«The House That Jack Built»: Selbstanalyse, Kritiker-Demontage, Mordsspaß

Massenflucht in Cannes, breit gestreutes Kritiker-Echo und eine gerade so erhaltene FSK-Freigabe ab 18 Jahren: «The House That Jack Built» ist eine ebenso missverstandene wie starke Komödie.

Filmfacts: «The House That Jack Built»

  • Regie und Drehbuch: Lars von Trier
  • Produktion: Louise Vesth, Jonas Bagger, Piv Bernth, Peter Aalbæk Jensen, Marianne Slot
  • Darsteller: Matt Dillon, Bruno Ganz, Uma Thurman, Siobhan Fallon Hogan, Sofie Gråbøl, Riley Keough, Jeremy Davies
  • Musik: Víctor Reyes
  • Kamera: Manuel Alberto Claro
  • Schnitt: Jacob Secher Schulsinger
  • Laufzeit: 153 Minuten
  • FSK: ab 18 Jahren
Über 100 Menschen, die während der Galapremiere im Rahmen der Filmfestspiele Cannes den Saal verlassen haben. "Abscheulich", twittert 'Showbiz 411'. "Grenzwertig gefährlich", schreibt 'Vulture'. "Halb psychologischer Quatsch, halb philosophischer Kitsch", gähnt 'Die Zeit'. "Lars von Trier ist ein dummer, arroganter Troll", heißt es in der 'Los Angeles Times', 'Kino-Zeit' wirft erzürnt hinterher, von Trier sei "dumm und möchte doch unbedingt weise und klug sein, er ist selbstbezogen, narzisstisch, voller Selbstmitleid, geschwätzig, nervtötend und großmäulig". "Eine grausame, ermüdende Tortur, die genau so ärgerlich war, wie ich erwartet habe", urteilt der Kritiker von 'The Guardian' über den neusten Film des Dänen. "Einer der auf unnötigste Weise ekelhaften, anstößigen Filme, die ich zu meinem Leidwesen durchstehen musste", attestiert der Kritiker der 'Daily Mail'. "Widerlicher, giftiger Müll", mault 'The Playlist'.

"Lächerlich, ihr Jammerlappen", erwidert Quotenmeter.de, das zumindest in diesem Augenblick für euch relevanteste aller Webportale (oder wieso sonst seid ihr gerade nicht auf irgendeiner anderen Seite?). «The House That Jack Built» ist "eine der besten Komödien des Jahres."

Handlung


Jack (Matt Dillon) ist Ingenieur, sieht sich selber jedoch viel lieber als Architekten. Er hat Ordnungszwang und kann daher nicht einschlafen, wenn sein Bettlaken Falten wirft – und es ist ihm unmöglich, einen Raum hinter sich zu lassen, wenn er davon überzeugt ist, dass er ihn verschmutzt haben könnte. Er ist ein unfassbar schlechter Lügner. Er hat Probleme, Gefühle zu zeigen. Weshalb er vor seinem Spiegel Übungen macht, um durch die so erlernten Gesichtszüge empathischer zu wirken. Er verehrt den kanadischen Pianisten Glenn Gould. Als Kind ist er beim Verstecken ständig ins Schilf gerannt und hat somit seinen Verfolgern eine überdeutliche Spur hinterlassen. Er verneint die These, dass Romane und Filme für ihre Schöpfer nur Spielwiesen sind, ihre kranken Fantasien auszuleben. Er liebt das Geräusch, das Feldarbeiter machen, wenn sie mit der Sense Gras mähen. Er kann auf faszinierende Weise erläutern, wie Dessert-Weine hergestellt werden. Für jemanden, der Jagdrituale verachtet, weiß er verflucht viel über Jägerjargon, Jagdetikette und den Umgang mit Jagdwaffen. Er ist Hobbyfotograf mit einem Auge für besondere Motive.

Oh. Und er ist ein Serienkiller.

