Das Format hat sich in mittlerweile fast drei Jahrzehnten in jederlei Hinsicht spürbar weiterentwickelt.
Seit mittlerweile etwas mehr als 27 Jahren schalten Fans der ersten Stunde, die es bis heute in nicht gerade geringer Zahl gibt, montags bis freitags um 19.40 Uhr ein, um mitzuverfolgen, was ihre Lieblinge in dieser einst namenlosen Großstadt, aus der längst Berlin geworden ist – und das, obwohl die Studios bekanntlich in Potsdam-Babelsberg stehen –, erleben. Prof. Dr. Dr. Hans-Joachim „Jo“ Gerner alias Wolfgang Bahro ist wohl nicht nur die bekannteste, sondern auch gleichzeitig die beliebteste Figur aus dem bundesweiten Daily-Kosmos und darüber hinaus ein echtes «GZSZ»-Urgestein, das beinahe von Anfang an (seit Folge 185, ausgestrahlt am 03. Februar 1993) mit dabei ist. Er hat viele kommen und gehen, wenige zurückkehren und einige sehr lange bleiben sehen. Und genau diese Mischung aus Konstanz und Erneuerung ist ein wesentlicher Grund für den Erfolg des Vorabenddauerbrenners. Die Tatsache, dass man im Prinzip seit Tag eins auch altersmäßig sehr auf einen guten Figurenmix geachtet hat, spielt in dabei sicher ebenfalls eine große Rolle.
Erwähnung finden muss in diesem Zusammenhang außerdem, dass «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» lange dafür bekannt war, nahezu ausschließlich auf unbekannte Gesichter zu setzen und so diverse Schauspielkarrieren zu starten – man denke beispielsweise an Alexandra Neldel und Jeanette Biedermann, die später auch für Sat.1 als Sendergesicht im Daily-Einsatz waren oder Janina Uhse, die nach ihrem Ausstieg 2017 zuletzt in mehreren größeren (Kino-)Produktionen bewundert werden konnte. Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass zwei der jüngsten Ensemble-Zugänge (Gisa Zach und Maria Wedig, die allerdings 2002 auch einst ihr TV-Debüt (jedoch nicht als Nina Ahrens) bei dem Branchenführer feierte) echte Genre-Experten sind. Dies beweist auch, dass die Macher (allen voran Petra Kolle, die schon viele Jahre für RTLs wohl liebstes Kind verantwortlich zeichnet) ihr Handeln fortlaufend hinterfragen, um zu garantieren, dass sie stets ein «GZSZ» von heute und keines von gestern oder vorgestern produzieren.
Die Charaktere selbst wiederum werden dadurch automatisch wesentlich facettenreicher und entsprechen weit weniger Stereotypen – obwohl dieses Soap-Vorurteil noch in den Köpfen vieler vorherrscht. Gerade an den ambivalentesten «GZSZ»-Figuren, dem Hassliebe-Dreamteam Katrin Flemming und Jo Gerner, kann man das schön sehen. Waren sie einst primär auf das Intrigieren geeicht – mit- oder gegeneinander –, haben sie in der vergangenen Dekade (zeitweise als (Zweck-)Ehepaar) auch sehr viel innerhalb ihrer Familie erlebt: Sie durften spät ihre erwachsenen Kinder kennenlernen, hatten es mit Tod, Trauer und schlimmen Krankheiten zu tun, haben sich beruflich mehrfach (gemeinsam) neuorientiert, sich (in jüngere Partner) verliebt sowie sich gestritten, versöhnt und letztlich stets zusammengehalten, wenn es darauf ankam. Dieser Bandbreite an Erzähltem (und der schauspielerischen Qualität von Wolfgang Bahro und Ulrike Frank) ist es hauptsächlich zu verdanken, dass das längst legendäre Duo so beliebt ist – bei den treuesten der Treuen, jedoch auch bei Fan-Neuzugängen.
Der Umstand, dass bis heute gerade in der für die Werbebranche so wichtigen Gruppe der 14- bis 49-Jährigen regelmäßig tolle Marktanteile verbucht werden («GZSZ» ist nicht selten das in Bezug auf die Quoten „jüngste“ Format des Tages), mutet noch bemerkenswerter an, wenn man bedenkt, mit wie vielen unterschiedlichen Konkurrenten (etwa «Big Brother» oder «Berlin – Tag & Nacht») es die Sendung über all die Jahre zu tun hatte. Und dass diese besondere Erfolgsgeschichte seit Kurzem nun auch in Form von jährlich stattfindenden Primetime-Specials (2017 die hochdramatische Hochzeit, 2018 das packende Mallorca-Abenteuer und 2019 der folgenreiche Abstecher nach Thailand) fortgeschrieben wird, ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» längst so viel mehr ist als eine reine „Seifenoper“. Dass wichtige Köpfe bei der UFA respektive bei UFA Serial Drama, der Kreativschmiede, die hinter dem Format steht, wie Joachim Kosack, Guido Reinhardt oder einst Rainer Wemcken, die auch viel mit dem RTL-Aushängeschild verbindet, seit einiger Zeit von dem „Daily Drama“ und eben nicht mehr der „Soap“ «GZSZ» sprechen, kommt mit Blick auf all die genannten Aspekte daher nicht von ungefähr.