Das Quotenmeter.de-Showlabor: So wird «The Masked Singer» noch besser

Promis, aufwändige Masken, Gesang und Raterei: «The Masked Singer» hat Fernseh-Deutschland verzaubert. Staffel zwei darf diese Magie nicht zerstörten!

Das war ein großer Showspaß: In den vergangenen Wochen lockte ProSieben immer donnerstags ab 20.15 Uhr einen überaus beachtlichen Teil der Fernsehnation zu sich. Das Lockmitel? «The Masked Singer», eine bunte, außergewöhnliche Musikshow mit Rätselelement. Die Einen schauten sich «The Masked Singer» an, um über die Identität der maskierten Promis zu grübeln. Die Anderen wollten sich schlicht von den Performances der Charaktere unterhalten lassen – sei es, weil sie stark singen oder weil sie eine tolle Show ablieferten. Aber selbst so eine überaus vergnügliche Show wie «The Masked Singer», die so umwerfende Quoten eingefahren hat, lässt sich optimieren. Hier sind unsere Vorschläge (und Wünsche) für die 2020 anstehende, zweite Staffel von «The Masked Singer»:

Lieber weniger, statt mehr Folgen


Zweifelsohne werden wir mit unserem ersten Vorschlag auf Widerstand bei ProSieben stoßen: Einen derartigen Quotenrenner wie «The Masked Singer» wird man in Staffel zwei höchstwahrscheinlich ausbauen, statt stutzen wollen. Aber eine kürzere Staffel hätte so viele Vorteile: Die Jury und das Publikum hätten weniger Zeit, sich die Identität der Promis zusammenzureimen. Das erhöht an den Mattscheiben den Miträstsel- und so den Suchtfaktor, während eine längere Staffel Gefahr läuft, dass diejenigen, die wegen des Mysteriums einschalten, sich irgendwann ihre Meinung gebildet haben und gelangweilt sind. Und die Jury muss sich weniger um Kopf und Kragen reden. Gegen Ende der Debütstaffel waren die Versuche, wahlweise noch irgendwelche absurden Tipps in den Raum zu werfen und so Abwechslung ins Spiel zu bringen, oder alternativ neue Worte für die zum wiederholten Male abgegebenen Tipps zu finden, nämlich leicht ermüdend.

Und noch einen Vorteil hätte eine kürzere Staffel: Es erleichtert die Promi-Akquise. Was uns zum nächsten Punkt führt …

Mehr Unerwartetes, große Vielfalt


Hinsichtlich des Teilnehmerfeldes in der ersten Staffel muss sich ProSieben wahrlich nicht schämen. Ja, es wurde praktisch jeden Abend im Netz gemeckert und bei «Walulis» wurden die Stars als Leute von der Resterampe bezeichnet, aber wir sehen das anders. Es war nicht durchweg die vorab von ProSieben versprochene A-Garde, aber es haben ausschließlich Leute bei «The Masked Singer» mitgemacht, die durch respektable Leistungen in ihrem Metier bekannt geworden sind – und eben keine "Stars", die bekannt sind, weil sie sich vor jede Reality-Kamera drängeln oder ihr komplettes Leben mit der Boulevardpresse teilen.

Trotzdem kann man in der zweiten Staffel erneuter Enttäuschung ein Stück weit vorbeugen, indem man noch mehr auf unerwartete Namen setzt. Lucy Diakovska beispielsweise mag mit den No Angels zahlreiche Goldene Schallplatten in der Vita stehen haben und Daniel Aminati mag bereits sowas wie ein ProSieben-Urgestein sein, und ja, er hat als Kudu massig Stimmung auf der Bühne gemacht.

Aber: Beide sind auch Dauerkandidaten in verrückten ProSieben-Shows und haben daher keinen Überraschungsfaktor mitgebracht – anders als ein Heinz Hoenig, der in dieser Showwelt weniger beheimatet ist. Für Staffel zwei wäre es daher ergiebig, möglichst auf ProSieben-Showevent-Veteranen zu verzichten. Und: Da wir in einer Zeit leben, in der es wenig Prominenz gibt, die wirklich alle Fernsehenden kennen, wir hier aber von einer Show reden, die entgegen des Trends ein breites, großes Publikum erreicht, sollte dies ebenfalls Beachtung finden. Anders gesagt: Für jeden Namen, der der Generation Ü50 ein Staunen entlockt, braucht es auch einen Millennial-Superstar. Wenn eine Joyce Ilg mitmachen sollte, wäre zum Ausgleich ein Ulrich Tukur ratsam. Und so weiter …

