Männersender-Boom: Was steckt hinter dem Erfolg von DMAX, Nitro und Maxx?

Die Konkurrenz unter den Sendern für eine männliche Zielgruppe wuchs über die vergangenen Jahre, trotzdem geht es den Sendern immer besser. Wir sprachen mit den Sendern über die Gründe.

Facts zu DMAX

  • Mediengruppe: Discovery Communications
  • Sendestart: 1. September 2006
  • Geschäftsführerin: Susanne Aigner-Drews
  • Programmchef: Oliver Nowotny
  • Profil: Factual Entertainment (Abenteuer, Motor, Entertainment, Lifestyle und Wissen)
  • Derzeitiger Marktanteil (Februar, 14-49): 1,7%
Immer weiter schreitet die Diversifizierung der Medienlandschaft voran. Nicht nur abseits des linearen Fernsehens kommen stetig neue Angebote hinzu, die den etablierten Sendern das Leben schwer machen – auch die Mediengruppen selbst suchten ihr Glück in den vergangenen Jahren zunehmend in der Sparte. Ein Trend, der spätestens seit 2012 zu beobachten ist: Das Angebot für eine männliche Zielgruppe wächst. Vorreiter war in Deutschland der Discovery-Sender DMAX, der bereits seit 2006 sendet. 2012 und 2013 kamen dann Nitro und ProSieben Maxx aus den Häusern RTL und ProSiebenSat.1 hinzu. Mit der Zeit zeigte sich, dass sich die Kanäle nicht etwa gegenseitig die Zuschauer abspenstig machten, sondern gerade in den vergangenen Jahren entweder stabil blieben oder sogar an Quote hinzugewannen.

Die Zahlen von DMAX, Nitro und ProSieben Maxx


Blicken wir zunächst auf die Zahlen der Spartensender für eine männliche Zielgruppe. DMAX startete in der TV-Saison 2006/2007 mit einer durchschnittlichen Quote von 0,8 Prozent bei 14- bis 49-Jährigen. Der Trend des Senders zeigte seitdem von Saison zu Saison fast ausschließlich nach oben. Zwar erreichte DMAX in der Saison 2015/2016 mal bis zu 2,0 Prozent bei 14- bis 49-Jährigen, danach pendelte sich der Discovery-Kanal zwischen 1,6 und 1,8 Prozent ein und ist seither recht stabil. Besonders erfolgreich läuft gegenwärtig Nitro, das im Februar gerade erst neue Rekordwerte verzeichnete und erstmals 1,8 Prozent Monatsmarktanteil bei den Fernsehenden ab drei Jahren einfuhr sowie ganz starke 2,6 Prozent bei 14- bis 49-Jährigen. Innerhalb des Triumvirats der deutschen Männersender befindet sich Nitro auf dem Treppchen gerade ganz oben.

Dabei startete Nitro einst mit einem durchschnittlichen Marktanteil von 0,7 Prozent in der klassischen Zielgruppe. Besonders das vergangene Jahr verlief turbulent, als der Spartensender gleich mehrere neue Senderrekorde aufstellte. Der dritte Sender im Bunde, der aktuell aus Quotensicht auf Rang zwei von drei liegt und am jüngsten ist, heißt ProSieben Maxx. In der TV-Saison 2013/2014 wurden erstmals Quoten für den zur ProSiebenSat.1-Gruppe gehörenden Sender ausgewiesen, der damals noch auf durchschnittlich 0,8 Prozent kam. Für Maxx lief das Jahr 2018 ebenfalls besonders erfolgreich, sodass sich der Kanal bei 14- bis 49-jährigen Fernsehenden an DMAX vorbeischieben konnte. Hatte ProSieben Maxx im Jahr 2017 noch durchschnittlich 1,3 Prozent bei jungen Zuschauern gezählt, folgten im Jahr 2018 mehrere neue Rekordwerte. Bis zu 1,9 Prozent kletterte der durchschnittliche Monatsmarktanteil zwischenzeitlich. Mittlerweile setzte sich ProSieben Maxx bei um die 1,7 Prozent fest.

Gründe für den Aufstieg der Männersender


Facts zu Nitro

  • Mediengruppe: RTL Group
  • Sendestart: 1. April 2012
  • Geschäftsführer: Bernd Reichart
  • Programmchef: Oliver Schablitzki
  • Profil: Sport, Factual Entertainment, Fiction
  • Derzeitiger Marktanteil (Februar, 14-49): 2,6%
Derzeit gibt es für deutsche Männersender also nur eine Richtung – nach oben. Quotenmeter.de sprach mit den Sendern über die Gründe ihres Aufstiegs und das wachsende Interesse an Inhalten für eine eher männliche Zielgruppe. DMAX versteht sich dabei als Pionier und erklärt sich das wachsende Männersenderangebot auch durch die positive Bilanz des eigenen Kanals. Zudem nennt der Discovery-Sender die zunehmende Fragmentierung des Marktes als einen wichtigen Grund, wobei die Diversifizierung in verschiedene Zielgruppen ein stetig wachsender Trend sei und unterschiedlichste Interessensgebiete spezifisch durch Special-Interest-Angebote abgedeckt würden. „Eine „One Size Fits All“-Philosophie entspricht nicht mehr dem heutigen Zeitgeist“, meint ein DMAX-Sendersprecher. Nitro-Programmchef Oliver Schablitzki argumentiert auch mit Geschlechterunterschieden: „Männer schauen weniger selektiv fern. Sie zappen gerne, und wenn etwas gefällt, bleiben sie dran.“

