Die Kritiker: «Annie – kopfüber ins Leben»

Eine Nacht stellt die 17 Jahre lange Ehe von Annie und Ralf komplett auf den Kopf: Aus einem Seitensprung folgt eine Schwangerschaft. Bekommt die 40-Jährige ihr Leben danach wieder in den Griff?

Cast & Crew

  • Darsteller: Bernadette Heerwagen, Antonia Fulss, Thomas Loibl, Manuel Rubey, Kathrin von Steinburg.
  • Schnitt: Monika Abspacher
  • Musik: Dieter Schleip
  • Kamera: Philipp Timme
  • Buch: Dominique Lorenz
  • Regie: Martin Enlen
Nach 17 Jahren Ehe ist die Leidenschaft zwischen Annie (Bernadette Heerwagen) und Ralf Frieding (Thomas Loibl) schon lange verschwunden und auch ihr Liebesleben ist seit über zwei Jahren inexistent. Auf einem Wellness-Wochenende mit ihrer besten Freundin Tine (Kathrin von Steinburg) unterliegt Annie dem Charme des Fitnesstrainers Raimund (Eugene Boateng) und die beiden landen zusammen im Bett. Ein einmaliger Ausrutscher – ist Annie direkt am nächsten Morgen klar. Doch so leicht kann sie die Nacht nicht einfach vergessen, denn kurz darauf stellt Annie fest, dass sie schwanger ist. Vor allem Tina ist davon alles andere als begeistert. Seit über fünf Jahren versucht sie selbst schon vergeblich mit ihrem Mann Nils (Manuel Ruby) ein Kind zu bekommen.

Annie ist mit der Situation überfordert, entschließt sich dann aber doch dazu vollkommen ehrlich zu sein. Sie schenkt Ralf reinen Wein ein und gesteht ihm außerdem, dass für sie keine Abtreibung infrage kommt. Annie will das Kind behalten und fragt ihren Ehemann, ob er ihr helfen wird, den Nachwuchs gemeinsam mit ihr großzuziehen. Dass ist Ralf dann doch etwas zu viel, er haut ab und erklärt die Ehe für beendet.

Aber noch nicht genug: Die beiden haben eine bereits 15-jährige Tochter Cora (Antonia Fulls), die sich dazu entschließt in dieser schwierigen Situation bei ihrer Mutter zu bleiben und sie zu unterstützen. Doch dann steht auf einmal der Vater des Kindes vor der Tür, dem Annie alles erzählt hatte und möchte sie und ihr noch ungeborenes Kind unterstützen. Er zieht bei den beiden ein und sie versuchen als Team zusammenzuleben. Doch vor allem Cora fühlt sich hintergangen und ist über den neuen Mitbewohner alles andere als erfreut.

Es gibt viele Geschichten, die über den Weg einer Beziehung bis zur Hochzeit erzählen. Dass die Ehe aber nicht mit einem Happy End gleichzusetzen ist, macht diese Familienkomödie deutlich. Anfangs noch mit recht viel Humor, wird der Film zunehmend ernster und stellt so Annies scheinbar ausweglose Situation dar. So sorgen bald nur noch die neugieren Nachbarn, die Annie natürlich schnell zum Gespräch der gesamten Siedlung machen sowie Annies Mutter und Schwiegereltern für eine Auflockerung der Handlung. Diese wollen nämlich bei den Eheproblemen ihrer Kinder auch etwas mitzureden haben und geben schön klischeehaft in bayerischem Dialekt humorvoll ihre Meinung dazu ab. Allerdings hätte man sich die wohl lustig gemeinte Szene auch sparen können, in der Ralfs Vater den aus Ghana stammenden Raimund mit einem „You’re welcome“ begrüßt. Raimund, der sogar zuvor schon die anderen auf Deutsch begrüßt hat, umgeht die unangenehme Situation und antwortet nur knapp mit „Sie können Deutsch sprechen“.

Vor allem zu Beginn überschlagen sich die Handlungen nahezu, das Drehbuch von Dominique Lorenz bietet aber dennoch genug Raum, damit der Zuschauer Annies Entscheidungen zumindest ansatzweise nachvollziehen kann. Schwer verständlich ist allerdings, dass Tine nicht etwas mehr Einsatz zeigt, ihre beste Freundin vor einem großen Fehler zu bewahren, als diese ihr offenbart, ihren Mann betrügen zu wollen. Zudem hätte man sich noch etwas mehr Tiefe in Tines komplizierter Geschichte wünschen können, die so nur einen extremen Kontrast zu Annies Leben bildet.

Alles in allem bietet das ZDF hier also eine kurzweilige Komödie, bei der auch der Tiefgang nicht zu kurz kommt. Darüber, ob das Verhalten der einzelnen Charaktere immer moralisch richtig ist, kann man sich streiten. Der Zuschauer wird somit dazu bewegt, sich selbst Gedanken über das komplexe Thema zu machen. Der Schluss ist allerdings gegen Ende recht leicht vorherzusehen und alles andere als kreativ. All zu leicht lassen sich sämtliche Probleme im Handumdrehen lösen, nur um mit einem Happy End glänzen zu können. Etwas mehr Einfallsreichtum wäre hier nicht schlecht gewesen, um dem gelungenen Film ein würdiges und realistisches Ende zu bereiten.

Das ZDF zeigt die turbulente Familienkomödie «Annie – kopfüber ins Leben» am Donnerstag, den 19. März 2020 um 20.15 Uhr.
19.03.2020 09:00 Uhr  •  Laura Friedrich Kurz-URL: qmde.de/116682