Die Kritiker: «Sarah Kohr - Teufelsmoor»

Irgendwann wischt sich Sarah Kohr in dieser Folge nicht einmal mehr das Blut aus dem Gesicht. Aber ist das Ausdruck von gekonnter visueller Dramatik – oder lässt sich die Ermittlerin langsam gehen?

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Lisa Maria Potthoff als Sarah Kohr
Herbert Knaup als Anton Mehringer
Corinna Kirchhoff als Heike Kohr
Stephanie Eidt als Anna Mehringer
Armin Rohde als Wilhelm Grebe
Karoline Eichhorn als Katrin Hohenbek
Harald Schrott als Dietrich Hohenbek

Hinter der Kamera:
Produktion: Die Film GmbH
Drehbuch: Timo Berndt
Regie: Marcus O. Rosenmüller
Kamera: Tobias Schmidt
Produzenten: Uli Aselmann und Sophia Aldenhoven
„Wer alt genug zum Einbrechen ist, ist auch alt genug zum Sterben“, resümierte einst Michael Jeanné, das österreichische Pendant zum „Bild“-Gossenkolumnisten Franz Josef Wagner, in der „Kronen-Zeitung“, nachdem eine Polizistin in Ausübung ihrer Dienstpflicht einen vierzehnjährigen Einbrecher totgeschossen hatte.

Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff) ist da feinfühliger: Zufällig stolperte sie in einen Tankstellenraub und setzte den Täter mit einem gezielten Tritt kurz außer Kraft. Der zog eine Waffe, gab einen Schuss auf Kohr ab und war sichtlich überrascht, dass die Pistole scharf feuerte. Da hatte Kohr in einer Mischung aus Affekt und Notwehr aber schon reagiert und ihn mit ihrer Dienstwaffe in den Bauch geschossen. Erst hinterher stellt sich heraus, dass der Dieb erst fünfzehn war und bisher als völlig harmlos und unauffällig galt.

Doch Kohr darf nur kurz mit sich hadern und sich von ihrem Ex-Lover und Vorgesetzten (Herbert Knaup) mühselig Absolution erteilen lassen. Das hier ist kein Film zum Reflektieren, und dementsprechend schnell greift die Ermittlungsdramaturgie. Die Leitfrage in dieser Woche: Wie ist der Junge überhaupt an die Knarre gekommen? Bald stößt Kohr unverhofft auf ein Lager irgendwo im Teufelsmoor, wo sich NVA-Restbestände türmen, die mit einigem Aufwand gut in Schuss gehalten wurden (pun intended).

Der Fall hangelt sich weiter an den üblichen Haltestellen entlang: Altkommunistische Revolutionäre, die vor fünfundzwanzig Jahren einen Bundeswehr-Tross überfallen haben, und durch ein abgeschiedenes niedersächsisches Dorf, in dem ein missmutiger Armin Rohde als Bürgermeister auftritt, und wo die Menschen nur hineingeboren werden, aber niemals jemand hinziehen würde.

Wirklich etwas zu erzählen hat „Teufelsmoor“ leider nicht: weder zur Schuld, die die Hauptfigur nun mit sich herumträgt, nachdem sie einen Fünfzehnjährigen in die Klinik geschossen hat, noch über das inzestuös miteinander verbandelte, düstere Dorf oder die generischen Altlinken, die nach ihrem Knastaufenthalt nun alternative Buchläden betreiben. Das Klischee ist diesem Film Stofffülle genug. Und auch Sarah Kohr scheint trotz aller plotantreibenden Übermotivation nicht so viel Lust auf diese Geschichte zu haben: Ganze Sequenzen lang trabt sie mit blutverschmiertem Gesicht durch die Gegend, was sie – anders als Lady Macbeth, die sich ihre blutverschmierten Hände nur einbildet – gar nicht groß zu stören scheint. Entweder lässt sich die Montagabend-Polizistin also ziemlich gehen – oder ihre Autoren erkennen dramatisches Potential nicht einmal, wenn es sie mit literweise Blut im Gesicht anstarrt.

Das ZDF zeigt «Sarah Kohr – Teufelsmoor» am Montag, den 6. April um 20.15 Uhr.
06.04.2020 11:20 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/117334