Zsá Zsá Inci Bürkle: 'Die Grenzen zwischen Film und Serie verwischen zunehmend'

Ist man alt, wenn man TikTok nicht versteht? Können soziale Netzwerke einem beim Schauspielen helfen? Wir haben mit Zsá Zsá Inci Bürkle darüber sinniert und zudem erfahren, welche Projekte die «Der Lehrer»-Mimin faszinieren.

Zsá Zsá Inci Bürkle: Ein Querschnitt ihrer Filmografie

  • «Die Wilden Hühner»-Trilogie
  • 18 Folgen von «Doctor’s Diary»
  • «Fack ju Göhte 2»
  • «High Society»
  • «Gladbeck»
  • «Walpurgisnacht – Die Mädchen und der Tod»
  • «Der Lehrer»: Auftritte in Staffel vier, fünf und sieben, zentrale Rolle in Season acht
Nach ein paar Jahren Abstand bist du nun wieder bei «Der Lehrer» an Bord – von der Schülerin zur Referendarin gereift. Hast du dir zur Vorbereitung noch einmal die alten Folgen angeschaut?
Ja, das habe ich tatsächlich! Ich habe mir einige meiner Folgen als Emma nochmal angeschaut. Ich kannte die Rolle natürlich noch, aber ich wollte noch einmal ein Gefühl dafür gewinnen, wie ich Emma angelegt habe, und wie der Cast der Serie generell spielt, wie das Tempo und der Tonfall von «Der Lehrer» ist. Ich wollte das alles noch einmal verinnerlichen, bevor ich zurückkehre, obwohl Emma durch diesen Zeitsprung in der Serienhandlung von fünf Jahren natürlich zu einer anderen Person herangewachsen ist.

So ein Zeitsprung ist bei einer Serie ja sehr ungewöhnlich. Wie weit im Voraus wurde dieser Plan mit der abgesprochen?
Ich wurde vor Beginn der siebten Staffel angefragt. Gegen Ende der siebten Staffel wird ja diese neue Erzählebene aufgebaut, und daher wollte das Team mit viel Vorlauf alles in trockenen Tüchern haben. Ich wurde angesprochen, ob ich zurückkehren möchte, und ich wurde, als ich mein Interesse daran bekundet habe, auch in die Ideen für Staffel acht eingeweiht: Dass es einen Zeitsprung gibt und Emma nun nach dem Studium an ihre alte Schule zurückkehrt und als Referendarin tätig ist. Das kam für mich sehr unerwartet, aber ich habe mich auch sehr gefreut!

Interessant waren dann ja die ersten paar Artikel zu diesem Thema in der Presse. Da gab es so Spekulationen der Marke "Ist SIE die Neue an der Seite des Lehrers?" …
Ja, die habe ich auch gesehen. Dabei stimmt das ja überhaupt nicht! Niemand kann Jessica Ginkel ersetzen und niemand will Jessica Ginkel ersetzen.

Ich mag Veränderungen in Serien sehr selten, und nun komme ich an und mache genau das, was ich als Zuschauerin immer so ärgerlich finde.
Zsá Zsá Inci Bürkles selbstironische Reaktion auf ihre Rückkehr bei «Der Lehrer»
Neben der irreführenden Vorabpresse kam mit deiner Rückkehr zu «Der Lehrer» und dem inhaltlichen Zeitsprung zudem sicher der Druck hinzu: Die Serie verändert sich in dieser Staffel enorm, und sowas mögen manche Serienfans ja nicht …
Ich zum Beispiel! (beschämtes Lachen) Ich mag Veränderungen in Serien sehr selten, und nun komme ich an und mache genau das, was ich als Zuschauerin immer so ärgerlich finde. (lacht) Ich glaube, dass bei Serien Änderungen kritisch beäugt werden, liegt daran, dass man bei Serien so viel Zeit mit den Figuren verbringt, dass sie einem ans Herz wachsen. Und wenn das Herz erst einmal an was hängt, dann tut so eine Veränderung im ersten Augenblick halt weh – und es braucht Zeit, bis man erkennt, dass es ein interessanter, guter Schritt ist, sich weiterzuentwickeln.