Humor und Stil


Lars von Trier, einer der Architekten der Dogma-95-Bewegung sowie zahlreicher Skandale und Skandälchen, hat bereits mehrere Häuser erbaut und daraufhin desinteressiert wieder eingerissen. 1991 startete er gemeinsam mit Niels Vørsel ein Langzeitprojekt, wie es Richard Linklater mit «Boyhood» vollenden sollte. Lars von Trier gab seinen Versuch derweil 14 Jahre vor dem anvisierten Abschluss auf. 2003 begann von Trier die sogenannte USA-Trilogie, die im minimalistischen Stil des brechtschen Theaters gehalten werden sollte – und nie über Teil zwei hinaus kam.

Und, nicht zu vergessen: Gemeinsam mit Thomas Vinterberg befand von Trier in einem Manifest, Filme sollten nur mittels Handkamera gedreht werden sowie völlig ohne den Einsatz von künstlicher Beleuchtung, Farbfiltern und digitalen Effekten auskommen. Der Name des Regisseurs sollte weder im Vor- noch im Abspann erwähnt werden und Waffengewalt, geschweige denn Morde, sind in diesem Keuschheitsgelübde von einem Manifest streng untersagt. Alles Regeln, auf die der spätere von Trier scheißt. Verdammt, selbst im «The House That Jack Built»-Titellogo kommt Lars von Triers Name vor!

So ganz lässt sich Dogma 95 aber dann doch nicht aus von Trier raus schütteln: «Melancholia»-Kameramann Manuel Alberto Claro wackelt sich mit seinem grobkörnigen Bildmaterial öfters was zusammen, wenn sich Killer und (werdendes) Opfer gegenüberstehen. Inklusive rascher Zooms auf ein verschmitztes oder gestelltes Lächeln, ratlose Augen und zu sanfte Sorgenfalten. Die Szenerie ist oft in flacher, natürlicher Beleuchtung gehalten und wenn im späteren Filmverlauf exzessive Spezialeffekte vorkommen, sehen sie wenigstens (manchmal) wie animierte Gemälde aus, was zwar noch immer gegen das Manifest verstößt, aber aufgrund seines künstlerischen Gehalts sicher leichter verzeihlich ist als ein Bombardement an fotorealistischen Digitaltricks.

Mehr als seiner Dogma-95-Phase nähert sich von Trier in «The House That Jack Built» jedoch der Masche, die er in «Nymph()maniac» so diabolisch-meisterlich ausgespielt hat: Der Regisseur und Autor erzählt die Geschichte in mehreren Kapiteln, die in die Vergangenheit der Hauptfigur zurückblicken. Die Nacherzählungen werden gestreckt mit Exkursen über eine Vielzahl an Themen, von A wie Architektur bis Z wie Zweiter Weltkrieg. Eben diese Dialoge zweier Erzählstimmen (Hauptfigur Jack und sein mysteriöses Gegenüber, gespielt von Bruno Ganz) werden durch grieselige Archivaufnahmen, Blaupausen, Gemälde und hochauflösende Filmausschnitte aus von Triers Filmografie illustriert. Und sie sind das Sprungbrett für staubtrocken vermittelte, pechschwarz-urkomische Meinungsverschiedenheiten.

Als Jack erstmals ausführlich über sein Kunstverständnis schwadroniert, in eloquenter Wortwahl, aber mit seinen Behauptungen nur gelegentlich das bis dahin Gesehene tangierend, klimpert Glenn Gould mit manischen Gesichtsausdrücken ein Stück von Bach daher. Verge fragt ihn völlig irritiert, was dieser Pianist denn mit Jacks Ausführungen zu tun hätte. Jack erwidert nüchtern, ja, kurzatmig: "Der Pianist steht für die Kunst." Eine Ausflucht, wie wir sie von redegewandten, aber unvorbereiteten Mitschülern kennen, die vom kritisch nachfragenden Lehrer auf dem falschen Fuß erwischt werden. Andere von Jacks hochtrabenden Thesen darüber, dass Leid, Schmerz und Nihilismus zu großer Kunst führen, quittiert Ganz' Figur mit argwöhnischem Aufstöhnen, ja, teils sogar mit panisch ermahnenden Ausrufen.

