Bibelfilme – wo sind sie hin?

Geschichten aus dem Alten und dem Neuen Testament, groß aufbereitet: Die Klassiker laufen seit Ewigkeiten feiertags im Fernsehen – aber der Nachschub bleibt aus.

«Die Bibel» in den USA

Die Serienpremiere erreichte in den USA insgesamt 13,1 Millionen Zuschauer. Danach schwankten die Zuschauerzahlen beim History Channel in den Folgewochen zwischen 10,30 und 10,90 Millionen, als der Kabelsender jeweils Doppelfolgen präsentierte. Das Finale der Eventserie unterhielt dann wieder 11,70 Millionen Menschen.
Die Ostertage. Die Zeit, in der die Fernsehsender tief in ihren Archiven kramen und Monumentalschinken raushauen – oftmals mit Bibelbezug. Filme wie etwa «Die zehn Gebote», die zwischenzeitlich in Hollywood die Blaupausen für pompöse Unterhaltung waren. Wie es generell mit Hollywood-Trends ist, ist aber auch die Welle an Bibelverfilmungen irgendwann abgeflaut. Doch kurioserweise kam es seither zu keinem nennenswerten Wiedererstarken. Und dabei gab es in den 2000er-Jahren einen potentiellen Auslöser einer neuen, langen Reihe an solchen Filmen.

Doch obwohl Mel Gibson mit «Die Passion Christi» einen gigantischen Erfolg feierte – 2004 spülte die 30-Millionen-Dollar-Produktion über 620 Millionen Dollar in die Kinokassen – blieb die nächste, große Welle an Bibeladaptionen aus. Und unter den wenigen Bibel-Nachzüglern bildeten sich zwei Klassen: In der erfolgreichen landete die kostspielige TV-Adaption «Die Bibel», die 2013 in den USA zweistellige Millionenreichweiten generierte und die 2015 mit einer ebenfalls gefragten, jedoch an Popularität klar nachlassenden Fortsetzung gesegnet wurde. Und auch Historys «Jesus – Sein Leben» aus dem Jahr 2019 fand Anklang. Und in der anderen Klasse befinden sich die Leinwandprojekte rund um die Bibel.

Denn während «Die Bibel» zu einem riesigen TV-Erfolg wurde, blieben aufwändige Bibelverfilmungen (und der thematisch verwandte, neuste Aufguss von «Ben Hur») in den Kinos weit hinter den finanziellen Erwartungen zurück. Darren Aronofskys «Noah» spielte weltweit zwar 362,6 Millionen Dollar bei einem Budget von 125 Millionen Dollar ein und könnte somit inklusive Heimkino- und TV-Auswertung durchaus schwarze Zahlen geschrieben haben – dessen ungeachtet hinterließ der Film nicht gerade einen angenehmen Nachgeschmack, der in Hollywood Lust nach mehr geschaffen haben sollte.

So war die Fachpresse voll mit Berichten über Differenzen zwischen Darren Aronofsky und dem verantwortlichen Studio Paramount, die durch Testvorführungen mit religiösem Publikum ausgelöst wurden. Es folgten außerdem Artikel darüber, in welchen Ländern der Film verboten wurde, und ein Rattenschwanz an Diskussionen darüber, was davon zu halten ist, dass eine Geschichte, die multikulturelle Wurzeln hat, mit einem primär weißen Cast umgesetzt wird.

Diese Debatte holte auch Ridley Scotts «Exodus: Götter und Könige» ein, zusammen mit einem uneinigen Echo seitens des Publikums und der Kritik: Zwischen "zu düster", "zu melodramatisch", "zu forciert andersartig" und "zu nah an den Cecil-DeMille-Produktionen" war alles vertreten. Bei einem Budget, das von manchen Quellen auf bis zu 200 Millionen Dollar geschätzt wird, kamen nur 268,2 Millionen Dollar an den Kinokassen zusammen – wobei selbst das 2016 von «Ben Hur» unterboten wurde. Der Monumentalfilm nahm nur 94,1 Millionen Dollar weltweit ein.

Weshalb zieht es nicht mehr?


Es dürfte schwer sein, eine Generalantwort dafür zu finden, weshalb sich Bibelfilme nicht mehr als große Leinwandevents durchsetzen. Aber ein paar Überlegungen wollen wir uns an dieser Stelle gestatten: Einerseits hat sich ganz einfach das Verhältnis des breiten Publikums zur Bibel gewandelt – es ist heute schwerer, für Bibelgeschichten dieselbe, flächendeckende Begeisterung zu wecken wie etwa noch in den 1950er-Jahren. Hinzu kommt, dass viele der Bibelgeschichten, die sich mit großem Unterhaltungsfaktor und nicht all zu hohem, missionarischem Pathos erzählen lassen, bereits verfilmt wurden – und das mit immensem Aufwand und oftmals auch in beeindruckender Qualität. Was mit Remakes von solchen Kostümschinken an den Kinokassen und in der Presse passiert, hat Timur Bekmambetovs «Ben Hur» ja bereits vorgemacht.

Hinzu kommt die Frage nach der künstlerischen Ausgangsposition neuer Bibelfilme: Eine größere, kritischere Distanz zum Ausgangsmaterial könnte dazu führen, dass das gläubige Publikum fern bleibt – und somit die Zielgruppe, bei der man die wenigste Überzeugungsarbeit leisten müsste. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie unterhaltsam so ein Monumentalfilm sein kann, der sich selber unentwegt hinterfragt. Eine Herangehensweise, die nah an der ist, die die großen Genreklassiker an den Tag gelegt haben, wäre wiederum wie aus der Kino-Gegenwart gefallen – und auch wenn solche bewusst gegen den modernen Geschmack gebürstete Filme funktionieren können, müssen sich erst einmal Filmschaffende und Geldgeber finden lassen, die ein solches Risiko im modernen Filmklima eingehen wollen.

So ganz weg sind sie zudem eh nicht, die Bibelverfilmungen. Sie sind nur kleiner geworden. 2018 lief etwa «Maria Magdalena» mit Rooney Mara in der Titelrolle und Joaquin Phoenix als Jesus an. Der Film versuchte sich an einem Spagat zwischen feministischer Stellungnahme und geradliniger Textdeutung – und schlussendlich saß der Film zwischen den Stühlen. Und kleine Produktionsfirmen wie Pure Flix, die sehr gezielt einen konservativ-gläubigen Markt bedienen, versuchen sich abseits ihrer zeitgenössischen Dramen hin und wieder auch direkt an Bibelstoffen. So entstandene Filme wie «Samson» sind jedoch aus Budgetgründen weit von solchen gigantischen Schinken wie den Charlton-Heston-Vehikeln entfernt.

Aber wer weiß: Mel Gibson arbeitet an einer Fortsetzung von «Die Passion Christi», und wenn der Film auch ansatzweise so viel einnimmt wie sein Vorläufer, wird es gewiss Trittbrettfahrer geben.
10.04.2020 11:50 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/117471