Die glorreichen 6: Monster? Ja! Horror? Nein! (Teil IV)

Nicht jeder Film, der von Monstern handelt, ist zugleich ein Horrorfilm. Wir haben sechs sehenswerte Beispiele ausgesucht – wie «Monster Trucks».

Filmfacts «Monster Trucks»

  • Regie: Chris Wedge
  • Produktion: Mary Parent, Denis L. Stewart
  • Drehbuch: Derek Connolly; nach einer Story von Matthew Robinson, Jonathan Aibel, Glenn Berger
  • Darsteller: Lucas Till, Jane Levy, Amy Ryan, Rob Lowe, Danny Glover, Barry Pepper, Holt McCallany
  • Musik: Dave Sardy
  • Kamera: Don Burgess
  • Schnitt: Conrad Buff IV
  • Laufzeit: 104 Minuten
  • FSK: ab 6 Jahren
Tripp (Lucas Till) kann es kaum erwarten, sein langweiliges Kleinstadtleben nach seinem Highschool-Abschluss endlich hinter sich zu lassen. Um diesem Ziel schnellstmöglich näher zu kommen, baut er sich aus lauter Einzelteilen schrottreifer Autos einen coolen Truck zusammen. Doch so richtig in Fahrt kommt die alte Kiste erst, als sich dort eine merkwürdige Kreatur einnistet, die nicht von dieser Welt zu sein scheint. Und genau wie Tripp hat das freche Monster ein Faible für große und schnelle Autos! Nach einem zögerlichen Kennenlernen drehen die beiden so richtig auf und machen ihrem Lieblings-Truck ordentlich Feuer unter der Haube! Doch die Existenz von Tripps neuem, einzigartigem Freund bleibt nicht lange geheim und nicht jeder meint es gut mit ihm. Kann Tripp seinen neuen Buddy mit Unterstützung seiner Freunde Meredith (Jane Levy) und Sam (Tucker Albrizzi) beschützen?

Es gibt Filmideen, die sind derart absurd, dass man sich zwei Dinge fragt: Erstens: Was haben die Verantwortlichen vor der Konzeptentwicklung geraucht (meist sind das die Projekte, in denen ein gewisser Seth Rogen seine Finger im Spiel hat), oder zweitens: Wer hat dafür anschließend das Okay für eine Finanzierung gegeben? Doch wenn sich Geschichten über mutierte Teenager-Schildkröten («Teenage Mutant Ninja Turtles») oder sich transformierende Dinosaurier-Roboter («Transformers: Ära des Untergangs») an den Kinokassen durchsetzen können, was zum Teufel spricht gegen die Prämisse, dass sich ein riesiges, schleimiges Krakenmonster mit einem Truck verbindet und sich hieraus ein überirdisch vielseitiges Gefährt ergibt, das gemeinsam mit seinem heranwachsenden Inhaber jede Menge Abenteuer erlebt? Richtig: gar nichts. Daher sei auch nur der Vollständigkeit halber an dieser Stelle erwähnt, wie hanebüchen die Grundidee hinter «Monster Trucks» ist. Springen wir doch lieber direkt zum Wesentlichen. Denn abgesehen davon kann dieses High Concept überzeugen.

Auch wenn die Zahlen an den Kinokassen damals eine andere Sprache sprachen. Sowohl auf dem internationalen als auch auf dem deutschen Markt ist der sich vornehmlich an ein jüngeres Publikum richtende Abenteuerfilm nämlich radikal gefloppt. Schade drum, denn «Monster Trucks» entpuppt sich als äußerst liebevolle Mischung aus der Mentalität von «Elliot, der Drache» und abgedrehter Autoaction, wie man sie eben aus den «Transformers»-Filmen kennt. Mittendrin: Das wohl süßeste Tentakelmonster jüngerer Filmgeschichte.

Creech heißt es, ist mit Sicherheit einige Tonnen schwer und erinnert an eine Mischung aus Oktopus und Delfin. Schon das erste Aufeinandertreffen zwischen ihm und seinem „Herrchen“ ist ein Ereignis für sich. Wie sich Creech und der unauffällige Tripp nach und nach anfreunden, ist eine zuckersüße Angelegenheit und dank der im Großen und Ganzen gelungenen Effekte nimmt man es Newcomer Lucas Till («X-Men: Apocalypse») dann auch tatsächlich ab, dass er hier gerade mit einem außerirdischen (?) Tentakelmonster zu tun hat. Das Design von Creech präsentiert sich zwar nicht besonders detailliert, die Mimik des schleimigen Gesellen gerät dafür umso niedlicher. Dem stets zu Späßen aufgelegten Monster menschliche Züge zuzusprechen, wäre da tatsächlich gar nicht so verkehrt – wenn Junge und Kraken interagieren, entsteht zweifellos eine mitreißende Dynamik. Es macht einfach jede Menge Freude, diesem Duo, das «Don’t Breathe»-Star Jane Levy wenig später ergänzen darf, bei ihren Eskapaden zuzusehen.



