Sportwetten: Das Tabu-Thema ist Mainstream geworden

Glücksspiele und vor allem Sportwetten werden zunehmend beliebter. In vielen Städten gibt es Wettbüros, auch online breiten sich die Anbieter immer weiter aus.

Glücksspiele und Sportwetten sind immer öfters im Gespräch. So werden Online-Glücksspiele von vielen Streamern im Internet live übertragen und von mehreren tausend Menschen gesehen. Ebenfalls werben große Persönlichkeiten für die Wettanbieter und wollen den Zuschauern das Glücksspiel verlockend machen. Auch durch teure Transfers und rekordverdächtige Millionen-Beträge in verschiedenen Sportarten, hat sich die Branche in den letzten 20 Jahren stark verändert.

Rekordsummen treten im Sport immer häufiger auf
Im Sport geht es heutzutage immer mehr um Geld. Das beste Beispiel ist wahrscheinlich Fußball. Schaut man sich die Bundesliga an, dann bewegen sich die Rekord-Transfers alle bei etwa 100 Millionen Euro – und stetig aufwärts. So verpflichtete beispielsweise der FC Bayern München im Jahr 2019 den Weltmeister Lucas Hernández für eine Summe von 80 Millionen Euro. Mit dieser Summe besetzen die Münchner allerdings bisher nur den zweiten Platz in der Transferrekord-Tabelle der Bundesliga. Auf dem ersten Platz liegt Borussia Dortmund. Der Verein verkaufte im Jahr 2017 den Franzosen Ousmane Dembélé für 125 Millionen Euro an den FC Barcelona. Schaut man sich das Ganze international an, dann belegt Dortmund, beziehungsweise der FC Barcelona, mit dem Transfer sogar „nur“ den vierten Platz. So holte sich Paris Saint Germain im Sommer 2017 Neymar für unfassbare 222 Millionen Euro und gleich im Anschluss noch Kylian Mbappé für 180 Millionen Euro. Schaut man sich die NBA an, so sieht man dort ein ähnliches Bild. Im Jahr 2019 wurden innerhalb von sechs Stunden, nach Beginn der Transferphase, Verträge im Wert von insgesamt drei Milliarden Dollar abgeschlossen.

Heutzutage sind Sportwetten zu fast allen Sportarten möglich
Doch nicht nur im Transfer-Bereich rückt der Geldfaktor immer mehr in den Vordergrund. Auch an anderen Stellen wird das Thema Geld immer wichtiger und jeder möchte davon profitieren. Dazu gehören große Firmen, aber auch die Fans. Diese haben mittlerweile durch Sportwetten eine gute Möglichkeit, mit Sportereignissen Geld zu verdienen. Ob beim Fußball, der NFL, der NBA oder Schach, es wird oftmals versucht so viel Geld wie möglich herauszuholen. Bei manchen Sportwetten-Anbietern hat man sogar die Möglichkeit, auf gälischen Sport zu wetten. Dabei handelt es sich beispielsweise um Hurling oder Gaelic Football, zwei alte irische Mannschafts-Sportarten. Das Problem an der ganzen Sache ist, dass Sportwetten durch Werbung einfach und sicher dargestellt werden. Dabei scheint es so, also ob man jederzeit viel Geld beim Abschließen von Wetten gewinnen würde. Dass man aber genauso gut viel Geld verlieren kann, wird beim Werben solcher Angebote nicht erzählt. Warum auch, ein staatliches Kasino muss auch nicht mit Verlusten werben.

Glücksspiele wandern durch Werbung immer mehr in die Mitte der Gesellschaft
Die Auswahl von Sportwetten-Anbietern ist groß. Zu ihnen gehören beispielsweise Tipico, Bet365, Interwetten, Betway und bwin - da hat man als Interessent oftmals die Qual der Wahl. Manche der Anbieter werben zudem regelmäßig mit großen Persönlichkeiten und haben auch Werbepartner aus dem sportlichen Bereich. Am Bekanntesten ist wahrscheinlich Tipico. Bei Werbespots dieses Anbieters sieht man immer wieder die Spieler des FC Bayern München und den ehemaligen deutschen Welttorhüter Oliver Kahn. Darüber hinaus kommt die in dem Spot verwendete Musik von dem prominenten deutschen Rapper Summer Cem. Auch seine Stimme hört man in einigen Werbespots von Tipico, da er von dem Unternehmen als Sprecher engagiert wurde. Durch solche prominenten Persönlichkeiten als Markenzeichen, bringen die Anbieter Sportwetten immer mehr ins Gespräch. Mit dem Slogan „Ihre Wette in sicheren Händen“ oder „Der Titan Tipp“ werden Wetten der breiten Masse verlockend gemacht. Laut «Report Mainz» hätte die Branche in der Fußball-Saison 2016/2017 rund 47 Millionen Euro für Werbung ausgegeben.

