«Ein starkes Team»-Produzentin Lena Kraeber: 'Die Balance zu halten, ist oftmals gar nicht einfach'

80 Folgen, 25 Jahre – die ZDF-Samstagskrimi-Reihe «Ein starkes Team» hat doppelten Grund zum Feiern. Mit Produzentin Lena Kraeber blicken wir darauf, wie sich die UFA-Produktion in dem Vierteljahrhundert verändert hat, welche Einflüsse die ehemalige DDR noch auf die Geschichten hat, wieso es weiterhin kaum Privatstränge gibt und wie wichtig der Ermittler mit der Mütze für das Format ist.

«Ein starkes Team», der «Tatort» des ZDF…

Zur Person: Lena Kraeber

Lena Kraeber ist Jahrgang 1984, geboren und aufgewachsen bei Köln. Nach dem Abitur, einer Ausbildung und der Assistenz für Christian Granderath bei der Colonia Media Filmproduktion und teamWorx, studierte sie ab 2008 an der Filmakademie Baden-Württemberg Produktion, Schwerpunkt Creative Producing. 2011 nahm Lena Kraeber mit dem Baden-Württemberg Stipendium an der Hollywood Masterclass der UCLA Extensions in Los Angeles teil. Sie diplomierte 2014 mit dem Dokumentarfilm «War of lies», der seine Weltpremiere auf der IDFA in Amsterdam feierte und 2016 mit dem International Emmy Award ausgezeichnet wurde. Ab 2013 arbeitete sie in Berlin als Producerin für Produzentin Alicia Remirez, realisierte mit ihr diverse Fernsehfilme für die Ninety Minute Film und wechselte mit ihr 2015 zur UFA Fiction.
Pressetext: UFA
Das kann man so sagen. Wir sind mit «Wilsberg» zusammen die erfolgreichste Reihe des ZDF am Samstag. Und wir sind stolz darauf, dass das schon so lange der Fall ist.

Die Reihe ist seit den 90ern fester Bestandteil des Programms. Wie würde denn ein Vergleich einer heutigen Folge mit einer aus den 90ern ausfallen?
Ich bin jetzt seit vier Jahren dabei, seit Sommer 2018 in alleinverantwortlicher Position. Aber ich habe mir kürzlich erst noch einmal die allererste Episode angeschaut, die damals vorerst nur als Einzelstück geplant war. Dann erst wurde eine Reihe daraus, weil die Ausstrahlung so erfolgreich war. Die erste Folge würde ich als Krimikömodie beschreiben, die viel verrückter war und eine weniger klare Ermittlungsstruktur hatte als die heutigen Folgen. Aber auch wenn es jetzt strukturierter ist, spielt Humor für unsere Reihe auch heute eine sehr wichtige Rolle. Wir haben immer versucht, unserem Markenkern treu zu bleiben, zugleich aber mit der Zeit zu gehen. Günther van Endert, unser ZDF-Redakteur, viele Autoren und natürlich auch der Großteil unserer Schauspieler sind seit vielen Jahren dabei. Das bringt die Kontinuität, die man braucht, um die Figuren auch wirklich immer auf den Punkt zu erzählen.

Seit Folge eins dabei ist Florian Martens. Er hat da wohl so ein bisschen die Rolle seines Lebens gefunden. Wie wichtig ist er und würde die Reihe auch ohne ihn funktionieren?
Florian Martens ist ein absolutes Berliner Original und ein toller Schauspieler. Seine Figur Otto ist für uns natürlich sehr wichtig, ohne Frage. Er, und auch sein Markenzeichen, die Mütze, haben die Reihe maßgeblich geprägt. Aber er hatte auch immer sehr starke Partnerinnen – die wunderbare Maja Maranow, die viele Jahre an seiner Seite spielte, oder jetzt Stefanie Stappenbeck, die wieder eine neue Dynamik und Farbe mitgebracht hat. Dieses Duo ist das „starke Team“.

Wie wichtig ist eigentlich Berlin für die Reihe?
Berlin ist sehr wichtig. Vielleicht nicht in jeder Folge gleichermaßen, aber wir versuchen schon viele Themen, die wir erzählen, auch mit der Stadt zu verknüpfen. Wir erzählen zum Beispiel von Korruption am Bau, das ist ein großes Berliner Thema. Durch die Wende und die Mauer ist Berlin eine Stadt, in der Tag und Nacht gebaut wird. Nicht zuletzt ist Berlin auch in Form der Figuren, die wir erzählen, immer präsent.