Ich war daher etwas nervös, ob diese Neuerung bei «Der Lehrer» funktionieren wird. Aber da diese Serie so sehr von den Schülern lebt, fand ich es sehr naheliegend, dass es mal zu so einer Entwicklung kommt – und ich finde es angenehm, mal eine Rolle in meinem Alter zu spielen, statt schon wieder eine 16-Jährige. (lacht)

Abgesehen davon, dass du nun als Schauspielerin eine große Serienänderung mitträgst, obwohl du so etwas als Zuschauerin meistens kritisch siehst: Tickst du generell als Zuschauerin anders als in deiner Rolle als Schauspielerin?
Total, ich, die Zuschauerin, und ich, die Schauspielerin, wir sind total unterschiedliche Menschen. (lacht) Ich kann beim Zuschauen völlig mein Fachwissen ausblenden. Ich denke nicht über die Technik nach, achte nie auf Schnittfehler, sondern bin voll in der Geschichte drin. Daher kann ich auch überhaupt keine Horrorfilme gucken, ich leide da zu sehr mit! Und wenn ich mal was zur Recherche gucke oder weil Kollegen mir etwas aus technischen Gründen empfehlen, muss ich mich dann geradezu zwingen, auf diese Aspekte zu achten. Aber: Wenn ich Drehbücher lese, hilft mir dieser Hang dazu, mich in Geschichten zu verlieren. Ich habe beim Drehbuchlesen nämlich eine blühende Fantasie und kann mir die fertige Folge oder den fertigen Film schon bildlich vorstellen!

Na, wenn das nicht nach "Nächster Karriereschritt: Regie!" klingt …
Ich finde Regieführen extrem faszinierend. Aber ich habe da auch eine große Berührungsangst. So lange an ein Projekt gebunden zu sein und somit so große Verantwortung zu tragen? Ich will mir das jetzt noch nicht zutrauen. Aber es klingt so verführerisch … Ich weiß nicht, vielleicht führt es mich eines Tages dorthin …

Man wird ein wenig zur "Beschützerin" der eigenen Rolle, da man stets einen Weg finden muss, wie man diese Rolle mit den verschiedenen Sichtweisen der unterschiedlichen Regisseure vereinbart.
Zsá Zsá Inci Bürkle über das Arbeiten mit mehreren Regisseuren an nur einer Rolle
Liv Lisa Fries hat mir neulich erzählt, wie interessant, aber auch kurios es ist, dieselbe Rolle vor verschiedenen Regisseuren zu spielen. Wie sieht es bei dir aus, was macht es mit dir, bei «Der Lehrer» als Emma mehrere Regisseure durchlebt zu haben?
Das ist eine große Herausforderung, vielleicht sogar die größte. Denn durch die wechselnde Regie ist man eher auf sich gestellt, wenn man versucht, seine Figur zu finden. Man wird ein wenig zur "Beschützerin" der eigenen Rolle, da man stets einen Weg finden muss, wie man diese Rolle mit den verschiedenen Sichtweisen der unterschiedlichen Regisseure vereinbart. Aber das ist nun kein Wehklagen von mir! Denn so lernt man auch viel. Es hat also seine Vor- und Nachteile, dieselbe Rolle vor verschiedenen Regisseuren zu spielen.

Wenn man verunsichert ist, ist es ein bisschen schade, wenn man die Regie so durchwechselt, weil man deshalb keine Konstante hat, bei der man nachhaken kann, was man nun tun soll. Aber es hat den Vorteil, dass man, wenn man eine andere Meinung hören will, über die Dauer des Projekts viele Gedanken über seine Rolle kennenlernt. Ich selber habe gemerkt, dass ich persönlich dazu tendiere, feste Strukturen bei einem Projekt zu bevorzugen, und ich glaube, ich tendiere eher zu Regisseuren mit einer klaren Vision als zu jenen, die einem viel Freiraum geben. Aber ich komme natürlich mit Beidem klar. Schließlich gehört das nicht nur zum Beruf – es ist obendrauf richtig spannend, sich außerhalb der eigenen Komfortzone zu bewegen. Nur so kann man wachsen und lernen!

Wenn du feste Strukturen bevorzugst, wäre so etwas wie der improvisierte «Tatort», der an Neujahr lief, wohl nicht so dein Ding?
Oh Gott, das wäre mein absoluter Albtraum … (atmet lang) Ich würde es sofort machen! (lacht) Immer her damit! Ich mag es, wenn man mich ins Schwitzen bringt. Ich würde auch liebend gerne etwas Actionlastiges drehen. Das fände ich cool. Und ich will mal was mit Tanz machen.