Wo man ebenfalls unvorhersehbare Wege gehen sollte: Wenn in Staffel zwei wieder Gesangsprofis teilnehmen, wäre es von Vorteil, sie dazu zu ermuntern, Lieder zu wählen, die nicht in ihrem üblichen Stil beheimatet sind. Was Stefanie Hertel in der Auftaktstaffel völlig richtig gemacht hat, hat Max Mutzke als Astronaut (selbst wenn er sich den Sieg geholt hat) falsch gemacht: Markante Stimme, Lieder, die typisch für Max sind – wie soll so das Geheimnis geheimnisvoll bleiben? Es muss ja keine straffe Regel bei der Songauswahl geben, aber vielleicht eine starke Empfehlung, sich nicht zu nah an der eigenen Komfortzone zu orientieren ..?

Die Indizien, die Indizien ...


Die deutsche Variante von «The Masked Singer» trat in der ersten Staffel in dasselbe Fettnäpfchen wie die US-Variante: Die Verantwortlichen haben das Engagement unterschätzt, mit dem Fans die Indizienvideos auseinandernehmen. So wurden in den einschlägigen Internetforen sowie auf diversen Webportalen bereits spätestens nach der Hälfte der Staffel die meisten Identitäten der maskierten Promis mit sehr hoher Treffsicherheit "erraten". Nun kann das dem Gelegenheitspublikum, das auf dem Sofa sitzt und ein bisschen grübelt, egal sein. Dennoch würde es den Reiz der zweiten Staffel nur erhöhen, wenn die «The Masked Singer»-Kandidatinnen und -Kandidaten nicht spätestens nach Folge vier semi-offene Geheimnisse wären.

Die Anzahl der leicht zu entschlüsselnden Hinweise muss daher verringert werden – vor allem in den ersten paar Folgen. Rätselhaft ist auch die ungleiche Verteilung der schnell einzuordnenden Hinweise: Während der Panther alias Stefanie Hertel schon in Folge zwei unter anderem durch DDR-Begrüßungsgeld und den deutschen Grand-Prix-Sieg mit 60 Punkten (beides im selben Video!) sehr leicht zugeordnet werden konnte, ging die «The Masked Singer»-Redaktion bei Susan Sideropoulos deutlich skurrilere Wege. Das lässt sich in Staffel zwei sicher auch feinjustieren.

Weniger Jury


Die Jury lockert das «The Masked Singer»-Konzept auf. Ohne Jury bestünde eine Folge aus Indizienvideo, Gesang, ziellosem Gespräch zwischen Star und Moderator, Indizienvideo, Gesang, Gespräch, und so weiter. Das hyperaktive Gerate von Ruth Moschner und Collien Ulmen-Fernandes hat der Show einen weiteren strukturellen Aspekt eingebracht und war auch ein zusätzlicher Unterhaltungsfaktor. Dennoch hat man es bei «The Masked Singer» in den letzten Ausgaben mit der Jury übertrieben – etwa im Finale, in dem es um die selbe Handvoll an Charakteren mehrere Raterunden gab, und das dann noch von vier Jurymitgliedern. Da hat sich allerhand wiederholt.

Für die zweite Staffel wäre daher eine kleinere Jury (nur drei oder zwei Leute, statt vier) empfehlenswert, um so dem Format etwas Tempo zurückzugeben, und einer Ermüdung vor lauter Tipps vorzubeugen. In den späteren Folgen, in denen die verbliebenen Figuren mehrmals auftreten, muss dann zudem eine neue Idee her, wie man die Jury einbindet, ohne ausschließlich auf die "Na, wer ist das?"-Frage zurückzugreifen.

Das Wichtigste: Die Positivität beibehalten!


Die geheime Zutat in der ersten «The Masked Singer»-Staffel ist, mit welcher grundlegenden Freundlichkeit sie durchzogen war. Alle Teilnehmer wirkten bei den Enthüllungen einfach nur froh, bei der Sendung dabei zu sein, statt Verliererfrust zu zeigen. Im Finale wurde zu Beginn und zum Schluss der gesamte Cast noch einmal zelebriert und generell schien es allen primär darum zu gehen, eine tolle, frohe, muntere Show auf die Beine zu stellen. Kein Sarkasmus, kein verbissener Konkurrenzkampf, kein Vorführen. Diese Grundtonalität macht «The Masked Singer» zu dem idealen Gegengift zur täglichen Nachrichtenlage und die zweite Staffel sollte sie dringend beibehalten, statt künstlich durch schrillere, grellere oder künstlich-dramatischere Elemente die Dramaturgie zu verändern.
02.08.2019 10:08 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/111158