Bei einer besonders wichtigen Komponente sind sich aber alle drei Sender einig: Das deutsche Fernsehen, insbesondere große Sender wie RTL, Sat.1 und VOX, richten sich bereits erfolgreich an ein breites, weibliches Publikum. Deshalb setzt trotz der Existenz von Frauensendern wie sixx oder TLC auch kein Frauensender-Boom ein – der Markt ist in dieser Hinsicht relativ gesättigt. „Sender, die mit ihrem Programm in erster Linie Männer ansprechen, haben es da einfacher“, folgert ein ProSieben Maxx-Sendersprecher. Doch warum sind die Frauen eigentlich bereits abgedeckt? „Der Hintergrund ist rein ökonomisch“, heißt es aus dem Hause DMAX. „Man wollte mit dem Programm seit jeher die „Haushaltsführenden“, also die Frauen erreichen. Dadurch wurde das Programm eher „weiblich“ gestaltet und primär an eine weibliche Zielgruppe gerichtet.“

Die Profile von DMAX, Nitro und ProSieben Maxx


Facts zu ProSieben Maxx

  • Mediengruppe: ProSiebenSat.1
  • Sendestart: 3. September 2013
  • Geschäftsführer: Max Conze
  • Profil: Sport, Factual Entertainment, Anime, Fiction
  • Derzeitiger Marktanteil (Februar, 14-49): 1,6%
Klingt alles nachvollziehbar, doch diese allgemeingültigen Erklärungen bleiben noch eine Antwort auf die Frage schuldig, wie nun alle drei Sender in den vergangenen Jahren – und gerade 2018 – so stark wachsen konnten. Eine Antwort liegt in den unterschiedlichen inhaltlichen Profilen der Sender. Normalerweise setzen Konkurrenzsender auf eine Parallelpositionierung: Ähnliche Inhalte werden angeboten, um so einen Verdrängungswettbewerb einzuleiten. Das Gegenteil, Komplementärpositionierung, findet eher innerhalb von Sendergruppen statt, die mit verschieden ausgerichteten Sendern möglichst viele verschiedene Zielgruppen abdecken wollen, um sich eben nicht innerhalb des eigenen Hauses Zuschauer auszuspannen. DMAX, Nitro und ProSieben Maxx alle schlicht als Männersender gleicher Art zu definieren, greift allerdings zu kurz. Denn jeder Sender hat seine ganz eigenen Schwerpunkte und Zielgruppen, weshalb die Sender eben nicht deckungsgleich ihr Programm bestreiten.

Die Kernkompetenz von DMAX liegt im Non-Fiction Bereich. Hier bedient der alteingesessene Männersender Programmfarben wie Abenteuer, Motor, Entertainment, Lifestyle und Wissen. Ziel ist „eine ausgewogene Vielfalt an hochqualitativ produzierten Programmen, die sowohl in Deutschland als auch international produziert werden.“ Dabei setzt DMAX „zu 100 Prozent auf Factual Entertainment und einem hohen Anteil an Neustunden“. Nach eigener Einschätzung handelt es sich bei DMAX auch um den einzigen Sender dritter Generation, „der von Anfang an in relevantem Maße in Eigenproduktionen investiert hat.“ Damit grenzt sich DMAX bewusst von anderen Sendern ab. Ein Sendersprecher betont: „Der Erfolg anderer Sender ist vor allem auch in Wiederholungen fiktionaler Formate begründet. Sieht man sich das Programmschema dieser „Männersender“ an fällt auf, dass das Programm nicht unbedingt auf eine männliche Zielgruppe, sondern primär auf die Maximierung der Marktanteile allgemein ausgerichtet ist.“

Dass Nitro und ProSieben Maxx große Teile ihres Programms mit Inhalten füllen, die innerhalb der Mediengruppe bereits bei Schwesternsendern liefen, ist nicht von der Hand zu weisen. Tatsächlich steckt aber mehr hinter dem Erfolg beider Sender. Nitro-Programmchef Oliver Schablitzki spricht von drei Programmsäulen, die mit Blick auf die Quoten derzeit sehr gut funktionieren: „Da sind Sport-Events wie die UEFA Europa League, das 24h Rennen oder auch Sportreportagen wie «Countdown für Europa». Da ist das Factual Entertainment mit spannenden Doku-Themen und Menschen aus dem richtigen Leben und die Fiction mit beliebten Film- und Serienklassikern, aber auch neueren Sitcoms wie demnächst Scrubs.“ Während Schablitzki diesen Mix als Alleinstellungsmerkmal sieht, stellt er Ähnlichkeiten in der Zuschaueransprache von DMAX und ProSieben Maxx fest. Diese seien „amerikanischer ausgerichtet.“