Na, dann bist du ja beim richtigen Sender gelandet, wer weiß, wann «Let's Dance» bei dir klingelt?
(lacht) Nein, nein, nein, ich will keinen Tanzwettbewerb machen, ich will in einem Tanzfilm spielen! Und wenn wir schon dabei sind: Ich würde richtig gerne mal eine echt fiese Natter spielen. Das wäre auch so ein "Aus meiner Komfortzone bewegen"-Ding.

Ich fasse also zusammen: Das Schlimmste und daher Beste, was dir passieren könnte, wäre ein Impro-Film mit dir als zickige Chef-Cheerleaderin, die die Neue in der Truppe nicht mag. Und am Ende wird es eine Horrorstory, in der sie sich bekämpfen.
Das wäre das absolute Grauen: Ich habe keinerlei Erfahrung mit irgendeinem dieser Aspekte und ich könnte mir das nicht einmal angucken, ohne Herzrasen zu bekommen … Kurzum: Das klingt spannend, das will ich jetzt unbedingt drehen! Hoffentlich liest das jetzt irgendein Regisseur oder irgendein Drehbuchautor (lacht).

Letztes Jahr habe ich bei einem Fernsehprojekt ja erstmals mit einer Regisseurin und einer Kamerafrau zusammengearbeitet – und ich habe das jedem voller Begeisterung und Verwunderung erzählt. So als hätte ich ein Einhorn gesehen!
Zsá Zsá Inci Bürkle
Oder eine Regisseurin oder eine Drehbuchautorin.
Die Verallgemeinerung, es gäbe nur Männer, entspricht ja leider noch immer weitestgehend der Realität. Das ist so schade! Was mich aber ein bisschen tröstet: Der Dialog über diese Ungleichbehandlung wird immer lauter. Und der Wille zur Änderung wird immer spürbarer.

Letztes Jahr habe ich bei einem Fernsehprojekt ja erstmals mit einer Regisseurin und einer Kamerafrau zusammengearbeitet – und ich habe das jedem voller Begeisterung und Verwunderung erzählt. So als hätte ich ein Einhorn gesehen! Das dürfte eigentlich nicht passieren. Am Ende sollte allein die Qualität zählen, die man liefert – und nichts anderes. Aber Frauen ist solch eine Behandlung nicht vergönnt, weil Männer durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit besser vernetzt sind und somit mehr Chancen haben. Das ist schade. Und die Regisseurinnen, die es schaffen, finden oft zu wenig Anerkennung. Nicht nur in Deutschland. Als die Oscar-Nominierungen erschienen sind, war ja auch keine Frau dabei – was ich nicht verstehen kann! Es gab so viele gute Filme von Regisseurinnen in letzter Zeit.

Ich finde «Marriage Story» so stark. Seit längerem hat mich kein Film mehr so sehr berührt. Der hätte bei den Oscar-Nominierungen also auch noch besser abschneiden dürfen. Ich fand es auch total faszinierend, dass das Buch so genau geschrieben ist und Adam Driver sowie Scarlett Johansson so gut wie gar nichts improvisiert haben. Selbst der große Streit in dem Film steht Wort für Wort so im Drehbuch. Das finde ich sensationell!
Ein Oscar-reifer Filmtipp von Zsá Zsá Inci Bürkle
Ich kann die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, über den Oscar zu tratschen. Was, außer die Nominierungen in der Regie-Kategorie, würdest du noch ändern?
Ich würde auch Serien prämieren!

Dafür gibt es doch die Emmys!
Ja, aber ich finde, die Grenzen zwischen Film und Serie, zwischen Kino und Fernsehen, verwischen zunehmend. Daher finde ich, dass man das zusammenlegen und auf gleicher Ebene betrachten sollte. Ich bin mir sicher, dazu wird es auch eines Tages kommen. Und realistischer gesprochen: Ich finde «Marriage Story» so stark. Seit längerem hat mich kein Film mehr so sehr berührt. Der hätte bei den Oscar-Nominierungen also auch noch besser abschneiden dürfen. Ich fand es auch total faszinierend, dass das Buch so genau geschrieben ist und Adam Driver sowie Scarlett Johansson so gut wie gar nichts improvisiert haben. Selbst der große Streit in dem Film steht Wort für Wort so im Drehbuch. Das finde ich sensationell!

Und wären Serien schon beim Oscar dabei, so wie du es dir wünschst: Welche hättest du nominiert?
«Euphoria»! Das ist eine total geniale Serie! Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie genial ich die finde. Ich hoffe: Wenn eines aus diesem Interview hängen bleibt, dann das hier: "Leute, schaut euch «Euphoria» an!"

