Puls24: Nie war der Betrieb eines Senders billiger

Die Investoren reiben sich die Hände: Puls24 könnte ein Vorbild für Deutschland sein. Zumindest aus finanziellen Gründen.

Die österreichische ProSieben-Tochter ProSiebenSat.1Puls4 ist im deutschsprachigen Ausland sehr erfolgreich. Zwar ist nicht öffentlich, wie viel das Unternehmen, das eine Tochter der ProSiebenSat.1 Media SE respektive der ProSiebenSat.1 Entertainment GmbH ist, verdient, aber die Österreicher sind in jedem Fall sehr stolz auf ihre Bilanz. Neben den deutschen Nachrichtenfenstern hat man neben Puls4, ATV und ATV II auch seit Kurzem Puls24 gestartet.

Puls24, der erste österreichische Nachrichtensender, ist seit 2. September 2019 auf Sendung. Mit dem HD-Sender, der unverschlüsselt empfangbar ist, will man die Medienwelt aufrütteln. Unter dem Motto „Life is Live“ sendet der Sender von Geschäftsführer Markus Breitenecker, der bis zu den Nationalratswahlen 2019, die am Sonntag, den 29. September 2019, stattfinden, zum vollwertigen Newssender ausgebaut sein wird.

Die neue Fernsehstation orientiert sich allerdings nicht an internationalen Aushängeschildern wie BBC World News, der beispielsweise inzwischen viele spezielle Nachrichtensendungen für verschiedene Märkte produziert und zudem andere Magazinen und Produktionen ausstrahlt, sondern orientiert sich an dem in Ismaning ansässigen Nachrichtensender Sky Sport News HD. Die Themen werden in rund einer halben Stunde nach dem „Rolling News“-Prinzip wiederholt.

Immer wieder kommen Experten wie die britische Politologin und Direktorin des in Wien ansässigen Instituts für Go-Governance, Melanie Sully, zu Wort oder die Redaktion wiederholt Telefoninterviews aus den vergangenen Stunden. Das wirkt auf dem ersten Blick alles durchaus seriös, aber bei einer genauen Betrachtung erscheint das Projekt wie die Utopie eines Produzenten. Viele Inhalte der Imagetrailer stammen aus Stock-Foto-Datenbanken, Live-Inhalte können durch die Digitalisierung weltweit angezapft werden. Der Sender, der in drei Monaten aufgebaut wurde, ist eine Mischung aus Kronen-News und Reuters-Bildern.

Die ProSiebenSat.1-Gruppe hat in Österreich einen Nachrichtensender geboren, der kaum Wert auf Vielfalt legt. Ziel des Senders ist im Tagesprogramm laufende Inhalte stetig zu wiederholen, zeitweise wird das Programm viele Minuten lang mit Werbetafeln unterbrochen. Und das Hauptstudio, das mit zwei Moderatoren besetzt ist, verstärkt diesen Eindruck nur: Wie in früheren GIGA-Zeiten stehen zwei Laptops auf den Tischen und die Ladekabel baumeln neben den Moderatoren.



Doch Puls24 kann inhaltlich – trotz einiger Übereinstimmungen – nicht mit WELT mithalten. Während der Sender des Springer-Konzerns relevante Inhalte schafft und eigene renommierte Zeitungsredakteure wie Robin Alexander vor die Kamera holt, ist das Einprägsamste, was Puls24 zu bieten hat, der Imagetrailer, der jede halbe Stunde zwei Mal ausgestrahlt wird. Aussagen wie „besser informiert“ sind natürlich auch ein Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Sender ORF. Allerdings werden die Promo-Worte nicht unbedingt besser, wenn diese wieder und wieder zu hören sind.

Die Themenlage ist bekanntlich vergleichsweise dünn in Österreich – aber ob die Hauptnachrichten lediglich drei Themen behandeln müssen, steht auf einem anderen Blatt. Vor der Wahl wurde beispielsweise relativ lang über die mögliche Briefwahl berichtet. Diese Zeit hätte man beispielsweise auch nutzen können, um die Aussagen der FPÖ einzuordnen.



In Deutschland benötigt man keinen Sender wie Puls24. Hierzulande stehen der Bevölkerung zahlreiche Möglichkeiten offen, um sich zu informieren. Ein neuer Sender wie Puls24 führt auch nicht zur Gesamtverbesserung der Medien. Der österreichische Sender steckt zwar noch in den Kinderschuhen, zahlreiche Aussagen werden jedoch nicht hinterfragt. Wie sollte auch ein kleines Team in Wien die weltpolitischen Dinge einordnen können?
27.09.2019 12:47 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/112453