Besonders lustig wird es immer dann, wenn Tripp versucht, seinen neuen Freund vor der Außenwelt zu verstecken. Auch die Chemie zwischen Levy und Till funktioniert. Anstatt eine aufgesetzt wirkende Liebelei kreiert Regisseur Chris Wedge («Epic – Verborgenes Königreich») auf Basis des Skripts von Derek Connolly («Jurassic World») vielmehr eine allenfalls potenziell amouröse Freundschaft, bei der der gemeinsame Spaß sichtbar im Vordergrund steht, bis die sich überschlagenden Ereignisse die beiden näher zusammen finden lässt.

Dramaturgisch schlägt «Monster Trucks» erwartungsgemäß keine unvorhersehbaren Haken. Gleichwohl kommt der Vergleich zu einem Film wie «Elliot, der Drache» nicht von ungefähr. Auf die amüsanten Abenteuer, die so ein Monster Truck nun mal mit sich bringt, folgt ziemlich schnell auch eine Diskussion darüber, wem Creech (und seine Freunde) denn nun eigentlich gehören. Während Tripp und Meredith alles unternehmen, um ihrem Freund das Leben zu retten, beginnen sich plötzlich verschiedene Institutionen und Konzerne für den Verbleib des Monsters zu interessieren. Schnell wird «Monster Trucks» von einem reinen Spaßfilm zu einem solchen mit durchaus dramatischer Ader, denn sind einem sämtliche Figuren in diesem Film erst einmal ans Herz gewachsen, geht es einem umso näher, wenn ihnen etwas Ernstes zuzustoßen droht. Damit folgt der Regisseur selbstredend ganz gewöhnlichen Family-Abenteuer-Pfaden. Doch die von ihm in die Actionszenen gelegte Dynamik findet sich als liebevolles Herzblut auch in den emotionaleren Szenen wieder. «Monster Trucks» hat bei aller Absurdität jederzeit das Herz am rechten Fleck und reißt so sehr mit, wie einen ein Film über eine animierte Riesen-Krake und ihren menschlichen Freund nun mal mitreißen kann, sofern man sich dazu durchringen kann, sich auf das Szenario im Gesamten einzulassen.

Das ist gerade im Anbetracht technischer „Erklärungen“, weshalb dieses Monster-verbindet-sich-mit-Truck-Konzept so gut funktionieren kann, nicht immer ganz leicht. Doch spätestens für den wirklich hübsch choreographierten Showdown lohnt es sich allemal, auch solche Längen zu durchstehen.

Wie jeder handelsübliche Film mit Actionschwerpunkt mündet auch «Monster Trucks» in eine Art Finalschlacht. Die Qualität der Computereffekte geht mit dem sukzessive ansteigenden Spaß am passioniert vorgetragenen Quatsch nicht immer ganz einher. Im Großen und Ganzen überzeugt insbesondere das Design von Creech und seinen Kumpanen, doch ausgerechnet in Verbindung mit den Trucks fällt der Gebrauch von CGI-Technik öfter negativ ins Auge. Auch Kameramann Don Burgess («Conjuring 2») verliert bei den zudem immer mal wieder recht hektisch geschnittenen Actionsequenzen mehrmals die Übersicht, sodass sich hier und da nur erahnen lässt, zu welch spektakulären Choreographien sich die Macher haben hinreißen lassen. Wenigstens die mit viel Spaß aufspielenden Darsteller scheinen bei all der Hektik immer genau zu wissen, wann es auf welche Mimik und Gestik ankommt. Und spätestens, wenn Creech und seine Familie in einer fast schon herzzerreißenden Abschiedssequenz sogar im Dunkeln leuchten dürfen, dann findet sich unter all diesem ganzen Tohuwabohu sogar ein Funken Schönheit, der zum Ausdruck bringt, was ganz tief im Inneren dieses eigentlich so oberflächlichen Spaßfilms steckt. «Monster Trucks» ist eine von vielen Abenteuergeschichten über zwei Außenseiter, die es gegen den Rest der Welt aufnehmen.

«Monster Trucks» ist auf DVD und Blu-ray erhältlich sowie unter anderem via Amazon, Maxdome, iTunes und Google Play abrufbar.
02.02.2020 10:00 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/115432