Andere Male ist es nicht Jack, der die Interpretation des Gezeigten sogleich mitliefert, sondern sein grantelnder Wegbegleiter, der ihm zwanghafte Störungen unterstellt und in Jacks eigenwilliger Art, Verstecken zu spielen, einen frühen Vorboten dafür erkennt, wie schlampig er Jahrzehnte später beim Kaschieren einiger seiner Morde vorgeht. Was Jack wieder verdattert zurücklässt. Kurzum: Lars von Trier gönnt sich wieder seinen «Nymph()maniac»-Spaß, die (Über-)Interpretation sowie die entgeisterte Kritik seiner neuen Arbeit sogleich im laufenden Film mitzuliefern. Er macht sich darüber lustig, wie sehr ihn die Einen als freudloses Genie feiern, das mit jedem Atemzug tausend Schichten an Bedeutung abliefert, und wie sehr ihn die Anderen als vulgären Hohlkopf abtun, der nichts kann, außer schlecht kalkuliert zu provozieren.

«The House That Jack Built» wiederholt die «Nymph()maniac»-Masche jedoch nicht geistlos und frei von Innovation, sondern ist galliger. Wo das Sex-Epos noch spritzig über lächerliche Randbeobachtungen und das zusammenhanglose Deuten verschwindend geringer Details herzieht, sind die Zwiegespräche Jacks und seines Gesprächspartners zynisch-satirische Abgeltungen. Mit Verrissen, die nur an der Oberfläche kratzen. Mit Vorwürfen, Lars von Trier sei ein widerlicher Menschenfeind und ein Blender. Aber es gibt auch selbstironische Seitenhiebe auf von Triers von Gewalt, Depression und exzessiver Sexualität durchzogenes Œuvre. Ganz und Dillon liefern herrlich pointierte Stimm-Performances ab und legen mit ihnen das Fundament für die ebenso bittere wie kindlich-rückhaltlose Komik dieses Films auch außerhalb seiner Erzählerkommentare.

Wenn der sich selber als hochbegabt und raffiniert betrachtende Jack Lust daran gewinnt, eine Witwe zu ermorden, diese ihn aber nicht in ihr Haus lässt und er sich in immer absurdere Notlügen flüchtet, hat das die Komik eines ebenso endlosen wie abstrusen «Monty Python»-Sketches, gefiltert durch Lars von Triers spröde Inszenierung. Und bereichert durch Matt Dillons brillanter Darbietung.

Gewalt und Groteskes


Aufgesetzt scheue Schmunzler, nervöses Spielen an der Brille und in freundlicher Kadenz vermittelte Selbstbeweihräucherung machen diesen Serienmörder aus, der ja so, so, kultiviert ist. Es ist saukomisch. Wenn man sich erst einmal gestattet, diesen Film als Komödie zu erkennen. Als Ansammlung finsterer Sketche, die Killerfilme in ihrer "Ihr wollt es doch sehen, um es dann zu verurteilen!"-Metalogik übersteigern, sie visuell aber herunterbrechen. Als parodistischer Zerrspiegel dessen, was wir dem dänischen Autorenfilmer zutrauen. Als "Ihr wisst eh, was kommt"-Anti-Witze, die dadurch lustig werden, wie unverblümt sie nach ausführlichen Bitten um Humanität die gebotenen Gräueltaten darstellen.

In diese Humormentalität muss man erst rein finden, ganz gleich, wie ausgiebig von Trier anfangs die Hilfestellung macht. Denn sein Rollenspiel, in dem er den menschenverachtenden Troll gibt, zieht von Trier eben doch nicht komplett durch. Was aber, wie die Zitate zu Beginn dieser Kritik belegen, nicht alle erkennen können oder wollen. Um es mit Jacks Arroganz zu sagen: Beschämend, diese Kleingeistigkeit.

Angesichts dieser absurd-makaberen Perspektive, aus der von Trier auf seine eigene Filmografie und das Serienkillergenre blickt, und angesichts dessen, wie sehr «The House That Jack Built» aus der kaputten Weltsicht seiner Titelfigur erzählt wird, ist die Gewaltdarstellung in diesem Film so herrlich doppelbödig. Jack agiert, wenn er mordet, eiskalt und mechanisch. Und von Trier hält drauf. Er zeigt, wie sich Jack auf eine Witwe stürzt und ihr die Kehle zudrückt, bis ihr Röcheln verstummt. Wir sehen, wie Gewehrmunition in Menschen eintritt und deren Körper durch den wuchtigen Aufprall deformiert werden. Wir sehen, wie Jack bläulich-blasse Leichen verformt, um seine gekühlten Erinnerungsstücke zu Kunst zu erheben. Und doch ist all dies, dem naturalistischen, unvermittelten inszenatorischen Stil zum Trotz, überaus absurd.