Ottos DDR-Vergangenheit erzählen wir natürlich auch heute noch, es gehört ja zu ihm so wie das Thema zur deutschen Geschichte gehört. Inzwischen geht es bei uns durch Linett aber auch darum, wie verschiedene Generationen die DDR und die Wiedervereinigung damals wahrgenommen haben.
Lena Kraeber, Produzentin von «Ein starkes Team» über ein Einfluss der ehemaligen DDR
Früher hatte die Serie ja einen DDR-Hintergrund. Es gibt den „ruppigen Ex-DDR-Polizisten Garber“ und das Zusammenspiel mit einer eher intellektuellen Westdeutschen. Dass das quasi rausgefallen ist, ist ein gutes Zeichen für die Einheit?
Ich würde es mir wünschen. Ottos DDR-Vergangenheit erzählen wir natürlich auch heute noch, es gehört ja zu ihm so wie das Thema zur deutschen Geschichte gehört. Inzwischen geht es bei uns durch Linett aber auch darum, wie verschiedene Generationen die DDR und die Wiedervereinigung damals wahrgenommen haben. Sehen Sie, ich selbst war beim Mauerfall noch sehr jung und bin in Köln aufgewachsen. Für mich war Westdeutschland und Ostdeutschland lange gar kein Thema. Seitdem ich in Berlin lebe und arbeite, merke ich aber, dass es immer noch ein Thema ist. Wie und in welcher Form, das hängt sicher von vielen Faktoren ab und ist wohl auch von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Und das muss man individuell, aber auch gesellschaftlich ernst nehmen. Das Thema ist noch lange nicht auserzählt und beschäftigt uns weiterhin sehr.

Was ist denn das generelle Erfolgsrezept der Reihe, die samstags im ZDF so erfolgreich ist wie kaum eine andere?
Wir haben natürlich mittlerweile den Vorteil, dass wir eine etablierte Marke sind. Die Zuschauer wissen, wofür «Ein starkes Team» steht und wir bemühen uns, diese Erwartungen zu erfüllen. Dafür steht auch unser ZDF-Redakteur Günther van Endert, der seit Folge eins dabei ist oder Autoren wie Leo P. Ard, die die Serie schon lange prägen. Dennoch wollen wir auch am Puls der Zeit sein. Diese Impulse geben sicherlich auch die verschiedenen Produzenten, die die Reihe in den Jahren betreut haben. Grundsätzlich ist es die Mischung aus Spannung und Humor, die den Menschen an unserem Format gefällt. Da meint man, dass das simple Zutaten sind. Die Balance zu halten, ist dabei aber oft gar nicht so einfach. Aber wir arbeiten auch mit einem tollen Team, dazu gehört z.B. Nina Haun, eine großartige Casterin, die mit den immer wieder hochkarätig und spannend besetzten Episodenrollen maßgeblich zum Erfolg beiträgt.

Sie führen diese Produktion jetzt seit Mitte 2018 allein. Welche Impulse haben Sie schon gesetzt, welche wollen Sie noch setzen?
Ich habe damals ja mit Alicia Remirez begonnen, die inzwischen nicht mehr für die Reihe arbeitet. Das, was wir zusammen angestoßen haben, führe ich jetzt weiter. Es geht dabei hauptsächlich um Feinjustierungen. Sehen Sie, die Reihe ist unglaublich erfolgreich, eine 180-Grad-Wende ist da nicht richtig. Der Kern der Arbeit ist es, „einfach“ gute Geschichten zu finden, die man erzählt. Wir wollen aktuell und nah an Berliner Themen dran sein ohne uns ständig zu reproduzieren.

Statement des Autors zur 80. Folge

Leo P. Ard, Autor der Jubiläumsfolge, schwärmt von «Ein starkes Team»: "Ich durfte vor zwanzig Jahren zum ersten Mal mitmischen und bin mit 34 Episoden einer der Stammautoren. Und nach wie vor lasse ich alles stehen und liegen, wenn mich der Ruf von Redaktion und Produktion erreicht, ob ich mir nicht eine neue Geschichte einfallen lassen kann. Natürlich ist die 80. Folge eine besondere. Was als Geschichte um eine alte Freundschaft beginnt, wird bald ein Krimi-Drama um Immobilienspekulationen und Geldwäsche."
Behaupten muss sich das Format ja auch gegen zahlreiche neue ZDF-Krimiideen. Etwa den «Erzgebirgskrimi», «Schwartz und Schwartz» und wie Sie alle heißen. Spornt ein Mehr an Mitbewerbern an?
Klar fordert uns das heraus. Ich schaue mir sehr genau an, was die anderen machen und auch, was wir zum Beispiel gezielt anders machen. Unseren Zuschauern gefällt es unter anderem, dass wir so gut wie keine Privatstränge unserer Ermittler erzählen.

Was sonst so gut wie jeder ZDF-Samstagskrimi tut…
Genau. Damit setzen wir uns ab. Ins Private gehen wir nur, wenn es für den jeweiligen Fall wirklich relevant ist.

Seitens der Produktionsfirma UFA hieß es, Sie sollen ganz generell Fiction-Formate und Ideen für ein junges Publikum entwickeln. Woran arbeiten Sie gerade?
Ich habe einige Serienkonzepte entwickelt. Diese stellen wir gerade vor, auch bei neuen Anbietern wie Streaming-Diensten. Um eine solche Serie zu entwickeln, braucht man viel Zeit. Daher sind wir momentan in der Phase, in der wir mit den Ideen an potentielle Auftraggeber herantreten.

Danke für das Interview.
03.01.2020 12:15 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/114706