Die Kernzielgruppe von ProSieben Maxx ist jedoch vermeintlich enger gefasst als die von DMAX oder Nitro und richtet sich „vor allem an ein junges, männliches TV-Publikum um die 30“, sagt ein Sendersprecher. Wie bei Nitro stellt auch hier die Programmfarbe Sport ein wichtiges Element dar, das zuletzt gehörig für Wachstum sorgte. Live-Sport-Events umfassen die NFL und bald schon Länderspiele der U21-Fußball-Nationalmannschaft. Im Bereich Sport sind auch immer mehr eSports-Übertragungen und die WWE-Entertainmentformate «Raw» und «Smackdown» zu nennen. Sehr erfolgreich laufen derweil am Tage Animes. Dabei handle es sich um einen „qualitativ anspruchsvollen Programm-Mix, der unter den Männersendern in Deutschland seinesgleichen sucht“, findet Maxx selbst.

Die Zukunft der Männersender


Aufgrund der insbesondere zuletzt so positiven Bilanz blicken alle drei Sender optimistisch in die Zukunft und sind von ihrem anhaltendem Wachstum überzeugt. DMAX verweist unter anderem auf die kontinuierliche Steigerung seit dem Senderstart und erklärt: „Die Basis für zukünftigen Erfolg sichern wir, indem wir unsere Kernbotschaften klar definieren, uns aber gleichzeitig stetig dem Wandel des Männerbildes anpassen. (..) Besonders unsere Eigenproduktionen binden durch ihren lokalen Charakter besonders viele Fans an die Bildschirme.“ Auch die Investition in neue Technologien und Distributionswege, um die Inhalte noch mehr Fans zugänglich zu machen, seien ein weiterer Grund, warum DMAX in Zukunft weiter positive Entwicklungen verzeichne.

Nitro will „verstärkt auf ureigene Themen und Protagonisten setzen, die wir selbst entdecken und entwickeln – gerade mit unseren Eigenproduktionen im Bereich Factual“, führt Oliver Schablitzki aus. „Aber wir investieren in allen drei Säulen. Ohne qualitatives Wachstum wird es auch kein quantitatives Wachstum geben.“ Jüngste Erfolge verzeichnete Nitro etwa mit diversen James-Bond-Ausstrahlungen, die bis zu 4,1 Prozent Gesamtmarktanteil und bis zu 4,6 Prozent bei 14- bis 49-Jährigen generierte. In der Nitro-Kernzielgruppe der 14- bis 59-jährigen Männer standen sogar bis zu 6,6 Prozent zu Buche. Auch mäßig gestartete Formate wie «100% Bundesliga» nehmen immer weiter Fahrt auf, nachdem sich Nitro in den vergangenen Jahren Highlight-Rechte an der Bundesliga und Live-Rechte an der Europa League gesichert hatte. Erst am 11. März stand in der Kernzielgruppe mit 2,0 Prozent ein neuer Spitzenwert für das Bundesliga-Magazin zu Buche.

Auch ProSieben Maxx erklärt die Fortsetzung der positiven Quotenentwicklung unter anderem durch die jüngsten Erfolge. Dazu zählt etwa die Sportberichterstattung bei «ran Football», die ihre Marktanteile der NFL-Übertragungen im Vergleich zur Vorsaison um 66 Prozent steigern konnte. „An diesen besonderen Spirit bei Live-Sport-Übertragungen wollen wir auch in Zukunft anknüpfen – u.a. mit den Spielen der U21-Fußball-Nationalmannschaft“, heißt es von Senderseite. „Aber auch mit exklusiven Programminhalten in den Genres eSports, Anime und Dokutainment will ProSieben MAXX weiter wachsen.“

Dass alle drei Sender von sich überzeugt sind, ist klar. Doch was bringt die Zukunft wirklich für die Männersender? Die Stabilität DMAX‘ kann auch als Stagnation gewertet werden, während Nitro und ProSieben Maxx rasant wuchsen. Es gibt wohl durchaus eine große Schnittmenge der Sender, womit deren Marktanteile nicht immer weiter wachsen werden, ohne dass Konkurrenzsender auf der Strecke bleiben. Obwohl sich alle Sender so unterschiedlich wahrnehmen, sind beispielsweise die Programmfarben Factual Entertainment und Sport ein gemeinsamer Nenner. Wer macht in Zukunft das Rennen? Kann Nitro der Konkurrenz weiter enteilen? Legt DMAX dank seines stärkeren Eigendproduktions-Fokus wieder zu? Bringt ein stärkerer Sport-Fokus ProSieben Maxx den langfristigen Erfolg? Oder erscheint vielleicht bald sogar ein vierter Sender auf der Bildfläche?
15.03.2019 10:53 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/107916