Ja, Gemüter, die noch nicht durch mehrere Dutzende an Exploitationfilmen, splattriger Horrorfilme und betont brachialer Actionkracher abgestumpft sind, dürfen, ja, sollen sich im Kinosessel winden. Denn von Trier lässt Jacks Opfer nicht wie eine reine Statistik dastehen. Ja, sie alle sind flach skizziert, wir betrachten sie immerhin aus Jacks gefühllosen Augen. Und dennoch menscheln sie. Da gibt es die ironische Nervensäge (Uma Thurman). Die naive, aber liebevolle Mutter (Sofie Gråbøl). Und die Herzensgute, die Jack für saudumm hält (Riley Keough). Wenn ihnen was passiert, sind sie für uns kein Kanonenfutter wie in so manchen Folterhorror. Aber wieso dann ist das alles ein reiner Witz?

Der Witz ist die enorme Diskrepanz.

Ethik und Provokation


Semi-dokumentarische Inszenierung einerseits, weltfern überzeichnete Nebenfiguren andererseits. Ein sich selbst beweihräuchernder Serienmörder, der minutenlange Monologe über Kunst, Kultur und Geschichte halten kann, der sich für raffiniert und hochbegabt hält – und der grobschlächtig an sein Werk herangeht. Der mit mehr Glück als Verstand davonkommt und der eine abartig entstellte Leiche zufrieden grinsend anblickt und sich denkt: "Das sieht täuschend echt aus." Minutenlang zaudert dieser Film, dessen zweite Erzählerstimme nach Menschlichkeit schreit, um dann doch teuflischen Voyeurismus zu betreiben und Gewalt sowie Menschenverachtung so dick aufgetragen festzuhalten als befänden wir uns in einem Buster-Keaton-Slapstickfilm, der mit Eli Roths Horrormentalität gekreuzt wurde.

Grauen und Grenzüberschreitung in «The House That Jack Built» sind grotesk, überhöht, plump – ganz gleich, wie sehr wir nach «Sieben», den Hannibal-Lecter-Filmen und Dutzenden von anderen Filmen und Serien dazu geneigt sind, Jack zu glauben, wenn er sich als verkanntes Genie beweihräuchert. Und darüber dürfen wir lachen. Es ist ein entwaffnendes, die Aura der Ehrfurcht zerstörendes, das Bild des beeindruckenden Soziopathen dekonstruierendes Lachen. Und eben kein menschenverachtendes. Selbst wenn wir dazu eingeladen werden, zu kichern, wenn einem Menschen der Kopf weg gepustet wird.

Und so diffus teils die Trennlinie zwischen "Hier ist Jack Lars von Triers Avatar", "Hier ist Jack eine Karikatur dessen, was von Trier glaubt, wie seine Kritiker ihn sehen" und "Hier ist Jack eine verächtlich skizzierte, zappendüstere Persiflage des Bildes eines kultivierten Killers" ist: In den entscheidenden Momenten ist sie eben doch rasiermesserscharf. Etwa in der vierten Episode innerhalb des Filmes, wenn Jack seine Freundin mit dem (von ihr gehassten) Spitznamen Simple als nächstes Opfer auserkoren hat. Denn ein sich wiederholender Tanzschritt in «The House That Jack Built» ist, dass Jack seinen Redeschwall nachvollziehbar beginnt und dann ins Verabscheuungswürdige umkippt – und sich dabei selber widerspricht. Beispiel: Er sei kein Frauenhasser, nur, weil er von weiblichen Opfern erzählt, sagt Jack dem ihn kritisch hinterfragenden Bruno Ganz. Ein fiktives Zwiegespräch von Triers mit seinen Kritikern, die es übersehen, wann immer Männer in seinen Filmen leiden, und sich allein auf seine gequälten Frauenfiguren stürzen? Möglich.

