ARD-Mediathek abrufbar, ab Mittwoch laufen sie auch wöchentlich im RBB-Fernsehen ab 22 Uhr bzw. zum Auftakt einmalig um 22.30 Uhr.

Dit sollte man auf dem Schirm haben!
22.04.2020 22:00 Uhr  •  Daniel Sallhoff Kurz-URL: qmde.de/117748