(lacht) Also, wenn das hängen bleiben soll, darfst du gerne versuchen, zu erklären, was dich so an der Serie fasziniert.
Zendaya spielt darin atemberaubend gut, ich hätte nie gedacht, dass die das so drauf hat! Und die Serie ist so authentisch-nah an meiner Generation und an jenen, die noch etwas jünger sind als ich. Das habe ich in der Form noch nie gesehen. «Euphoria» ist schockierend, die Geschichte ging mir unter die Haut. Ich habe mich sehr unwohl beim Anschauen gefühlt, aber das im besten Sinne! Die Serie hat eine sehr stilisierte Ästhetik, aber die Charakterisierungen und Dialoge sind extrem echt. Ich hoffe so sehr, dass es auch hierzulande mal eine derart echte Darstellung der jungen Generation gibt. Denn ich bilde mir ein, das könnte für größeres Verständnis zwischen den Generationen sorgen.

Es heißt ja immer "Was habt ihr denn schon für Probleme?" oder "Wieso nehmt ihr euch so viel raus?" und ich finde das schrecklich. Ich finde es schlimm, dass da so ein Graben entsteht. Denn die Jüngeren machen sehr wohl richtige Krisen durch, welche dann von oben herab betrachtet werden und man gesagt bekommt, man "müsse erst älter werden, bevor man das Anrecht hätte, ernst genommen zu werden". Was ist das denn für ein Umgang mit den Jüngeren? Da wünscht sich man Empathie oder gute Ratschläge von den Älteren und stattdessen gibt es die kalte Schulter – und das sind schon die netteren Fälle. Wenn ich's mir genauer überlege: Das wäre mal ein Serienstoff: Eine Serie darüber, dass die Generationen voneinander lernen können, sich aber weigern, das zu tun. Warum macht das keiner?! Man könnte so in Serienform sozial relevante Themen erarbeiten!

Die Jüngeren machen sehr wohl richtige Krisen durch, welche dann von oben herab betrachtet werden und man gesagt bekommt, man "müsse erst älter werden, bevor man das Anrecht hätte, ernst genommen zu werden". Was ist das denn für ein Umgang mit den Jüngeren?
Zsá Zsá Inci Bürkle
Meine These: Jede Generation hält sich für die einzig gute Generation. Wer also sollte so eine Serie schon machen?
Das könnte die Antwort auf meine Frage sein. Total schade! Die Leute sollten miteinander reden und einander respektieren, statt stur wegzuschauen. Ich denke, man könnte so viele Probleme aus der Welt schaffen, würden Ältere so gut wie möglich mit der Zeit mitgehen, während Jüngere lernen, sich darin hineinzuversetzen, welche Wege Ältere schon zurücklegen mussten. Das lässt sich doch hinkriegen!

Ich bin da Pessimist, fürchte ich. Denn wir fragmentieren uns immer mehr. Das sieht man im Kleinen schon an den (sozialen) Medien. Die Generation über 30/40 ist bei Facebook, dann haben wir da den Twitter-Sektor, der wenig Deckung mit Instagram hat. Wer jünger ist, den zieht es zu TikTok, und selbst TikTok ist bei manchen schon wieder out … Wie also sollte das Zusammenrücken im Größeren funktionieren?
Achje, nun erinnern Sie mich daran, dass ich seit Wochen versuche, TikTok zu verstehen. Ich möchte nämlich meinen eigenen Ansprüchen genügen und den Draht zu den Jüngeren nicht verlieren. Aber ich kapiere es nicht! Ich steige da einfach nicht durch!(lacht)

Du spielst nun eine Figur in deinem eigenen Alter. Du kapierst TikTok nicht. Glückwunsch, nun ist es offiziell: Du bist 1 Old.
Na, super! (lacht) Es fängt also schon an. Erst scheitert es an TikTok, wer weiß, was als nächstes kommt. Morgen schimpfe ich vielleicht schon über "diese blöden Jugendlichen"! (lacht)