Wenn aber Jack gallig, mit Wutspucke, die ihm entfleucht, Simple erklärt, er als Mann sei viel bedauernswerter, weil er ja als Täter geboren wurde, und Frauen es als naturgegebenes Opfer so viel leichter hätten, widerspricht das Monstrum seiner kühlen Behauptung, kein Frauenfeind zu sein. Ein Wechselspiel nimmt in diesem Moment seinen Lauf. Und es wäre daher kurzsichtig, durchweg Jacks Aussagen mit den Positionen von Triers gleichzusetzen.

Denn so perfide unter anderem die Simple-Sequenz sein mag, wohnt ihr eine sehr wichtige Botschaft inne: Simple, der Riley Keough als einzige von Jacks Opfern durch ihre ruhige, offene Mimik mehrere charakterliche Schattierungen verleiht, sucht nämlich Hilfe. Sie geht zur Polizei, erzählt, welche grausame Beichte ihr Freund ihr gerade abgelegt hat, und dass sie um ihr Leben fürchtet. Aber was macht der Polizist? Er mahnt Simple und Jack, weniger zu trinken und nicht weiter so einen Schwachsinn abzuziehen. Zuerst ist Simple nervös und aufgebracht, aber Keoughs Spiel zeigt, wie sie sich von den Behörden in die fatale Irre führen lässt. Sie atmet ruhiger, blickt desorientiert, zweifelnd aus der Wäsche. Als würde sie denken: "Was, wenn ich wirklich betrunken und unnötig hysterisch bin?"

Als sie später wieder zu Vernunft kommt und doch um Hilfe schreit, kümmert sich niemand um sie. Ist es nur, weil sie in der herzlosen Welt eines Lars-von-Trier-Films lebt? Oder ist dies einer der härtesten, wahrhaftigsten, schmerzvollsten Augenblicke in «The House That Jack Built»? Wohl eher letzteres: Es ist der Moment der Erkenntnis, dass die Welt wirklich so mit Frauen umspringt, die sich in einer ähnlichen Lage wie Simple befinden. «The House That Jack Built» lässt sich vieles vorwerfen, manche dieser Vorwürfe dürften von Trier sogar gefallen, wenn er es sich gerade in seiner Trollmentalität bequem gemacht hat. Doch diesen Film, der das kalte Desinteresse (männlicher) Behördenvertreter am Wohlsein um Hilfe bittender Frauen so treffend einfängt, an der Weltsicht seines Killers abzugelten, ist eine bittere Fehlentscheidung.

Fazit: Lars gegen sich und die Welt


«The House That Jack Built» ist simpel: Es ist eine teerschwarze, hochvergnügte, eloquente Komödie über einen Serienkiller. «The House That Jack Built» ist komplex: Lars von Trier trollt seine Fans und seine Feinde. Er bringt innere Dialoge über die Trennung zwischen Kunst und Künstler auf die Leinwand. Er positioniert sich analog zur Titelfigur, lässt sie als "Lars von Trier, nur dass er mordet statt Filme zu drehen" auftreten und reißt diese Parallele dann mit Gewalt ein, jagt sie von Lars-von-Trier-Filmzitaten begleitet in die Luft. Er persifliert Filme über kultivierte Serienmörder, rümpft die Nase über die ungewollte Verherrlichung von Übeltätern und suhlt sich dann wieder in exzessiver Gewalt und Lobreden auf einen NS-Architekten – um zu schocken, um die Trennung von Kunst und Künstler zu unterstreichen und um gleichzeitig auf von Triers Cannes-Verbannung anzuspielen.

«The House That Jack Built» ist ein absurd-paradoxes, faszinierendes, urkomisches, boshaft vermitteltes Meisterstück von einer intellektuellen, frivolen Komödie. All das stützt auf einer hervorragenden Darbietung Matt Dillons – und aus der Annahme, dass man sich nicht bereits von der Fassade dieses Hauses abschrecken lässt.

«The House That Jack Built» ist derzeit unter anderem in der arte-Mediathek zu sehen.
28.11.2018 22:20 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/105530