Doch schon früher stiegen die Umsätze der beteiligten Unternehmen stark. So verbuchte beispielsweise bwin im Jahr 2004 einen Sportwetten-Brutto-Rohertrag von 37,6 Millionen Euro. Im Jahr 2009 wurde dann ein Ertrag von 222,3 Millionen Euro ermittelt. Als das Glücksspiel-Unternehmen GVC-Holdings im Jahr 2015 bwin aufkaufte, stieg der Umsatz kurz darauf erneut deutlich an. So erzielte GVC-Holdings im Jahr 2016 einen Umsatz von 794 Millionen Euro. Ein Jahr später wurde schon ein Umsatz von 925 Millionen Euro ermittelt. Im Geschäftsjahr 2018 erzielte das Unternehmen sogar rund 2,94 Milliarden Euro. Das ist nur eine von vielen rasanten Entwicklungen an der man sieht, wie populär Glücksspiele und vor allem Sportwetten mittlerweile sind. Der Anbieter bet-at-home war vor einigen Jahren sogar als Sponsor auf dem Trikot des Bundesligisten Hertha BSC. Von 2007 bis 2013 hatte der spanische Fußballklub Real Madrid ebenfalls einen ähnlichen Werbevertrag. In dem genannten Zeitraum stand der Wettanbieter bwin auf der Brust der Spieler und zahlte dafür 25 Millionen Euro pro Jahr. So etwas sorgt für Aufsehen, aber auch Vertrauen bei den Fans. Denn wenn das ein persönliches Idol für etwas wirbt, dann schaut man sich das beworbene Produkt gerne etwas genauer an.

Gefahren von Sportwetten werden verharmlost
Mögliche Gefahren solcher Sportwetten werden bei den Werbungen allerdings nicht erwähnt. Diese Art von Wetten bringt ein hohes Suchtrisiko mit sich, vor allem, wenn man sie Online abschließt. Wie der Diplom-Psychologe Tobias Hayer berichtet, wäre die Zahl der Sportwetter mit Suchtproblemen in den vergangenen 20 Jahren auf etwa zehn und an manchen Orten sogar auf 20 Prozent angestiegen. Dazu kommt noch, dass die meisten Sportwetten online abgeschlossen werden. Dabei gibt es einige Faktoren, die die Suchtgefahr noch einmal erhöhen. Im Internet haben Benutzer die Möglichkeit, anonym und alleine ihr Geld einzusetzen. So gibt es keine Person die dem Bieter sagt, dass er aufhören sollte. Die Bezahlung erfolgt normalerweise mit Kreditkarte und nach Abschluss der Wette kann diese nicht mehr zurückgezogen werden. So merken viele überhaupt nicht, wie viel Geld sie in Wetten investieren. Da man im Wettbüro vor Ort bezahlen muss und meist bar vor Auge sieht, wie viel Geld man einsetzt, denkt man hier mehr nach und überlegt es sich vielleicht noch einmal, ob die Wette nicht überflüssig ist.

Zu einem Gegner von Sportwetten zählt auch der ehemalige Fußball-Nationalspieler Uli Borowka. Dieser war nach seiner Karriere längere Zeit spielsüchtig. Er kritisiert vor allem das Verhalten von Oliver Kahn. „Zu behaupten, dass sich eine Wette in sicheren Händen befinden würde, ist beim Wetten äußerst gefährlich, da Wetten nie sicher sind“, sagte er in einem Interview mit «Report Mainz». Man kann immer verlieren. Der Ausgang von sportlichen Partien ist nie zu 100 Prozent sicher. Tobias Hayer sagte im März 2019 in einem Interview mit der „Welt“, dass wir frühestens in den nächsten zehn Jahren ein Einschreiten der Politik erleben würden. Einen solchen möglichen Eingriff haben die Bundesländer jetzt am 22. Januar 2020 beschlossen.

Neuer Glücksspiel-Staatsvertrag soll die Spieler von Sportwetten schützen
Demnach einigten sich die Bundesländer auf einen neuen Glücksspiel-Staatsvertrag. Dieser war auch dringend notwendig, da Schleswig-Holstein bisher als einziges Bundesland Lizenzen für Online-Glücksspiele vergab. Das führte zu Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Regierungen. Der neue Vertrag sieht vor, bisher illegale Internet-Glücksspiele zu erlauben. Dazu gehören beispielsweise Online-Poker, Online-Casinos und Online-Automatenspiele. Um die Spieler zu schützen, sind auch strengere Spielregeln geplant. Dazu gehört zum Beispiel ein monatliches Einzahlungslimit, welches bei 1.000 Euro liegen soll. Eine weitere Regelung besagt, dass die Anbieter sogenannte Sperrdateien erstellen müssen. Dadurch werden glücksspielsuchtgefährdete Spieler frühzeitig erfasst und von der Glücksspielseite ausgeschlossen. Man muss abwarten, wie stark der neue Staatsvertrag die Branche beeinflussen wird, da er erst Mitte 2021 eingeführt werden soll. Bevor der Vertrag in Kraft treten kann, muss er zudem erst noch von den Ministerpräsidenten unterschrieben werden.
29.01.2020 18:41 Uhr  •  Lukas Scharfenberg Kurz-URL: qmde.de/115423