Popcorn und Rollenwechsel: Adieu, Fox 2000

Kaum hat Disney seinen Aufkauf von 20th Century Fox abgeschlossen, schließt das Maushaus ein Fox-Sublabel. Eine miese Aktion, findet unser Kolumnist, der sich hier an einer Erklärung dieses Handelns versucht …

Das Label, das uns unter anderem «Fight Club», «The Hate U Give», «Das Schicksal ist ein mieser Verräter», «Hidden Figures», «Love, Simon», «Der Teufel trägt Prada», «Life of Pi» und «Walk the Line» gebracht hat, ist nicht mehr: Fox 2000 Pictures, das auf Filme mit mittlerem Budget (und üblicherweise auch mit literarischer Vorlage) spezialisierte Sublabel von 20th Century Fox. Die Absetzung dieses Labels war eine der allerersten Entscheidungen, die nach der Übernahme des Großteils des Fox-Medienimperiums durch Disney öffentlich wurden. Kein schöner Start in die neue Ära Disneys.

Dass sich Disney unter CEO Bob Iger vom mittelgroßen Film abwendet, ist ja bereits bestens bekannt. Ausnahmen wie das Schachdrama «Queen of Katwe» oder das Katastrophendrama «The Finest Hours» sind rar gesät, unter Igers Führung gilt viel mehr das Motto: "Weniger Filme, dafür umso größere." Im Vorfeld der Fox-Akquise deutete sich an, dass diese Marschrichtung nicht mit voller Macht für Disneys neuste Errungenschaft aufdiktiert wird: Das Filme im Indie-Stil machende Fox Searchlight Pictures wurde etwa mehrmals als Label bezeichnet, das Disney wie bislang schalten und walten lassen möchte. Aber an einer zu langen Leine will man Fox wohl doch nicht halten, wie sich nun zeigt. Nicht nur, dass Fox künftig deutlich weniger Filme als bislang rausbringen soll (eine Entscheidung, die ich sehr, sehr kritisch beäuge), nun streicht man auch noch grundlos ein ganzes Sublabel. Oder ist das alles etwas komplizierter?

Laut Insiderquellen des Entertainment-Reporters Brent Lang von 'Variety' sei der Grund, dass Fox 2000 Pictures aufgegeben wird, darin zu suchen, dass man nicht wusste, wo die Reise für das Sublabel hin soll: Durch die Fox-Akquise hat Disney die Anzahl seiner Studios und Filmlabels praktisch verdoppelt, und so stellte sich die Frage, was man überhaupt alles braucht. Und, da müssen wir wohl leider ehrlich sein: Fox 2000 Pictures ist selbst Filmvernarrten nicht gerade ein Begriff, da hat Fox Searchlight Pictures schon mehr Außenwirkung. Immerhin: Fox-2000-Chefin Elizabeth Gabler bleibt laut aktuellem Stand bei Disney respektive Fox, außerdem wurde bislang niemand aus ihrem Team entlassen, obwohl bereits mehrere Tausend Fox-Stellen gekürzt wurden.

Im besten Fall gibt Disney also nur einen wenig beachteten Eigennamen auf. Gabler könnte diese Art Filme ja auch unter anderen Labels rausbringen – wobei dies noch immer ein Verlust gegenüber dem früheren Status quo wäre, da Gabler sich mit ihrer Auswahl an Projekten nun in einem härter umkämpften Umfeld durchsetzen muss: Disney (beziehungsweise Disneys Fox) bringt, wie gesagt, pro Jahr bevorzugt nur eine begrenzte Anzahl an Filmen in die Kinos. Aber machen wir uns nichts vor: Im schlimmsten Fall ist das Einstellen von Fox 2000 sehr wohl ein frühes Signal, dass Disney seine Aversion gegen mittelgroße Filme beibehält.

Was ein schwacher Trost ist, allerdings die Herleitung dieser Entscheidung auf ärgerliche Weise nachvollziehbarer gestaltet: Wie Scott Mendelson von 'Forbes' festhält, wäre das bei Comcast sicher ebenfalls geschehen: Der andere Wettbieter um Fox fährt seit einigen Jahren eine verwandte Kinostrategie und hat mit Focus Features bereits ein Sublabel, das die Aufgabe von Fox Searchlight übernimmt. Ein Fox 2000 für mittelgroße Filme hätte bei Comcast ebenfalls kaum Platz, – was teils Mitschuld des Publikums ist, da es viel zu selten für diese Art Filme ins Kino geht. Kurzum: Wollen wir, dass Disney die Art Filme, die Fox 2000 rausgebracht hat, künftig weiter auf die große Leinwand hievt, sollten wir Filme wie «The Hate U Give» auch einfach mal wieder zu einem Hit machen. Vielleicht begreift auch Disney dann (wieder), dass eine reine Blockbusterdiät nicht ideal ist …
25.03.2019 08:14 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/108141