Um dich zu beruhigen: Vielleicht dauert es ja damit noch etwas. Meine Theorie ist, dass man durch den ständigen Umgang mit Medien wenigstens eine gewisse Nähe zur jüngeren Generation beibehalten kann. Ich habe in «Assassination Nation», dem Kinofilm vom «Euphoria»-Macher, sämtlichen Jugendslang verstanden. Mir war das alles durch den Online-Diskurs und die Popkultur geläufig. Ich kenne Gleichaltrige mit weniger Medienaffinität, die der Film völlig überfordert hat. (lacht)
Ich bin kein kleines Kind mehr, dass sich an der Herdplatte die Finger verbrennt und direkt nochmal drauf packt. Aber daher ziehe ich mir nicht direkt ganz wichtigtuerisch den Schuh an, erwachsen zu sein.
Zsá Zsá Inci Bürkle
Du bist also noch in touch mit dem jetzt! Das ist doch gut! (lacht) Und ich wünsche mir, dass das mir auch so ergeht in den kommenden Jahren. Meine Mutter meinte mal ganz ehrlich zu mir: "Kind, da kommt nichts". Und es stimmt! Ich warte seit Jahren, dass ich mal aufwache und feststelle: "So, jetzt bin ich erwachsen." Aber da kommt nichts. Ich mein, klar, ich bin auch kein kleines Kind mehr, dass sich an der Herdplatte die Finger verbrennt und direkt nochmal drauf packt. Aber daher ziehe ich mir nicht direkt ganz wichtigtuerisch den Schuh an, erwachsen zu sein. (lacht)

Ich glaube, heutzutage definiert sich das empfundene Alter durch die Informationen, mit denen man sich umgibt. Wenn du zum Beispiel sagst, in «Assassination Nation» den Jugendslang zu verstehen, so behältst du offenbar den Draht zu den Jüngeren, vielleicht durch den Filmdiskurs. Du hättest genauso gut die letzten Jahre allein in Facebook-Gruppen älterer Hobbygärtner verbringen können, dann sähe das eventuell anders aus. (lacht) Daher bleibe ich bei meiner Theorie, dass dieses Erwachsenwerden mittlerweile ein Hirngespinst ist: Die Informationen, mit denen man sich abgibt, bilden die eigene Realität und so auch das eigene geistige Alter. Was bedeutet es also in diesem Zeitalter des fragmentierten Informationsaustausches noch "richtig erwachsen zu sein"? Womöglich gar nichts mehr.

Die Informationen, mit denen man sich abgibt, bilden die eigene Realität und so auch das eigene geistige Alter. Was bedeutet es also in diesem Zeitalter des fragmentierten Informationsaustausches noch "richtig erwachsen zu sein"? Womöglich gar nichts mehr.
Zsá Zsá Inci Bürkle
Ich hätte da noch einen Definitionsversuch, den ich mal aufgeschnappt habe und für womöglich sehr zeitgemäß und zutreffend finde: "Erwachsensein bedeutet, so lange seinen Freunden zu sagen, man müsste sich häufiger sehen, bis man das nicht mehr sagen kann, weil einem der Tod dazwischen kommt."
Aua. Aber ich fürchte: Da ist etwas Wahres dran. Es kommt ja dauernd was dazwischen, das kenne ich selber. Es gibt so viel Arbeit. Und so viele Briefe, die man lesen und beantworten muss.

Briefe? Du bist wirklich 1 Old.
Nein! Nur weil ich Briefe bekomme und TikTok nicht verstehe? Dass will ich nicht gelten lassen! (lacht) Für die Briefe zumindest kann ich nichts! Die Krankenkasse verschickt halt noch immer Briefe, es ist nicht meine Schuld, dass die nicht auf elektronische Post umstellen!

Na gut, du bist 1 Maybe Old.
Viel besser! (lacht) Das trifft es irgendwie: Ich denke, wir haben heutzutage die Chance, uns alterstechnisch nach oben und nach unten zu strecken. Und das sehe ich als Chance. Das merke ich an mir selber: Ich versuche, Kontakt in beide Richtungen zu halten und glaube, das hilft mir ganz banal beim Schauspiel und, was wichtiger ist, in meiner Wahrnehmung unserer Welt. Denn man kann nur dadurch gewinnen, wenn man weiß, was Menschen in verschiedenen Altern bewegt. Ich glaube, daher zieht es mich auch in die Kunst: Ich habe generelles Interesse und eine große Neugier auf andere Menschen, Herkünfte und Beweggründe, und ich weiß, dass ich das alles noch weiter vertiefen könnte. Und diese Haltung würde uns allen gut tun.

Meine Zustimmung. Und vielen Dank für das Gespräch!
06.02.2020 11:19 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/115533