«Zoey's Extraordinary Playlist»: Da ist Musik drin!

Mit diesem Neustart ist NBC eine ziemlich smarte und süße Musical-Serie gelungen, deren Hauptdarstellerin Jane Levy sich rasch als Idealbesetzung erweist.

Cast & Crew

Produktion: Zihuatanejo Productions, The Tannenbaum Company, Feigco Entertainment, Lionsgate Television und Universal Television
Schöpfer: Austin Winsberg
Darsteller: Jane Levy, Skylar Astin, Alex Newell, John Clarence Stewart, Peter Gallagher, Mary Steenburgen, Lauren Graham u.v.m.
Executive Producer: Richard Shepard, Daniel Inkeles, David Blackman, Jesse Henderson, Paul Feig, Eric Tannenbaum, Kim Tannenbaum, Austin Winsberg, Aaron Harberts und Gretchen Berg
Mit großer Macht kommt große Verantwortung. Was das heißt, muss Peter Parker schon seit über fünf Jahrzehnten am eigenen Leib erfahren. Im Gegenzug für die Bürde dieser Verantwortung stehen ihm aber auch zahlreiche Superkräfte zur Verfügung, die sein Alltagsleben tatsächlich enorm erleichtern. Spinnweben versprühend und sich von Häuserzeile zu Häuserzeile schwingend, manövriert er sich bei Bedarf auch durch die verstopfteste New Yorker Straße, und will man ihm irgendwo den Zutritt verwehren, macht er eben einen kleinen Umweg über die jeweilige Wolkenkratzerfassade.

Ziemlich blöd ist es dagegen, wenn man aus dem Trade-off zwischen Macht und Verantwortung eigentlich nur den letzteren Teil bekommt, und die Superkraft im eigenen Privatleben eher nervend als hilfreich ist. Zoey Clarke (Jane Levy), eine schnuckelige dreißigjährige Programmiererin aus San Francisco, kann ein Lied davon singen – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn seit sie ob eines hypochondrischen Anfalls einen Vormittag im MRT verbracht hat und dabei ein unverhofftes Erdbeben die beruhigende Musikbeschallung durcheinander brachte, kann sie die Gedanken der Menschen in ihrem Umfeld lesen, die ihr in schmissigen Musical-Nummern vorgetragen werden.

Das kann bisweilen nervig sein – etwa wenn bei einer Spätschicht der attraktive und fähige Kollege seine tief hinuntergeschluckte Depression in Form von Mad World los wird, und Zoey ihn nun unter ihre Fittiche nehmen muss, um ihm bei der Verarbeitung des Suizids seines Vaters zu unterstützen. Das schlägt die Brücke zu Zoeys höchstpersönlichem Seelenleben, denn ihr eigener Vater wird seit einem Jahr von einer fürchterlichen neurologischen Erkrankung ausgehöhlt, die ihn schon vollends seines Sprechvermögens beraubt hat. Doch als er ihr mithilfe von True Colors versichern kann, immer noch alles mitzukriegen, kommt der erbauliche Teil von Zoeys Superkraft zum Vorschein.

Das alles ist zuckersüß, unfassbar cute, ziemlich kitschig, hemmungslos emotional, ein bisschen nerdig, einen Hauch exzentrisch, aufwendig produziert und gleichzeitig erfrischend unprätentiös – kurz: verdammt gutes Fernsehen, das in angenehmer Weise ein bisschen altmodisch wirken darf und zugleich den Trend der Warm-Bathtub-Serien verstanden hat, ohne allzu einfach gestrickt auf den Zug aufspringen zu wollen. «Zoey’s Extraordinary Playlist» wirkt weniger berechnet als «This is us» oder «The Good Doctor», und bleibt doch konventionell und erwartbar genug, um sich unauffällig ins Network-Programm einzufügen. Die allzu typischen und einfachen Stilelemente – etwa das obligatorische Love Triangle – werden nur sehr behutsam eingeführt, und dank der wirklich klug entworfenen Hauptfigur sowie des charmanten, ehrlichen Spiels von Jane Levy gerne verziehen.

Stellenweise mag man sich mehr erzählerische Konsequenz wünschen – und gerade für eine Rolle wie Zoeys Chefin (super auf den Punkt gespielt: Lauren Graham) stärkere Konturen als die üblichen Klischees der übergriffigen, fordernden Time-is-Money-Karrierefrau. Dass «Zoey’s Extraordinary Playlist» kein psychedelisches «Glee» geworden ist, sondern eine sanftere Satire, ist angesichts der starken Hauptfigur und der angestrebten ernsthaften Begegnung mit den Problemen und Abgründen ihres Lebens dagegen genau die richtige Entscheidung.
25.02.2020 11:00 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/116154