Das Schweizer Pendant zu «Bad Banks»? Die RTS-Produktion ist vielleicht etwas leiser im Ton, aber nichtsdestotrotz ebenso hintergründig.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Laura Sepul als Elisabeth Grangier
Arnaud Binard als Alexandre Grangier
Féodor Atkine als Maître Bartholdy
Stéphane Metzger als David Neri
Lauriane Gilliéron als Virginia Grangier
Brigitte Fossey als Blanche Grangier
Lubna Azabal als Luna
Hinter der Kamera:
Produktion: Point Prod und Panache Productions
Drehbuch: Stéphane Mitchell, Brigitte Leclef, Vincent Lavachery und Axel du Bus
Regie: Fulvio BernasconiObwohl das amerikanische Justizministerium die Daumenschrauben anzieht und Schweizer Banken mit nahezu allen Instrumenten seines finanzmarktregulatorischen Folterkastens dazu zwingen will, ihre Geschäfte mit US-Kunden gegenüber den Washingtoner Behörden offenzulegen, steht der einflussreiche Privatbankier Paul Grangier (Vincent Kucholl) im Zenit seiner Macht. Am Abend seines größten Triumphs wird er als Bankier des Jahres ausgezeichnet, und sein Voice-Over führt uns durch den Reigen seiner Unterstützer: sein Bruder Alexandre (Arnaud Binard) nimmt im Bankhaus Grangier eine Schlüsselrolle ein, der „Maître“ Bartholdy (Féodor Atkine) wird uns als einer der wenigen echten Freunde der Familie vorgestellt, ein einflussreicher Finanzjournalist (und zugleich der Ex-Partner seiner Schwester) ist ebenfalls zugegen. Noch einmal vorbei an Mutter Blanche (Brigitte Fossey), der
gardienne des traditions de famille, und seiner Frau Virginia (Lauriane Gilliéron), der
femme idéale, und die Dankesrede kann beginnen.
Der Umstand, dass seine dort vorgetragenen Plattitüden unter den Erwartungen des Bankerpublikums bleiben, wird noch sein geringstes Problem sein. Denn am nächsten Morgen wird er mit Blaulicht in die Klinik gefahren. Ein diabetischer Schock hat ihn ins Koma befördert, ob und wann er jemals wieder daraus erwachen wird, steht in den Sternen.
Zur allgemeinen Überraschung hat er ausgerechnet seine Schwester Elisabeth (Laura Sepul) zur Generalbevollmächtigten für diesen Fall gemacht: Eigentlich wollte sie nie etwas mit dieser dekadent-adretten Welt zu tun haben und hat sich stattdessen in einem eigenen Unternehmen engagiert. Doch die Umstände verpflichten sie, dem Willen ihres Bruders zu entsprechen: Denn schnell ist sie überzeugt, dass die Überdosis Insulin weder auf einen Unfall noch auf einen Suizidversuch zurückgeht, sondern das Resultat eines missglückten Anschlags ist. Und wie könnte man besser den Täter entlarven als in nächster Nähe von Pauls Umfeld?
Es kommt der Dramaturgie zugute, dass Elisabeths Bruder in den Monaten vor seinem Kollaps angesichts der politisch bedingten Abschreckung amerikanischer Kunden seine Privatbank etwas breiter aufgestellt hat und nun Unsummen aus bestenfalls semilegalen Geldwaschquellen bunkert: unter anderem fünfzig Millionen US-Dollar einer russischen Waffenhändlerin, die sich merkwürdigerweise nicht mehr im dafür vorgesehenen Banktresor befinden – und die die Eigentümerin nun mit allen Mitteln bei Familie Grangier eintreiben will.
Der Finanzmarkt ist eine seltsame Branche, und sämtliche Enthüllungen über die ausschweifendsten Drogen-, Sex- und Arbeitsexzesse, kaltschnäuzigste Moral-Hazard-Geschäfte und dekadente interne Abläufe haben bisher die ausgedachten Szenarien von Film- und Fernsehautoren um Längen übertroffen. Wenn also eine Bankdirektorin fünfzig Millionen US-Dollar in Form von Diamanten in ihren Stöckelschuhen oder ihrer Hautcreme versteckt, um sie höchstpersönlich im Privatjet in die russische Geldwaschmaschine Zypern zu transportieren, mag das auf den ersten Blick zum Schreien aberwitzig und unglaubwürdig wirken. Aber hat man sich einmal «Margin Call» oder «The Big Short» zu Gemüte geführt, empfindet man derartige Vorgänge als das Normalste der Bankenwelt.
Die Hauptfigur von «Banking District» – eine Halb-Außenstehende dieser Welt, die sie über ihre Familie zwar gut kennt, in der sie jedoch nie selbst aktiv werden wollte,
Moral Hazards eingeschlossen – ermöglicht eine langsame Annäherung an das Schweizer Bankenuniversum, ein kaltes und steriles Milieu. Anders als im deutschen «Bad Banks» bleiben im «Quartier des Banques» die Exzesse leise Andeutungen. Dieses Format ist trotz seines leiseren, beobachtenderen Duktus‘ weniger Milieustudie als Familiendrama, nur dass Gedeih und Verderb dieser Familie mit der großen Politik und Wirtschaft in kausalem Zusammenhang stehen. Für diese Welt ist die Schweizer Hochglanzproduktion fast zu brav und gediegen, obwohl sie ihr erzählerisches Kapital klug einzusetzen weiß. Vielleicht wäre ausnahmsweise ein wenig mehr Drama vonnöten gewesen, um dieses Format näher an die Realität zu rücken.
Die Schweizer Serie «Banking District» ist in Deutschland ab heute, dem 7. Februar, bei Magenta TV verfügbar. Zeitgleich startet dort die spanische Produktion «Gigantes».